Fast vier Wochen dauerte die Suche nach Kampfmitteln im Sennfelder See. Badegäste hatten Ende Juli ein merkwürdiges Blubbern beobachtet. Dieses und Rauch über der Wasserfläche hatte schon im Juni zu einer Kampfmittelsuche geführt. Damals fand das Spezialunternehmen zwei Brandbomben.
Anfang August wurde dann der gesamte 31 000 Quadratmeter große See mit einem Sondierungsschiff abgefahren. Knapp 500 Verdachtsmomente ergaben sich. Seit dem 4. August und bis zum vergangenen Wochenende waren zwei Berufstaucher mit der Suche im See beschäftigt.
Geborgen wurden ein Dutzend Brandbomben, fast alle vom Typ INC 30 (gefüllt mit einem Gemisch aus Phosphor und Kautschuk). Eine Brandbombe (LC 250) brachte statt der knapp 20 Kilogramm stattliche 125 Kilogramm auf die Waage. Befreit ist der See jetzt auch von allerhand Schrott. Vier Anhänger voll mit Metallteilen (von Autos, Fahrrädern, aber auch Nachttöpfe) wurden vom Bauhof abgefahren. Seit Mittwoch ist das Baden im See wieder erlaubt.
Mal sind es Granaten, mal Panzerfäuste, immer wieder auch Bombenblindgänger: Das extreme Niedrigwasser hat in den vergangenen Wochen nicht nur in Sennfeld brisante Altlasten aus dem Zweiten

Weltkrieg zutage gefördert, sondern auch in Bächen, Flüssen und Seen in ganz Bayern – und darüber hinaus. Was sonst metertief unter der Wasseroberfläche verborgen sei, legten im Freistaat jetzt vielerorts die häufig zu Rinnsalen und Pfützen geschrumpften Bäche und Weiher frei, berichtete der bayerische Betriebsleiter des Kampfmittelräumdienstes Tauber in Nürnberg, Andreas Heil.
„Wir merken seit zwei Monaten einen deutlichen Anstieg von Einsätzen, bei denen es darum geht, Kampfmittel zu beseitigen, die durch das Trockenfallen von Gewässern sichtbar werden“, berichtete Heil. Zahlen will er nicht nennen. Die 350 Kampfmittelräumer des Unternehmens in Deutschland, 25 davon in Bayern, seien jedenfalls stark eingespannt. „Einige Mitarbeiter haben ihren Urlaub vorzeitig abgebrochen, andere auf ihren Sommerurlaub verzichtet“, berichtete Heil. Neben Bayern seien Rhein und Mosel ein Schwerpunkt.
Heil warnte eindringlich davor, auf Sandbänken, im Flussschlamm oder in flachen Bächen und Weihern liegende mutmaßliche Munitions-Altlasten zu berühren: „Es ist ein absoluter Irrglaube, dass Munition, die 70 bis 80 Jahre im Wasser gelegen hat, keine Gefahr mehr darstellt. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn lange im Wasser liegende Munition trocknet, werden chemische Veränderungen ausgelöst, die die Munition bisweilen gefährlicher machen können als zum Einsatzzeitpunkt während des Zweiten Weltkriegs.“ Mögliche Munition sollte umgehend der Polizei gemeldet werden.
Zu den häufigen Funden in Bayern gehören Panzerfäuste. „Das liegt daran, dass kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs vielerorts die Hitler-Jugend für den Volkssturm mobilisiert und gegen die vorrückenden Panzer der US-Streitkräfte mit Panzerfäusten ausgerüstet wurde“, erklärte Heil. „Zum Glück gab es da einige beherzte Großmütter, die eingeschritten sind und den Jugendlichen gesagt haben: ,Zieht Eure Uniform aus und verschwindet nach Hause'“. Die Munition hätten die Frauen dann rechtzeitig vor dem Einmarsch der US-Truppen in nahen Flüssen und Teichen versenkt.
Mit Material von dpa