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Coaching für Politiker: Auch Blicke müssen überzeugen

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Coaching für Politiker: Auch Blicke müssen überzeugen

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    Susanne Lohrey aus Schwebheim ist Kommunikationstrainerin und psychologische Beraterin. Die vierfache Mutter ist seit über 20 Jahren regional und überregional unterwegs, gibt Seminare zu Themen wie Motivation, Kommunikation, Persönlichkeitsbildung, Verkauf. Seit Jahren trainiert sie auch Lokalpolitiker.

    Frage: Sagen Sie mal, wie sind Sie denn auf die Idee gekommen Lokalpolitiker zu coachen?

    Susanne Lohrey: Wie sagt man so schön – wie die Jungfrau zum Kind? Immer wieder einmal wurde bei meinen Seminarteilnehmer die Idee geboren, für ein politisches Amt, wie das des Bürgermeisters oder Landrats, zu kandidieren. Dann haben mich die Betroffenen gefragt, ob ich sie dabei begleiten würde. Coaching auf diesem Feld ist bei uns nicht so verbreiten wie in anderen europäischen Ländern. Dann hieß es Konzepte schmieden, Präsentationen üben, Vorträge schreiben, Argumentationen trainieren, Flyer verfassen. Es geht darum nicht nur Inhalte zu transportieren sondern Menschen zu begeistern. Erstaunlich oft ging die Rechnung auf und Wahlen wurden gewonnen.

    Der Erfolg ermutigt, weiterzumachen?

    Lohrey: Ja, auch extrem junge Bürgermeister und viele Frauen wurden gewählt, von denen niemand erwartete, dass sie alteingesessene Amtsinhaber aus dem Stuhl heben könnten. Das machte stolz und auch ein wenig neugierig, wie es gelingt aus oft einfachen Menschen in verhältnismäßig kurzer Zeit hochkarätige Persönlichkeiten zu entwickeln.

    Was lernen die angehenden Politiker?

    Lohrey: Das ist sehr individuell. Oft sind die Bewerber fachlich sehr kompetent, aber überfordert, wenn es darum geht, Menschen zu begeistern, und für sich zu gewinnen und das auch noch in einer relativ kurzen Zeit. Außerdem ist es ein großer Spagat, authentisch zu bleiben und doch publikumswirksam zu arbeiten. Eigenpropaganda ist für viele sehr schwierig, Dinge auf den Punkt bringen, treffsicher zu argumentieren auch. Als ein großes Problem erweist es sich, persönliche Anfeindungen zu ertragen. Das ausgeprägte Selbstwertgefühl, Angriffen souverän stand zu halten, ist nicht immer vorhanden. Aber, wer ständig „geliebt“ werden will, ist hier fehl am Platz.

    Das sind alles Eigenschaften die zu einer gesunden authentischen Persönlichkeit gehören, wie bringt man den Leuten denn so etwas bei?

    Lohrey: Nun, prinzipiell ist es erst einmal wichtig sich Grundlagen in Rhetorik und Körpersprache anzueignen. Blicke müssen überzeugen und auch ohne Worte muss man Kompetenz und Sympathie ausstrahlen. Es genügt nicht Phrasen auswendig zu lernen, Wahlprogramme herunter zu beten oder einstudierte „Theaterstücke“ zu präsentieren. Menschen erkennen schnell ob jemand echt ist, Auftritte authentisch oder aufgesetzt sind. Geübt wird vor allem Schlagfertigkeit, Stehgreifrede, Improvisation, Techniken des Sprechlesens oder die Technik des Debattierens.

    Und dabei muss vermutlich jeder etwas anderes lernen?

    Lohrey: Ja, einem Bürgermeister muss man während des Trainings die Zettel aus den Händen nehmen, die er vor lauter Lampenfieber in kleine Röhren rollt. Den anderen muss man beim Reden auf ein Stück Zeitung stellen, weil er sonst in seiner Aufregung einen Hundertmeter-Lauf auf der Bühne veranstalten würde.„

    Und wie lernt man mit persönlichen Angriffen umzugehen?

    Lohrey: Das sind die höheren Weihen. Da kann es dann schon mal passieren, dass ich 30 Minuten lang in Rollenspielen böse Dauerattacken fahre oder zur Abwechslung auch einmal jemand so links liegen lasse, dass er völlig den Faden verliert. „Jetzt brauche ich aber erst mal ein Glas Wasser“, meinte ein Kandidat neulich schweißgebadet nach der ersten Stunde Training.

    Gibt es Fehler die ihre Kandidaten relativ häufig machen?

    Lohrey: Auf drei Dinge reagieren Bürger empfindlich. Wenn der Bewerber sehr zurückhaltend oder unsicher auftritt. Vornehme Zurückhaltung mag elegant sein, ist aber hier tödlich: Weil das Volk „ das Alphatier“, dann nicht erkennt und keinen ohne Führungsqualitäten will. Genauso gefährlich ist es, sich selbst schon zum König zu krönen. Mangelnde Demut und Bescheidenheit, fehlender Wille zum „Dienen“ das mag der Wähler nicht. Die Neigung, sich in großer Geste und geschwungenem Pfauenrad zu profilieren und wichtig zu tun, erntet Unmut und Boykott. Und drittens gehen unlautere Angriffe auf Konkurrenten gar nicht. Es ist ein großer Trugschluss, wenn man glaubt man könne Mitbewerber mit Diffamierungen, aggressiven Attacken und Unterstellungen aus dem Rennen drängen. Da greift häufig das Mitleids-Phänomen. Der Aggressor kassiert nicht selten ein Eigentor.

    Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

    Lohrey: Männer glauben oft, dass sachliche Darstellung politischer Inhalte genügt um Menschen zu überzeugen. Quantität statt Qualität ist oft die Devise. Die weichen Faktoren der emotionalen Würdigung des Gegenübers und der individuellen Ansprache von Menschen kommen zu kurz. Frauen lassen sich schnell einschüchtern. Sie warten lieber als Prinzessin hinter der Dornenhecke auf den Prinzen, der sie wachküsst, statt sich selbst Fenster in die Hecke zu schneiden. Anfangs muss man sie erst einmal an machtvolle Gebärden und überzeugendes Auftreten gewöhnen. In einem maskulinen Umfeld heißt es eben mitunter auch, einmal Zähne zeigen.

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