"Vorinformation zur Errichtung eines Solarparks bei Wadenbrunn" lautete Ende Oktober 2019 ein Tagesordnungspunkt in der öffentlichen Gemeinderatssitzung von Kolitzheim (Lkr. Schweinfurt). Was auf den ersten Blick unspektakulär anmutete, entpuppte sich dann als Riesenprojekt, als Paul Graf von Schönborn und sein Planer Marco Pannicke von der "Grüne Energien Solar GmbH" aus Bitterfeld erste Details auf den Tisch legten.
Der von Graf von Schönborn auf seinen Besitzungen rund um sein Hofgut Wadenbrunn bei Kolitzheim geplante Solarpark hat riesige Ausmaße. Die von den Modulen bedeckte Fläche soll 130 Hektar betragen, also 1,3 Millionen Quadratmeter. Das entspricht in etwa der Größe von rund 180 Fußballplätzen. Die Anlage hat, so die Planungen, eine Leistung von rund 120 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Damit könnten 24 000 Haushalte versorgt werden.
Direkt in Hochspannungsleitung
Der von der Photovoltaik erzeugte Strom soll direkt in eine in der Nähe vorbeilaufende überregionale Hochspannungsleitung eingespeist werden. Dazu ist der Bau eines eigenen Umspannwerks erforderlich, da der Solarpark Gleichstrom erzeugt und dieser erst in Wechselstrom umgewandelt werden muss. Der Strom soll, so Planer Marco Pannicke, direkt an der Leipziger Strombörse verkauft werden. Der örtliche Versorger, die ÜZ Mainfranken (Lülsfeld), ist zumindest momentan nicht beteiligt, weil sie nicht im Hochspannungsbereich, sondern nur im Mittel- und Niederspannungsbereich tätig ist.

Graf von Schönborn will seine Flächen für das Projekt verpachten, der eigentliche Betreiber des Solarparks steht noch nicht fest beziehungsweise wurde nicht veröffentlicht. Die "Grüne Energien Solar GmbH" tritt zunächst sowohl als Planer als auch als Vermarkter auf, die nach Investoren sucht. Bislang liegt der Gemeinde Kolitzheim kein förmlicher Antrag vor, sondern es gibt lediglich Vorinformationen der Projektanten. Angeblich soll mit den Bauantrag gewartet werden, bis der neugewählte Gemeinderat ab Mai im Amt ist.
Widerstand im Dorf
Allerdings regt sich in Kolitzheim massiver Widerstand gegen den "Mega-Solarpark", wie er von einer Interessengemeinschaft (IG) bezeichnet wird, die sich aus örtlichen Gemeinderäten und Vertretern des Bauernverbands, der Flurbereinigungsgenossenschaft und mehrerer Vereine zusammensetzt. Am Donnerstagabend kamen rund 100 Personen zu einer von der IG organisierten privaten Informationsveranstaltung in das Sportheim. Gemeinderat Berthold Pfaff berichtete von mehreren Vorgesprächen und Ortsbesichtigungen, an denen auch bereits Vertreter von verschiedenen Ressorts der Regierung von Unterfranken teilgenommen haben. Die Regierungsvertreter hätten darauf hingewiesen, dass die Entscheidung pro oder contra Solarpark bei der Gemeinde liege.
Denn: Bevor ein möglicher Bauantrag für den Solarpark überhaupt behandelt werden kann, müsste die Gemeinde erst ihren Flächennutzungsplan ändern und dann einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen. Zumindest die Mitglieder des derzeitigen Gemeinderats mit Bürgermeister Horst Herbert an der Spitze stehen dem Projekt allerdings sehr skeptisch gegenüber. Zudem gibt es einen Grundsatzbeschluss des Gemeinderates aus dem Jahr 2009, wonach für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nur maximal fünf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf nur zwei Standorten hergenommen werden dürfen. Die Kolitzheimer Flur, so Berthold Pfaff, sei 500 Hektar groß und es gebe bereits die sieben Hektar große Photovoltaik-Anlage der Firma Belectric. "Da ist dann nicht mehr viel Platz."
Kein Raumordnungsverfahren
"Niemand kann die Gemeinde zwingen, den Flächennutzungsplan zu ändern", betonte Gemeinderat Pfaff. Und die Regierungsvertreter hätten signalisiert, dass ein Raumordnungsverfahren quasi von Amts wegen seitens der Regierung nicht in Betracht komme, weil kein öffentliches Interesse am Bau des Solarparks besteht.
Matthias Schöpf, Vorsitzender der örtlichen Eigenheimervereinigung, sagte, man sei nicht gegen die Energiewende. Die bereits existierenden 460 Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern in Kolitzheim erbringen laut ÜZ Mainfranken schon heute 147,4 Prozent des Bedarfs. "Wir sind auf einem guten Weg. Der muss aber sinnvoll sein", sagte Schöpf. Der "Mega-Solarpark" nehme 130 Hektar bestes Ackerland mit sehr guter Bonität aus der Lebensmittelproduktion – und dies in Zeiten, in denen die regionale Erzeugung von Lebensmitteln immer wichtiger werde.
Kein "zweites Wiesentheid"
Schöpf sprach noch ein weiteres Thema an, das viele Landwirte in der Umgebung bereits umtreibt: Man fürchtet, dass Graf von Schönborn, wenn seine eigenen Äcker mit Solarstrom-Anlagen belegt wären, für den Fortbestand seines Gutsbetriebs mittelfristig umliegende Felder anpachtet und dabei auch hohe Preise zahlt. "Kleinere Bauern würden dann kaum noch an vernünftiges Ackerland kommen", fürchtet Schöpf.
Mehrere Redner warnten auch vor den negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Kolitzheim dürfe kein zweites Wiesentheid werden, sagten sie. Dort will Paul Graf von Schönborn an der Untersambacher Straße eine 17 Hektar große Fläche für den Bau von großen Gewächshäusern einer holländischen Salatzucht-Fabrik zur Verfügung stellen.
Der Verwalter des Schönborn'schen Guts Wadenbrunn, Klaus Warmuth, sagte, die geplante Solaranlage habe auch viele Vorteile, nicht zuletzt die große Mengen an eingespartem Kohlendioxyd. Man werde zu gegebener Zeit ebenfalls zu einer Informationsveranstaltung einladen, um dies ausführlich darzulegen.
Von Schönborn'sche BesitzungenPaul Graf von Schönborn besitzt rund um Kolitzheim große Ackerflächen. Südlich der Ortschaft befindet sich das Hofgut Wadenbrunn, nordöstlich liegt der Herleshof, der inzwischen zur Einöde verfallen ist, und südwestlich von Kolitzheim stehen die Überreste des Hofguts Öttershausen. Öttershausen gehört der Adelsfamilie von Schönborn bereits seit 1651, der Herleshof ist seit 1717 im Eigentum der Grafen und Wadenbrunn seit 1872.Überregional bekannt ist das Hofgut Wadenbrunn als offizieller Veranstaltungsort für den "Fendt Saaten-Union Feldtag". Zu dieser landwirtschaftlichen Fachmesse strömen alle zwei Jahre zehntausende Besucher. Tatsächlich findet sie nicht in Wadenbrunn selbst statt, sondern entlang einer kerzengeraden Privatstraße, die durch die Schönborn-Besitzungen bis zum Herleshof führt. Wenn kein Messebetrieb ist, dann nutzt die Familie Schönborn die breite Straße als Privatflugplatz.