Von Anfang an stimmte die Chemie zwischen ihm und den Jugendlichen. Berührungsängste gab es nicht. Die etwa 30 Gefangenen hörten aufmerksam zu, als Opitz Auszüge aus seinen Büchern vorlas.
Im Mittelpunkt standen drei Briefe, die er in dem Buch „Idyll“, einer Briefsammlung, veröffentlicht hat. Gerichtet waren sie an die Polizei. Auf ironische Weise schildert er darin, wie die Behörden mit ihm umgingen und welchen Repressalien er ausgesetzt war.
„Ich hatte erhebliche Schwierigkeiten in der DDR. Die Briefe waren Therapie gegen die Verbitterung. Ob ich heute so mutig gewesen wäre wie damals, weiß ich nicht. Wenn man jung ist, denkt man nicht daran, dass es gefährlich ist. Auf jeden Fall habe ich mich wohlgefühlt, wenn ich sie abgeschickt hatte“, erläuterte Detlef Opitz.
Diva in Grau
Außerdem stellte er kurz den Bildband „Diva in Grau“ vor, zu dem er das Nachwort schrieb (1990), die Bücher „Klio, ein Wirbel um L“ (1996) und „Der Büchermörder“ (2005). „Darin geht es um einen protestantischen Pfarrer, der Büchermane war. Er raubte Leute aus und kaufte sich davon neue Bücher für seine Bibliothek“, so der Autor. Das Buch basiert auf einer wahren Begebenheit. Opitz hat sechs Jahre recherchiert und den Kriminalfall von 1813 aufgearbeitet und nachgezeichnet. „Das Buch ist relativ authentisch geworden“, kommentierte er.
Das Interesse zwischen Autor und Gefangenen war groß. Es wurde von beiden Seiten viel gefragt. Einige Gefangene verzichteten sogar nach der Lesung auf Cola und Salzstängchen und unterhielten sich stattdessen weiter mit Detlef Opitz.
Zum Beispiel wollten sie von ihm wissen, wie er Schriftsteller wurde und wie ein Buch zustande kommt. „Ich begann aus purer Faulheit zu schreiben. Ich bin totaler Autodidakt“, gestand er. Als es um den Beruf Schriftsteller ging, meinte Opitz, man müsse Lebenskünstler sein. „Das gehört zur Existenz dazu. Mit der Zeit lernt man: Es gibt gute und schlechte Zeiten. Es ist immer ein Auf und ein Ab.“
Anstaltsleiterin Renate Schöfer-Sigl bedankte sich bei Detlef Opitz für sein Kommen. „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass in der JVA Lesungen stattfinden“, sagte sie. Außerdem ging sie kurz darauf ein, wie der Kontakt der JVA zum Künstlerhaus zustande kam.
„Vor etwa zehn Jahren hat die Schreinerei der JVA Möbel für die Villa Concordia angefertigt und so fing alles an. Seitdem kamen immer wieder Autoren hierher. Detlef Opitz setzt diese Tradition heute fort“, so Renate Schöfer-Sigl. Organisiert werden die Lesungen von Vladimir Sparber, der Lehrer in der JVA ist.
Detlef Opitz wurde im November 1956 in Erlabrunn in Sachsen geboren. Nach seiner Ausbildung zum Schienenfahrzeugschlosser in Dresden arbeitete er von 1975 bis 1982 als Bibliothekstechniker, Puppenspieler, Verkäufer und Briefträger in Halle. 1980 wurde Opitz zum Studium der Literatur in Leipzig zugelassen, doch auf Betreiben der Sicherheitsbehörden wieder ausgeschlossen. Er wurde in der DDR mehrfach inhaftiert und 1985 wegen „gesellschaftlichen Missverhaltens und nichtsozialistischen Lebenswandels“ zu vier Jahren Verbannung im Erzgebirge verurteilt. „Das Urteil wurde letztendlich kassiert“, sagte er.
Publikationen verwehrt
Da ihm Publikationen bis auf eine Ausnahme in der Zeitschrift „Sinn und Form“ verwehrt waren, veröffentlichte Opitz bis 1989 in Untergrundzeitschriften wie zum Beispiel „Ariadnefabrik“, „Entweder Oder“, „Mikado“ oder „Schaden“ und „Verwendung“.
Opitz lebt seit 1982 in Berlin am Prenzlauer Berg. Er gehört gemeinsam mit Autoren wie Bert Papenfuß und Adolf Endler der Ostberliner Literatur- und Kunstszene an. Für seine Werke wurde er unter anderem 1997 mit dem F.-C.-Weiskopf-Preis der Akademie der Künste Berlin und 1998 mit der Eugen Viehof-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung ausgezeichnet. 1998 erhielt Detlef Opitz ein Studium am „Deutsches Haus at New York University“ und 2008/2009 das Stipendium des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg.