"Organissimo" war die Einladung zum Orgelkonzert in der St. Aegidius-Kirche in Gernach überschrieben, zu der der Pfarrgemeinderat Gernach und die Kirchenverwaltung eingeladen hatte. Als Interpret an der Orgel war Christoph Brückner schon zum zweiten Mal zu Gast in Gernach: viele werden sich noch an das brillante Konzert erinnern, das der Künstler anlässlich des Jubiläums der Orgelrenovierung im vergangenen Jahr gegeben hatte.
Pfarrer Thomas Amrehn hatte den Kirchenmusiker, der in den Bistümern Mainz und Fulda tätig ist, begrüßt und betont, dass das Orgelkonzert ein Stück der Kulturarbeit im Ortsteil Gernach ist, denn sonst bekäme man solche Konzerte nur in einem Dom zu hören. Christoph Brückner verbinde in lebendiger Art traditionelle und moderne Musik im Kirchenraum miteinander.
Schon im ersten Stück, "Erd und Himmel sollen singen", das er in Anlehnung an den ungarischen Komponisten und Hindemith-Schüler Zsolt Gardonyi vortrug, wurde intensiv erlebbar, wie er die Aufforderung des Liedtextes in Klänge umsetzte, in denen der Gesang von Erde und Himmel spürbar wurde. Elegant verband er dann in dem Stück "wer nur den lieben Gott lässt walten" die traditionelle Melodie, der er in seinem Anspiel die gewohnte Schwere nahm, mit dem Earth-Song von Michael Jackson – die Spannung zwischen dem Vertrauen auf Gott und der Klage über das rücksichtslose Handeln der Menschen gegenüber der Erde wird spürbar.
"Nun danket all und bringet Ehr" - dass diese Aufforderung des Kirchenliedes nicht nur in den getragenen, gewohnten Formen des Kirchenliedes zum Ausdruck kommen kann, zeigte der Künstler, indem er das Motiv tänzerisch und rhythmisch so variierte, dass es zu ganz neuen Assoziationen zu diesem Liedtext anregt. Gospel time - ein Ausflug in die Welt der Spirituals wie "We shall overcome" oder "Go down, Moses – let my people go". Spannungsreich auch die Kombination der "Ode an die Freude" mit dem Hit von Abba "Dancing Queen". Der Organist schaffte es immer wieder, die Übergänge zwischen den verschiedenen musikalischen Welten so zu gestalten, dass keine Brüche entstanden, er gestaltete die Übergänge kreativ und phantasiereich, auch indem er die Vielfalt der Klangangebote der "Königin der Instrumente" stilvoll einzusetzen wußte.
"Geh aus mein Herz und suche Freud" - hier zeigte der Künstler, dass er auch in der Volksmusik der Nachbarländer Österreich, Holland und Frankreich zu Hause ist. "Lord of the dance" - der Kampf der guten Mächte gegen die bösen Mächte, den diese Tanz-Show erzählt, ist eine Anspielung auf die aktuelle Situation in England mit dem Brexit. Und die Dudelsack-Klänge bringen die Unabhängigkeitsbestrebungen Schottlands in Erinnerung.
Als Zugabe improvisiert Christoph Brückner zum Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen" - ein furioses Finale mit musikalischen Ausflügen zu "Mama mia" von Abba und als Kontrast dazu "Herr Deine Liebe ist wie Gras und Ufer" - eine Meisterleistung der Improvisation und Komposition, so unterschiedliche Stile musikalisch zu einem Gesamtkunstwerk gestalten zu können.
Pfarrer Thomas Amrehn bedankte sich bei Brückner für das wundervolle Konzert, Karin Johe Nickel, die Vorsitzende des Ortsausschusses des Pfarrgemeinderats in Gernach überreichte einen Geschenkkorb. Stehende Ovationen des Publikums waren der Lohn des Künstlers. Das großzügig gefüllte Spendenglas kommt der Erneuerung der Glocken und der Außenrenovierung der St. Aegidius-Kirche zugute. Christoph Brückner hat versprochen, auch im nächsten Jahr wieder für ein Benefizkonzert für die Gernacher Kirche zur Verfügung zu stehen.