Latente, versteckte Esssucht, Magersucht, Ess-Brech-Sucht und Binge Eating Disorder (Heißhungeranfälle, abwechselnd begrenztes und unkontrolliertes Essen, unregelmäßige Ernährung, wenig Bewegung) – vier Krankheitsbilder, bei denen es durch seelische Belastungen (psychosomatische Störungen) zu körperlichen Schäden kommt.
Bei einer Essstörung versuchen Betroffene, den Körper zu manipulieren, Ziel ist Gewichtsabnahme oder Gewichtskontrolle. Unbewusst wird dabei versucht, innere Konflikte, Schwierigkeiten und Stress zu bewältigen. Der suchtartige Charakter fußt auf Kontrollverlust, Wiederholungszwang und sozialer Isolation, – nicht auf einer stofflichen Abhängigkeit.
Essstörungen treten häufig mit Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Angst, Depressionen, Medikamentenmissbrauch, Alkoholabhängigkeit und Selbstverletzungsproblematik auf. Essen oder Hungern verschafft Betroffenen zuerst schnell Erleichterung, Sicherheit und Selbstständigkeit. Doch das Erfolgserlebnis tritt rasch in den Hintergrund. Durch Wiederholung bekommt die Essstörung eine Eigendynamik und gerät außer Kontrolle. Essstörungen sind nicht „typisch weiblich“, treten in jedem Alter auf, wobei die größte Gefahr in der Pubertät droht.
Gefährdet ist, wer den Tag mit dem Blick auf die Waage beginnt, den Spiegel meidet, Kalorien zählt, ständig Diätpläne schmiedet, genau weiß, wie viel er essen darf, sich selten gönnt, was ihm schmeckt, nicht weiß, wie sich Sattsein anfühlt. Auch wer hofft, dass mit dem Erreichen der Idealfigur alles besser gelingt, die Probleme schwinden, er schön, beneidenswert und ein Sieger in allen Disziplinen wird, braucht Hilfe.
Problemzonen wo keine sind
Verglichen mit dem gängigen Schönheitsideal finden sich Mädchen und junge Frauen dick, erklären Bauch, Po und Schenkel zu Problemzonen, obwohl dies nicht der Fall ist. Bereits unter den Zehnjährigen hat heute jedes dritte Kind Diäterfahrungen. Zur nächsten Stufe gehören Abführmittel, Appetitzügler und Antifettverwerter.
Essstörungen verändern nicht nur das Leben des Erkrankten. Familie und Bekanntenkreis leiden mit. Ende der 90er Jahre gründete sich in Schweinfurt eine Selbsthilfegruppe für betroffene Eltern. Regelmäßig treffen sich etwa zwölf Personen. Beim Erfahrungsaustausch stützen und stärken sie sich. Die Kontaktaufnahme zur Gruppe ist allen schwergefallen. Man hat Berührungsängste, hat Angst, etwas einzuräumen, was andere als Makel der Familie sehen könnten. Gezeigt hat sich aber auch, dass nach einem ersten Besuch viele immer wieder kommen, auch Eltern, deren Kinder die Essstörungen längst im Griff haben. Diese erfreulichen Beispiele und das Wissen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine auf der Welt ist, machen Mut.
Wer will, der bleibt in der Gruppe anonym. Man spricht sich mit dem Vornamen an, spricht über Fehler, die man gemacht hat, über positive Erlebnisse und günstige Entwicklungen. Registriert hat die Gruppe, dass in der Öffentlichkeit offener über einstige Tabu-Themen wie Bulimie geredet wird. Die Treffen finden im Pfarrheim der Christuskirche an jedem zweiten Dienstag im Monat um 19.30 Uhr statt. Basis für die Aussprache ist die absolute Vertraulichkeit in einer Situation, in der Menschen ihre eigene Ohnmacht gegenüber der Krankheit bei ihrem Kind, gegenüber Heimlichkeiten und Lügen erleben, – und in Situationen, in denen auch Tränen fließen.
Die nötige professionelle Hilfe kann die Gruppe nicht ersetzen. Auch bewertet sie weder Kliniken noch Ärzte oder Therapeuten. Genannt werden Adressen und berichtet wird über Erlebtes.
Kontakt bei den monatlichen Treffen im Pfarrheim der Christuskirche an jedem zweiten Dienstag im Monat, Beginn um 19.30 Uhr, oder Tel. (09723) 93 60 27.