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SCHWEBHEIM: Blick auf den Schulalltag von Opa und Oma

SCHWEBHEIM

Blick auf den Schulalltag von Opa und Oma

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    Günther Birkle kennt das Leserad noch aus seiner Zeit als Junglehrer.
    Günther Birkle kennt das Leserad noch aus seiner Zeit als Junglehrer. Foto: Foto: Ursula Lux

    „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“ Dieses Zitat des Philosophen Seneca aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert hört wohl jedes Kind während seiner Schulzeit mindesten einmal. Daran also hat sich nichts geändert. Sehr verändert haben sich dagegen die Methoden, mit denen wir lernen. Dem widmet sich die Sonderausstellung, zu der der Ortsgeschichtliche Arbeitskreis am Erntedankfest einlädt.

    „Damals, als die Großeltern zur Schule gingen“ zeigt, was der Ehrenvorsitzende noch aus eigener Erfahrung kennt. Günther Birkle war in den 1960er-Jahren Junglehrer und schwelgt angesichts von Rechenschieber, Leserad und Setzkasten in Erinnerungen.

    Nach wie vor ist das Scheunenteam rührig und motiviert, die Vergangenheit erlebbar zu machen. Obwohl der Ortsgeschichtliche Arbeitskreis aktuell keinen Vorsitzenden hat, betont Günther Leutsch: „Günther Birkle ist unser Chef und die Seele des Ganzen.“ Bei dieser Ausstellung ist er auch noch der Zeitzeuge par excellence.

    Weil ein Lehrer in Poppenhausen einen Schüler so geschlagen hatte, dass dieser ins Krankenhaus musste, ist Birkle in den 1960er-Jahren dorthin versetzt worden. Und weil der Hauptlehrer krank war, unterrichtete er drei Stunden am Tag eine fünfte und sechste und weitere drei Stunden eine siebte und achte Klasse mit jeweils rund 50 Kindern.

    Im Klassenzimmer war ein Radio, „da haben wir zu bestimmten Zeiten ausgewählte Schulfunksendungen gehört“, erzählt der ehemalige Schulrat. Dann zeigt er auf ein altes Tonbandgerät, damit wurde den Schülern ihre eigene Lesefähigkeit demonstriert. Auch die Satzmelodie wurde geübt. Mit der Filmkamera wurden im Sportunterricht die Mitschüler gefilmt und die Aufnahmen dann gemeinsam analysiert.

    Auch für den „größten Quatsch, den wir einmal lehren und lernen mussten“, so Birkle, hat die Ausstellung ein Exponat: ein Rad, das die Mengenlehre erklären soll. Ein Skelett und ein menschlicher Torso, der den Blick auf die inneren Organe freigibt, wurden einst in der „Natur- und Menschenkunde“ eingesetzt.

    Eine große Karte des Landkreises hing an den Wänden vieler Klassenzimmer. „Der Erdkundeunterricht früher hielt sich an das Motto: vom Nahen zum Fernen“, erklärt Birkle. Da standen die Schüler erst einmal vor der Landkreiskarte und haben ihren Heimatort gesucht oder die Gemeinde, in der am Sonntag der große Erntedankumzug stattfand. Wer einen Blick zurück in den eigenen Schulalltag werfen will, ist bei dieser Ausstellung sicher richtig.

    Aber die Schwebheimer verbindet auch in ihrer Geschichte etwas Besonderes mit der Schule. Das beschreibt Ortschronist Richard Ludwig in seiner „Schulgeschichte von Schwebheim“. Ende des 18. Jahrhunderts entstanden überall sogenannte Industrieschulen, die „die Förderung der Arbeitsamkeit und Entwöhnung von Müßiggang und Bettelei“ zum Ziel hatten. Die Mädchen sollten dort handarbeiten lernen, die Knaben Bodenkultur und Obstbaumzucht.

    Schwebheim selbst war damals ein armes Bauerndorf, das sich keine Schule leisten konnte. Die erste Schule verdankte die Gemeinde Freifräulein Lucretia Wilhelmina von Bibra. Die lebte im freiweltlichen adeligen Damenstift in Asbeck, einer religiösen Lebensgemeinschaft ohne Gelübde. Als dieses Stift aufgelöst wurde, kehrte Lucretia in ihr Heimatdorf zurück und erwies sich als Wohltäterin. Sie stiftete einen Dorfbrunnen, das „Schweinfurter Tor“ und rief eine Baustiftung ins Leben. Außerdem kaufte sie „sieben Artfelder und fünf Wiesen“. Mit deren Pachtgeldern sollte nach ihrem Tod eine Lehrerin bezahlt werden, „welche dem weiblichen Geschlecht Schwebheims Unterricht in Spinnen, Nähen, Stricken und sonstigen weiblichen Beschäftigungen gibt“. Diese sollte täglich vier Stunden vormittags und vier nachmittags die Kinder unterrichten. Das Schulgeld der Kinder bestand in einem Laib Brot, den sie „bei Eintritt und Austritt in der Schule“ der Lehrerin mitbringen sollten.

    Die Schule wurde gegründet, an acht Stunden täglichen Unterricht aber war in der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde, in der die Kinder zuhause mithelfen mussten, nicht zu denken. Im Winterhalbjahr besuchten die Kinder mittwochs und samstags regelmäßig von 12 bis 13 Uhr die Schule und im Sommer gar nicht.

    Letzte Lehrerin dieser Mädchenschule war von 1915 bis 1921 Babette Hetzel, die für einen Jahreslohn von 180 Reichsmark ihren Dienst versah. Nach der Schulreform wurde sie dann vom Staat bezahlt und der Sinn der Stiftung hinfällig. Endgültig aufgelöst wurde die Lucretia-Stiftung erst 1967. Das restliche Stiftungsgeld in Höhe von 1105 Euro floss in die Einrichtung eines Handarbeitsraumes und der Lehrküche in der neu gebauten Grundschule.

    Die Kinder der Heideschule haben das Scheunenteam bei der Vorbereitung der Ausstellung unterstützt und den Außenbereich hergerichtet. „Die haben geschafft wie die Wilden“, lobt Günther Leutsch.

    Information: Die Sonderausstellung des Ortsgeschichtlichen Arbeitskreises zum Erntedankfest unter dem Motto „Damals, als die Großeltern zur Schule gingen“ ist am Sonntag, 1. Oktober, von 14 bis 18 Uhr in den Schlossscheunen von Schwebheim geöffnet.

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