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SCHWEINFURT: Carmen muss sich selbst erstechen

SCHWEINFURT

Carmen muss sich selbst erstechen

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    Die Fliegende Volksbühne der Oper Frankfurt zeigte Carmen a trois im Theater.
    Die Fliegende Volksbühne der Oper Frankfurt zeigte Carmen a trois im Theater. Foto: Foto: Wolfgang Runkel

    „Bloß nicht gleich anfangen“. Nach dieser Devise des Pianisten und Musikkomikers Victor Borge gestalten auch die Komödianten Michael Quast und Sabine Fischmann ihren Auftritt.

    Zuerst kommt Pianist Rhodri Britton im eleganten Frack auf die Bühne, setzt sich an den Steinway – und wartet. Auf die übrigen Protagonisten der Opernpersiflage „Carmen a trois“. Auch das Publikum wartet, halb verunsichert, halb belustigt. Alle warten. Endlich stolpert ein seltsames Pärchen im Spießbürger-Outfit auf die Bühne, schüchtern, unbeholfen, mit hohem Lampenfieber. Trotzdem scheinen Quast und Fischmann wild entschlossen, dem Publikum jetzt mit ihrer gewitzten Version Handlung und Musik von Bizets „Carmen“ näher zu bringen.

    Ja, sie sind wieder da, die drei auch in Schweinfurt geschätzten Opernführer, die sich diesmal die Geschichte von der heißblütigen Zigeunerin Carmen und ihren beiden Liebhabern, dem Sergeanten José und dem mit spitzer Klinge arbeitenden Torero Escamillo, vorgenommen haben.

    Und für die nächsten zwei Stunden beherrschen Chaos, Clownerie, Parodie und Persiflage die Bühne. Aber: Wenn beide Künstler die Arien und Duette der Oper singen, wenn Fischmann den spanischen Tanz auf ihrer Melodica spielt - immer stimmt jeder Ton. Zwar verfremdet, doch Bizets Musik wird immer Reverenz erwiesen.

    Die Ouvertüre klingt allerdings schon ein wenig seltsam: Quast bereichert sie mit speziellem Schlagwerk, spielt die Melodie auf einer Kinder-Blechtröte, unterstreicht die verschiedenen Stimmungen des Vorspiels mit verzückter oder wilder Mimik und Gestik. Dann geht es Schlag auf Schlag, immer gelingt es den beiden Komödianten, die für eine Persiflage geeigneten Szenen aufzuspüren, sie zu erarbeiten und sie hier genüsslich zu präsentieren.

    Quast stellt Personal und Handlung der Oper vor, preist die Schönheit Carmens im Dozenten-Stil, indem er den betreffenden Originaltext von Prosper Mérimées Novelle vorliest.

    Der Chor der Gassenjungen erklingt im Falsett, die Zigeunerinnen Frasquita und Mercédes sprechen wie die Teletubbies. Übrigens die Sprache: Micaela, das Waisenkind, begeistert mit ihrem lang gezogenen Badisch, der spanische Leutnant Zuniga pflegt die bayerische Mundart. Nachdem Sabine Fischmann Carmens „Habanera“ voller Temperament und Feuer gesungen hat, überlässt ihr Quast auch die berühmte Blumenarie des Don José, während er ihr andachtsvoll zuhört. Und weil Fischmann mit ihrem schlichten ausdrucksvollen Gesang alle berührt, ist plötzlich für einige Minuten aller Klamauk wie weggefegt - gebannt lauscht das Publikum. Magie des Theaters.

    Beim Auftritt Escamillos in der Taverne fühlt sich Quast bemüßigt, wieder den seriösen Dozenten zu geben, der über den Ablauf eines Stierkampfes schwadroniert. Das bekannte „Auf in den Kampf Torero“ reichern beide Sänger mit Zitaten aus Volks- und Weihnachtsliedern an. So reiht sich Gag an Gag, Pointe an Pointe. Auch in der Schlussszene gibt es eine Panne: Quast/Don José hat das Messer verlegt, mit dem er die untreue Carmen erstechen will. Doch kollegial springt Fischmann ihrem Kollegen bei: Carmen ersticht sich selbst. Manfred Herker

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