Ohne Mampf kein Kampf: Dass sich Menschen für biologische Ernährung interessieren, lag ursprünglich auch mal am „Vater aller Dinge“, dem Krieg. Das war eine Erkenntnis aus dem Impulsvortrag von Alexander Beck beim Infoabend der Öko-Modellregion Oberes Werntal auf dem Hof der Maibacher Bio-Pioniere Rudolf und Hannelore Göbel.
Alexander Beck, Vorsitzender der „Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller“, hat schon 1982 – als junger Rhöner Landwirt – umgestellt. Die Erkenntnis, dass Ackererde mehr als Dreck ist, dämmerte schon vor 150 Jahren, zu Justus von Liebigs Zeiten, als sich Forscher gezielt für Bodenbakterien, Pflanzennährstoffe oder Mineraldüngung zu interessieren begannen. Mit dem Bevölkerungswachstum drohte die Mangelernährung, das Leben in den Arbeiterquartieren war besonders ungesund.
Als erstes schlug das preußische Militär Alarm, angesichts der wachsenden Zahl knochenkranker Rekruten aus den Industriestädten. Bei der Tauglichkeit künftiger Soldaten verstand das Kaiserreich keinen Spaß. Im Kampf gegen Zivilisationskrankheiten entstand Ende des 19. Jahrhunderts zudem die Lebensreformbewegung, die heute in Form der Reformhäuser weiterlebt. In den frühen Standardwerken ging es noch um das Verbessern des natürlichen Düngers. Erst das Haber-Bosch-Verfahren, das im Ersten Weltkrieg die Sprengstoffproduktion hatte explodieren lassen, führte zum Siegeszug des Kunstdüngers wie der Pestizide.
Rudolf Steiner legte den Grundstein
Pfingsten 1924 sorgte Rudolf Steiner für den Gegentrend, als der Superstar der Anthroposophie (und Nichtagronom) einen esoterisch angehauchten Landwirtschaftskurs auf Gut Keyserlingk nahe Breslau leitete. Der „biologisch-dynamische Landbau“ war geboren. Steiner hat den Begriff wesentlich geprägt, so wie wir ihn heute verstehen. Daraus ging der Bio-Anbauverband Demeter hervor.
Die Nazis fanden die Kombination aus bio, heimisch und dynamisch interessant und machten 1941 die eigenwillige Bewegung trotzdem platt: „Es kamen Leute ins KZ“, so Beck. Der Verlust der großen landwirtschaftlichen Güter im Osten und die DDR-Zwangskollektivierung raubten der Idee dann noch ihren ursprünglichen Heimatboden.
Nach dem Krieg entwickelten der Schweizer Hans Müller und der Deutsche Peter Rusch einen eher naturwissenschaftlich-politischen Ansatz. „Wir ernähren nicht die Pflanze, wir ernähren den Boden“, war das Credo des Bakteriologen Rusch. Das Buch „Silent Spring“ (Stummer Frühling) der Biologin Rachel Carson über den Vogelschwund durch Pestizide ließ in den 1960er-Jahren den Gedanken des Erhalts komplexer Ökosysteme in den Vordergrund rücken. Fruchtfolge und natürliche Mittel sollten fortan die chemische Keule ersetzen, zugleich die bäuerliche Lebenswelt auch soziokulturell gewahrt bleiben.
In den 1980er-Jahren hat sich die heutige Biowelle aufgebaut, die seither nicht mehr abebbt. Die weltweit stärkste Nachfrage herrscht laut Beck in den USA, gefolgt von Deutschland, das es auf rund zehn Milliarden Euro Umsatz bringt. Ab 2001 hat sich hierzulande der Markt vervierfacht, die Anbaufläche lediglich verdoppelt. Der Bedarf ist kaum zu decken. Längst findet sich die Mehrzahl der natürlich erzeugten Produkte statt im Fachhandel in den großen Supermärkten.
Bis 2020 das Angebot verdoppeln
Laut Bernhard Schwab, der beim AELF Bamberg eines von fünf Landes-Fachzentren Ökolandbau leitet, will der Freistaat bis 2020 durch sein Programm Bio-Regio das Angebot verdoppeln. Allein im letzten Jahr haben tausend konventionelle Betriebe ihre Methoden geändert. Durch den Boom bei den Bio-Milchkühen steigt auch die Nachfrage nach biologisch hergestelltem Futter, entsprechend ist der Zuwachs beim Grünland hoch.
Aktuell gibt es über 8000 Öko-Betriebe, Tendenz steigend. Die stabilen Preise in der Branche, die sich auch ohne Fördergelder rechnet, könnten aber durch ein Zuviel an Produzenten unter Druck geraten. „Man muss besser sein als kurzfristige Neueinsteiger“, betont Schwab. Neben dem persönlichen Können zähle die Motivation, eine positive Einstellung zur Natur, die Netzwerkarbeit und der gute Ertrag. Unterfranken liege verkehrsgünstig, der Anbau von Qualitätsgetreide sei möglich, die relative Trockenheit sogar gut gegen Pilzbefall, sodass ein Öko-Getreidefeld auch ohne Chemie gedeiht.