„Man muss die Spannung bis zur Langeweile steigern“. Gitarrist Golo Sturm plaudert neben der Bühne aus dem Nähkästchen, für die weiblichen Fans. Es dauert gerade ein bisschen, bis Boppin' B, Kultband aus Aschebärsch, die Bühne rockt. Hört man da leichte Selbstzweifel heraus, bei der ältesten Rockabilly-Band der Region?
Okay, die junge Schweinfurter Vorband hat den cooleren Namen: „Hot Rockin' Bill and the Rhythm Flames“. Und man merkt es den fünf Rock'n'Roll-Veteranen schon etwas an, dass sie ihren Lebensunterhalt mit hunderten Auftritten jährlich verdienen müssen, bereits seit den 90ern in dieser Besetzung malochen. Die Rhythmen wirken da vielleicht nicht mehr ganz so süffig und eruptiv wie bei den unsterblichen Auftritten im Münnerstädter „Route 66“. Die Mienen schon etwas verkniffen ob der Last der eigenen Legende. Die bis tief in die 80er zurückreicht, lange vor Mitstreiter Dick Brave alias Sasha.
Aber die handwerkliche Reife und bodenständige Selbstironie, die Rasse und Klasse, das musikalische Charisma des Quintetts gibt es heute auch nicht gerade an der nächsten Tanke zu kaufen: So finden sich im gut gefüllten Stattbahnhof manche Teenies und Tweenies, die sich hier im 50er-Outfit von Justin Bieber & Co erholen. Draußen steht ein Krankenwagen-Oldtimer (er wird trotz manch betörender Blicke der Schmalzlocken zu den Mädels nicht gebraucht) und ein uriger Dodge. Drinnen hat sich ein Fan als Elvis verkleidet – es wird getanzt, bis die Koteletten kochen. Spätestens bei „If you believe in love tonight“ treibt das Eis davon, und ein paar akrobatische Kunststücke kriegen sie rund um Leadsänger Michael Treska auch noch hin: Da werden Hüften und Beine geschwungen, Verstärkerboxen erklettert, menschliche Pyramiden aufgetürmt. Didi Beck steuert am Kontrabass eine milde Form des Wahnsinns bei, sein Streichinstrument fängt regelrecht an zu fliegen. Während Saxophonist Frank Seefeldt entrückt die Klanghölzer schlägt – die angeblich aus dem Holzbein von Gene Vincent („Be-Bop-A-Lula“, „Race with the devil“) geformt wurden. „Sind wir nicht alle aus diesem Holz geschnitzt?“ fragt sich die Band. Die neckt die anwesenden Schweinfurter als „Schweine im Weltall“, lässt sie mitgrooven und singen, mit den bekannten Motivationsschildchen („Lauter“). Zwischendurch wird's fast ein wenig schmusig, ein Fan aus Stadtlauringen hat sich Treskas starke Solostimme gewünscht. Eigentlich schade, dass die „alten Dinger“ wie „Café Oriental“ oder „Toller Tag“ kaum noch aus den Retro-Mikrofonen röhren. Zum Schluss gibt's ein Lob von Drummer Thomas Weiser, für den Stattbahnhof, der sich für die Jugendkultur und gegen Ausländerhass einsetze: „Cool“. Und die altväterliche Ermahnung an den Nachwuchs, lieber die Merchandising-Produkte der Combo zu erwerben als uncool Bierflaschen an der benachbarten Tanke zu zertrümmern: Reife und Erfahrung eben. Dann, genau auf die fein köchelnde Stimmung abgemessen, vier Zugaben.