Auf Großbaustellen ist es üblich, dass der Generalunternehmer, hier Züblin aus Stuttgart, Sub-Unternehmen eingesetzt, die sich ihrerseits Sub-Sub-Firmen bedienen. Üblich scheint allerdings auch, dass nicht immer alles nach Recht und Gesetz zugeht, leider auch auf Schweinfurts größter Baustelle, schon zweimal.
32 vom türkischen Sub-Sub-Unternehmer „Koraltur“ angeheuerte Türken erhielten ihr Geld anfangs schleppend, Ende 2007 zwei Monate gar nicht mehr. Die Türken konnten sich nicht einmal mehr Essen kaufen und baten – wie berichtet – die Stadt um Hilfe. Die vermittelte Rechtsanwälte, die den in ihre Heimat zurückgekehrten Türken zu einem Großteil ihres Geldes verhalfen.
Kurz danach wurde ein neuer Skandal bekannt. Leidtragende waren diesmal elf türkische Arbeiter. Wieder war das von Züblin beauftragte Sub-Unternehmen A.C.A. im Spiel, das als Sub-Sub-Betrieb und Arbeitgeber der elf Türken die Firma Insaat einsetzte. Deren Geschäftsführer ist verschwunden, mittlerweile auch ein A.C.A.-Chef. Züblin setzte A.C.A. Ende Januar zwar vor die Tür, was auch für 45 A.C.A.-Arbeiter Arbeitslosigkeit bedeutete. Jetzt stellte sich heraus, dass sie schon im Dezember keinen Cent sahen. Offen ist der Januar 2008.
Dringend benötigter Job
Einer der Betroffenen ist ein Asylbewerber aus Schweinfurt. Der Flüchtling aus dem Nahen Osten lebt seit 1999 in der Stadt und darf – weil geduldet – nicht nur arbeiten, er will und muss es. Der 40-Jährige fällt nämlich unter die Härtefall-Regelung, wartet täglich auf seine Aufenthaltsgenehmigung, die wiederum voraussetzt, dass er „auf einen Füßen steht“. So formuliert es Josef Holzheimer, Asylberater der Diakonie. Mit dem Jobverlust ist das nicht der Fall.
Holzheimer weiß, dass gerade geduldete Asylbewerber nur mit Schwierigkeiten einen Arbeitsplatz finden und deshalb „leider oft bei solchen windigen Arbeitgebern landen“. Der 40-Jährige sei ein Beispiel von vielen, bedauert Holzheimer und sieht jetzt Züblin gefordert.
Dass er an die Stuttgarter appelliert ist verständlich, zumal bei A.C.A. die Lichter aus sind und der Asylbewerber die offenen rund 1500 Euro dringend benötigt. Rechtsanwalt Henning Burkhard aus der schon anderen Geleimten hilfreichen Kanzlei Beck, Schürkens, Akzay hat A.C.A. im hessischen Raunheim namens des Asylbewerbers angeschrieben, aber keine Reaktion erhalten. Er erwartet sie auch nicht, weil er von einer Pleite ausgeht. Burkhard hat den Dezember- und Januar-Lohn deshalb direkt bei Züblin geltend gemacht und zwar die Branchen-üblichen 9,82 Euro pro Stunde.
Direkt an Züblin wenden wollen sich weitere geleimte Bauarbeiter von A.C.A.. Ein über das Arbeitsamt vermittelter Polier aus dem Raum Würzburg hatte sich über den Job in Schweinfurt „richtig gefreut“. Von Juli bis November 2007 floss das Geld problemlos, sagt er. Als Krankenkassen-Beiträge nicht gezahlt wurden, schrillten die Alarmglocken. Zurecht: Der Dezember-Lohn blieb aus, Ende Januar kündigte dann Züblin A.C.A. die Freundschaft, zwei Monatslöhne „fehlen mir“, sagt der verärgerte 48-Jährige.
8000 Euro fehlen
Wegen der hohen Stundenzahl sind das bei ihm 8000 Euro. Weil es A.C.A. nach seinen Recherchen offensichtlich nicht mehr gibt, hat er die Gewerkschaft eingeschaltet, wozu der Branchensekretär beim Bundesvorstand der IG Bau in Frankfurt, Matthias Kirchner, seine Mitglieder aufgefordert hat. Direkte Verhandlungen der IG Bau mit den Generalunternehmern seien erfolgreicher, sagt Kirchner.
Ihr „ehrlich verdientes Geld“ reklamieren ein 56-Jähriger aus dem Raum Erfurt und ein 42 Jahre alter Sachse für sich. An A.C.A. geschickte Post sei zurückgekommen, trotz intakter Homepage gehe am Sitz Raunheim niemand ans Telefon. Sie und andere haben sich an die Gewerkschaft gewandt und/oder Anwälte eingeschaltet. „Wir wollen unser Geld von Züblin“, sagt einer verzweifelt. Ein Arbeiter erzählt, einer der A.C.A.-Bosse habe schon wieder eine neue Baufirma gegründet.
Sollten weder Sub- noch Sub-Sub-Unternehmen ausstehende Sozialabgaben und Löhne zahlen, wolle Züblin „dafür einstehen“, hatte kürzlich der hiesige Oberbauleiter Michael Mack erklärt. Dass das so ist, bezweifelt keiner. „Wir haben aber jede Menge Überstunden geleistet, die nachzuweisen ist schwer“, zeigt einer der Bauarbeiter ein Kernproblem auf. Auch Holzheimer weiß das. Laut der ihm vorliegenden Dezember-Abrechung habe der Asylbewerber 55 und mehr Stunden pro Woche gearbeitet. Vermerkt sei das aber nicht. „Offiziell hat das Kind seinen Namen“, schimpft Holzheimer, der ausgerechnet hat, dass der 40-Jährige real für vier Euro die Stunde geschuftet habe.
Einige der Ex-A.C.A.-Arbeiter haben wieder eine Stelle gefunden. Sie sind bei einer Firma „Hill Country“ untergekommen, eine offensichtlich wieder von Türken geführte Firma, die als Sub-Unternehmen auf einer Baustelle in München tätig ist. Generalunternehmen soll Züblin sein.