Wenn ihr rausgeht, nehmt immer eine Schere mit. In die eine Hosentasche die Schere, in die anderen einen Beutel - und auch einen Mann zum Schleppen der schweren Sachen.“ Diese Anweisung von Gabriele Friedrich kennen die Damen schon, die an ihrem Aufbaukurs für „Blumenschmuck in der Kirche“ teilnehmen. Der Saal des Eßlebener Pfarrheims zeigt deutlich, dass sie sie auch umgesetzt haben. Buchs und Efeu, Moos und Äste, Immergrün und bunte Herbstblätter – Tische und Boden sind unter einem Meer von Pflanzen versunken.
Sabine Weiß baut aus den Stängeln des Japanischen Knöterich gerade ein Rankgestell. Eigentlich ist das Unkraut, erklärt Friedrich, aber so praktisch. Die Stängel sind hohl und bei jedem Knoten wasserdicht abgeschlossen, „wie ein natürliches Reagenzglas“. Da könne man immer wieder neue Blüten reinstecken.
Weiß macht ein Gestell aus drei senkrechten Streben, die aus jeweils drei Stängeln bestehen, und zwei Querstreben. Das könne man beispielsweise gut vor den Ambo stellen, meint sie und hat auch gleich Assoziationen. Die drei Hochstreben erinnern sie an die Dreifaltigkeit. Erst seit Kurzem schmückt sie die Wernecker Kirche mit. Das alte Team habe aufgehört und eine Nachfolger-Gruppe formiere sich gerade völlig neu, erklärt sie. Deshalb habe man sie hierhergeschickt, um neue Ideen zu holen. Ihr „Dreifaltigkeitsgesteck“ ist am Ende schön geschmückt mit Zweigen, Moos, Herbstblättern und Beeren.
„Von Allerheiligen bis Weihnachten die Kirche schmücken“ heißt das Thema des Kirchenschmuck-Seminars, das Friedrich anbietet. Und sie hat fast lauter Profis um sich herum versammelt. So wie Gabi Rösch, sie schmückt mit ihrem Team die Pfarrkirche in Eßleben, und das seit mindestens zehn Jahren. „Am Anfang haben wir das auch nicht gekonnt und erst mal geschaut, aber inzwischen haben wir ein Händchen dafür“, meint sie. Es ist mindestens ihr fünfter Kurs bei Friedrich, und immer wieder geht sie mit neuen Ideen nach Hause.
Gabriele Friedrich ist gelernte Floristin. 13 Jahre lang hat sie ihren eigenen Blumenladen geführt. Dann hat sie ihn an ihre Tochter übergeben. Die ist aber inzwischen nach München gezogen und der Laden geschlossen. Vor sechs Jahren wechselte ihr Heimatpfarrer Sven Johannsen in eine neue Pfarrei. Dort traf er auf ein völlig neues und unerfahrenes Blumenschmuckteam. Also bat er Friedrich, die Frauen doch erst einmal zu schulen.
Aus dieser einen Schulung wurden inzwischen viele. „Erst im Raum Lohr, dann in Schweinfurt und Umgebung, die Frauen saugen das alles auf wie ein nasser Schwamm“, weiß Friedrich. Alle Frauen hätten schon immer viel gemacht, aber das Grundwissen habe ihnen oft gefehlt. Der Umgang mit der Steckmasse, das richtige Werkzeug, Andrahten von Trockenmaterial – im Basiskurs gibt es viel zu lernen.
Dann bewegen sich die Angebote der Floristin durch die Jahreszeiten. Für ihre „Schülerinnen“ hat sie auch Anschauungsmaterial dabei. Ein großer Kranz auf einem Zweiggestell begeistert Rösch. „Ich glaube, den nehmen wir für Allerheiligen“, und sie sprüht vor Ideen; noch einige Andurien reinstecken und außen rum oder auf das braune Chiffontuch die Sterbebildchen der in diesem Jahr Verstorbenen.
An jedem Tisch wird kräftig gefachsimpelt. „Also auf Weihnachten bin ich jetzt eigentlich gar nicht eingestellt“, meint Karin Franz. Folglich kommt in den Kranz, den sie gesteckt hat, eben eine weiße Erika und schon ist es ein Herbstgesteck. Im Advent haben die Blumenschmuckfrauen in Theilheim eigentlich immer wenig zu tun, berichtet sie. „Das ist ja eine Fastenzeit, da wird ganz wenig geschmückt.
An Weihnachten, das ist dann das Highlight“, freut sie sich. Den großen Adventskranz, der von der Decke hänge, bekämen sie jedes Jahr spendiert. Allerdings habe ihr Pfarrer immer wieder mal so ausgefallene Ideen, letztes Jahr beispielsweise habe er eine Leiter in die Kirche gestellt, die wurde dann von Sonntag zu Sonntag mehr geschmückt. Aber sonst haben sie und ihre Kollegin freie Hand. Gerne hätte Franz noch einige Mitstreiterinnen, denn „zu zweit ist das schon ganz schön viel“.
Annemarie Gerber (Mühlhausen) hat Styroporkugeln mit Moos umkleidet und schmückt diese nun. Auch sie hat schon genaue Vorstellungen: „Die kommen auf eine Kiste vor den Altar, ein bisschen Organza drüber werfen, und schon ist's gut.“ Die „Allerheiligenkugeln“ die nimmt sie dann auch gleich für Weihnachten. „Man muss halt ein bisschen was anderes oben draufstecken“, erklärt sie.
Weihnachten ist das Highlight
Katja Warmuth und Stefanie Herchet arbeiten nebeneinander an zwei Kränzen, sie sollen gegengleich werden und die beiden Seitenaltäre der Zeuzlebener Kirche schmücken. Die beiden sind noch etwas schüchtern, schließlich sei das ihre erste Fortbildung und die anderen im Team hätten schon viel mehr Erfahrung. Ihr Gegenüber, Margret Baumgärtner (Wipfeld), macht ihnen aber Mut. „Ihr jungen Leut g'hört a weng hochgelobt, damit ihr motiviert seid.“
Die beiden sind die Jüngsten in der Runde der Blumenschmückerinnen, und man brauche doch gerade in der Kirche die Jungen, meint Baumgärtner.
Am Nebentisch entsteht gerade ein Grabaufleger. „Mein Mann ist vor einem Jahr gestorben, das mach ich ihm jetzt“, erzählt die Frau. Den Friedhof müssen die Blumenschmuckdamen an Allerheiligen nicht schmücken. „Bei uns kommt nur ein Kranz ans Kriegerdenkmal, und um den kümmert sich der Kriegerverein, berichtet Hildegard Weiß (Eßleben). Auch sie nutzt den Tag, um für das Grab ihrer Eltern ein Gesteck zu machen.
Am Ende der Tagung bekommen die Damen noch ein Skript der Referentin mit. „Blumen sagen mehr als tausend Worte“, glaubt sie und erklärt darin die symbolische Bedeutung der Pflanzen. So stehe der Buchs für Ausdauer, Treue und ewiges Leben, Efeu für Treue und Freundschaft und auch Rosmarin gilt als Zeichen der Treue, besonders im Gedenken an die Toten.
Auch Vorschläge für Kranzschleifen hat Friedrich in ihrem Skript aufgelistet. „Es muss ja nicht immer nur ,Ruhe in Frieden‘ sein.“ Ihr Lieblingsspruch lautet: „Himmel ist ein Stück Heimat.“