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Claudia hat einen Traum

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Claudia hat einen Traum

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    Das Ziel der Reise, die Provinz Phang Nga mit der gleichnamigen Hauptstadt, war Claudia Seuffert bestens bekannt. Hat sie doch vor vier Jahren ein halbjähriges Austauschprogramm von AFS an einer dortigen Schule absolviert. Sie wohnte bei einer Gastfamilie, die sie wie die eigene Tochter behandelte. Die Sehnsucht nach dieser Familie, der Schule und den Lehrern ließ Claudia nicht los und so flog sie mit Freund Ralf Mitte Dezember nach Thailand.

    Erstmal war Entspannung pur auf einer kleinen Insel angesagt, bevor sie sich am 25. Dezember auf den Weg zur Gastfamilie machten. Die Freude über den Besuch kannte keine Grenzen, schon am nächsten Tag sollte der erste Ausflug nach Khao Lak anstehen. Der Gastvater hatte aber andere Pläne und überredete die beiden mit in den Osten von Thailand zu fahren. Das war ihr Glück. Schon während der Fahrt gab es erste Anrufe, dass etwas geschehen sei. Das ganze Ausmaß der Katastrophe war noch nicht bekannt. Nur eines stand fest, sie mussten umkehren um zu helfen.

    Ein Tempel in der Nähe ihrer Gastfamilie war inzwischen als Auffanglager umfunktioniert und die Familie und die Schüler ihrer Gastmutter in vollem Einsatz. Ihren Urlaub hatten Claudia und Ralf hinter sich gelassen, jetzt hieß es für beide Menschen bergen.

    Viele Deutsche haben sie aufgelesen, deren Hotel einfach weggespült wurde. Darunter eine Mutter, die ihre Kinder verloren hatte. Claudia vermittelte auf thailändisch und erfuhr, dass die Kinder von Einheimischen in ein anderes Auffanglager gebracht wurden. Das Ausmaß der Verwüstung hatten sie erst jetzt so richtig begriffen. Es überstieg alles, was man sich vorstellen konnte. Sie sahen Autos, Busse, überall Leichen, die hier angespült waren.

    Ihr nächstes Ziel war ein Hospital in Phang Nga Town. Überall lagen verzweifelte verletzte Menschen auf dem Boden, mehr Ausländer als Einheimische. Drei Tage und Nächte haben die beiden zusammen mit zwei deutschen Ärzten zugebracht, um Leichtverletzte zu versorgen und sie so schnell wie möglich zum Flughafen zu schaffen. Was die Thailänder konnten, haben sie getan, sagen sie heute, aber das Hospital war vollkommen überlastet.

    Ihre wesentliche Aufgabe sahen Claudia und Ralf darin, Leute anzusprechen, zu vermitteln. Sie konzentrierten sich dabei mehr auf deutschsprachige Menschen und organisierten was sie konnten. Mit der Botschaft wurde verhandelt, Namen durchgegeben, für den Transport nach Phuket gesorgt. Bei Ralf kam Verzweiflung und Frust auf, weil alles nicht so lief. Aber dann hatte er eine Idee. Er telefonierte sich beim Sender N-TV bis zum Chefredakteur durch und schilderte die Situation vor Ort. Ob Zufall oder durch N-TV, plötzlich lief alles besser.

    Traumatisierte Kinder

    Anrufe und Besorgnis auch von ihren eigenen Familien. "Wie haltet ihr das aus?", fragten sie. Aber Claudia erwiderte: "Wie halten die hier das aus, uns geht es doch gut". Immer wieder wurden sie mit traumatisierten Kindern konfrontiert, die Unterstützung benötigten. Sie erlebten auch Geschichten mit glücklichem Ende. So die einer schwerverletzten älteren Frau aus Berlin, die ihren Mann vermisste und nicht gehen wollte. Claudia und Ralf schafften es, sie zum Rückflug zu bewegen. Höchste Zeit, sie hätte sonst ihr Bein verloren. Der Ehemann war schon in der Heimat.

    Auch ihre Gastfamilie half weiter. Es wurden Computer geordert und Listen für die Suche nach Vermissten erstellt. Ralf wäre auch bereit gewesen, Leichen zu fotografieren, aber aus technischen Gründen war dies nicht möglich. Heute ist er froh darüber. Die Vorstellung weiterhin Urlaub zu machen, als wäre nichts geschehen, war für beide unvorstellbar. Sie haben 40 Menschen zusammengebracht, die verzweifelt auf der Suche nach ihren Angehörigen waren.

    Am Sonntag kamen sie in Düsseldorf an und wurden von Ralfs Schwester Susanne empfangen. Ein paar Stunden Schlaf und schon die nächste Überraschung, denn es wartete auf die beiden der offizielle Empfang bei Familie Fambach. Alle waren nach Waldsachsen gekommen, Claudias Familie aus Donnersdorf und viele Freunde und Bekannte. Nachgefeiert wurde auch der 29. Geburtstag von Claudia, den sie am 6. Januar mit Ralf und ihrer Gastfamilie in Phang Nga beging.

    Ob sie das Erlebte jemals vergessen können, dass bezweifeln die Beiden, die seit fünf Jahren zusammen sind. Ralf, technischer Angestellter bei Mercedes-Omnibusbau ist seit dieser Woche an seinem neuen Arbeitsplatz in Mannheim. Sozialpädagogin Claudia geht zurück an den Volkersberg. Aber sie hat einen Traum: all die Menschen, die sie kennenlernte, am Volkersberg zusammenbringen, Familienmitglieder, die Angehörige verloren haben, oder nach langem Suchen wiederfanden. Sie möchte mithelfen, das Erlebte aufzuarbeiten, einen Sinn suchen und Teile dieses Lebensweges in irgendeiner Form unterzubringen.

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