Schweinfurt
Weil ihnen das Schöffengericht letztendlich glaubte, dass sie niemanden verletzten wollten und weil
glücklicherweise auch nichts weiter passiert war, kamen sie mit Wochenendarrest und gemeinnütziger Arbeit beziehungsweise Geldstrafe davon. Jugendrichter Michael Roth machte aber sehr deutlich, dass der gezielte Wurf auf das Haus des Polizisten die Grenze des gerade noch Tolerierbaren deutlich überschritten hätte und alle Beteiligten „haarscharf an einer Katastrophe vorbeigeschlittert“ seien.
Ein Blick ins Internet, und schon kann jeder sehen, wie schnell und einfach sich eine „fette Bombe aus Rohrreiniger, Alufolie und ner Flasche“ bauen lässt, so der Titel eines Films auf „YouTube“. Das wollte der 15-jährige Gerolzhöfer wohl nicht alleine ausprobieren, kaufte eine Flasche Rohrreiniger und besuchte zwei Brüder, der eine ebenfalls 15, der andere 18 Jahre alt. Alle drei drehten fleißig Kügelchen aus Alufolie, füllten acht Plastikflaschen mit Wasser und machten sich auf den Weg in die Stadt.
Die erste Bombe ließen sie im Durchgang eines Anwesens in der Steingrabenstraße, drei weitere auf einem Spielplatz hochgehen. Dazu mussten sie nur die Kügelchen ins Wasser schmeißen, Rohrreiniger dazugeben, kräftig schütteln und ein paar Sekunden warten. Die Flaschen explodierten im Sandkasten. Auf dem Heimweg – die drei nahmen eine Abkürzung auf dem Bahndamm – kam dem Haupttäter die Idee, eine Flasche auf ein nahegelegenes Haus zu werfen.
Der ältere der beiden Brüder riet wohl halbherzig ab, weil er wusste, dass hier ein Polizist wohnt. In der Verhandlung konnte aber nicht ganz geklärt werden, ob die beiden Brüder nicht doch an Ort und Stelle noch ihre Alukügelchen „gespendet“ hatten oder ob ihr Kumpel die Bombe doch alleine „scharf“ machte.
„Haarscharf an einer Katastrophe vorbeigeschlittert“
Jugendrichter Michael Roth in seiner Urteilsverkündung
Er war es jedenfalls, der die Flasche gezielt gegen ein Fenster warf. Sie prallte am Fensterkreuz ab und fiel zu Boden. Das Ehepaar wurde vom Aufprall aufgeschreckt. Während der Mann, von Beruf Polizeibeamter, die Jungs verfolgte und schließlich auch stellte, fand die Frau die Flasche im Garten, legte sie aber wieder hin, weil die Flüssigkeit so seltsam brodelte. Sie ging gerade ums Haus, als die Bombe mit einem Riesenknall explodierte, der auch die Nachbarn alarmierte. „Unvorstellbar, was passiert wäre, wenn die heiße Lauge der Frau ins Gesicht gespritzt wäre“, betonte Richter Roth.
Die drei Angeklagten gaben die Vorwürfe im wesentlichen zu, lediglich an der „Feinabstimmung“, wer wann wieviele Kügelchen in die Flasche geworfen hatte, haperte es ein wenig. Sie entschuldigten sich auch bei dem Polizisten, der als Zeuge vor Gericht aussagte. Alle drei müssen für ein Wochenende in Arrest. Der jüngere Bruder, bei dem noch der Diebstahl von zwei Deos aus einem Supermarkt dazu kam, muss zusätzlich 45 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Sein Bruder, der in Ausbildung ist, wird 200 Euro an den Tierschutzverein Schweinfurt zahlen.
Der Haupttäter muss 80 Arbeitsstunden leisten und noch für mindestens ein weiteres Jahr in der Einrichtung bleiben, in der er derzeit untergebracht ist. Der Junge kommt aus schwierigen Verhältnissen, hatte schon früher einmal gezündelt. Die Unterbringung im Heim scheint ihm gut zu tun. Er sei auf einem guten Weg und habe Chancen, einen Schulabschluss zu machen, betonten die Vertreter des Kreisjugendamtes.