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SCHWEINFURT: Cocos Mythos auf der Spur

SCHWEINFURT

Cocos Mythos auf der Spur

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    Eine begeisternde Inszenierung: Peter Breuer zeigte mit dem Salzburg Ballett in Schweinfurt das Stück „Mythos Coco“.
    Eine begeisternde Inszenierung: Peter Breuer zeigte mit dem Salzburg Ballett in Schweinfurt das Stück „Mythos Coco“. Foto: Foto: Christina Canaval, Salzburger Landestheater

    So eine Freundschaft zwischen Theaterchef und Intendant kann viel wert sein – vor allem für das Publikum. Schon sechs Mal holte der Schweinfurter Theaterleiter Christian Kreppel, gebürtiger Wiener, in seiner zwölf Jahre währenden Ägide den Salzburger Choreographen Peter Breuer mit dessen Ballett-Ensemble in sein Haus.

    Bereuen musste man die Österreich-Connection nie, im Gegenteil: Die fünf Aufführungen zuvor blieben schon im Gedächtnis haften. Doch mit „Mythos Coco“, Breuers 50. Handlungsballett, das er mit Dramaturgin Maren Zimmermann für seine Salzburger choreografiert hat, gelang ein Geniestreich. Mit Superlativen soll man vorsichtig sein, in diesem Fall sind sie mehr als angebracht. Es war schlicht herausragend.

    Gewohnt launig führte Breuer selbst sein Stück ein, erläuterte seinen Ansatz, sich dem Mythos einer der bekanntesten Frauen der Modewelt zu nähern. Ist es ein realistisches Bild von Coco Chanel? Wer weiß das schon, auch die zahlreichen Filme über Chanel, der einstigen Hutmacherin, späteren Mode-Ikone und Parfüm-Erfinderin, deren Vater sie als Kind ins Waisenhaus gab, leisten das nicht.

    Es ist aber auch egal, denn darum geht es nicht. Tanz spannt einen großen Bogen. Tanz selbst ist Mythos und was gibt es da besseres, als sich dem Mythos Coco Chanels anzunähern mit den Mitteln, die nur der Tanz hat. Wer sich immer mal gefragt hat, warum der Ausdruckstanz in Schweinfurt, aber auch bundesweit, die Säle füllt, der muss sich nur ein Breuersches Stück anschauen und wird die Faszination verstehen.

    Eine Zeitreise durch Chanels Biographie

    Peter Breuer, einst selbst Tänzer, wählte zahlreiche Lebensstationen Chanels aus – berufliche wie private und zeichnet so ein stimmiges Gesamtbild einer faszinierenden Persönlichkeit, die aus ärmlichen Verhältnissen stammend als Frau am Ende der Belle Epoque in Paris ein Wirtschaftsimperium aufbaute.

    Es fällt schwer, das eindringlichste, schönste Bild zu finden, zu viele gibt es. Die von Bruno Schwengl gestalteten Bühne und Kostüme bestechen durch elegante Schlichtheit und repräsentieren Chanels Mode par excellence. Auch der inszenatorische Kniff, drei Cocos – eine als Kind (Isabella Kozousek), eine als junge Frau als Hutmacherin (Marcia Jaqueline) und eine später als erfolgreiche Geschäftsfrau (Anna Yanchuk) – auftreten zu lassen, ist insofern interessant, als Cocos amouröse Abenteuer, die meist tragisch mit dem Tod der Liebhaber per Autounfall oder Herzinfarkt enden, auch tänzerisch unterschiedlich umgesetzt werden müssen und sollen. Unglaubliche Intensität in Ausdruck und Auftreten entwickelt dabei Anna Yanchuk, deren Liebes-Pas-de-deux mit Diego da Cunha alias Jean Cocteau im Gedächtnis haften bleibt.

    Musikauswahl herausragend

    Dem modernen Tanz wohnt nicht nur das tänzerische Element inne, essenziell zum Gelingen ist die Musik. Die Collage aus Kompositionen von Schostakowitsch, Gershwin, Fauré, Honegger, Milhaud, Poulenc, Scriabin oder Satie und Chanson-Einspielungen, arrangiert von Eduardo Boechat, geht nicht nur ins Ohr, sondern verleiht der Handlung einen zeittypisch-atmosphärischen Rahmen, der wichtig zum Gesamtverständnis ist. So wie die Tanzschritte zackiger und eckiger werden, als Coco Chanels wohl eher unrühmliche Verwicklungen in der Nazi-Zeit in Frankreich Ende der 1930er und Anfang der 1940er Jahre und ihre Liebschaft mit Hans Günther von Dincklage thematisiert wird, so ändert sich auch die Musik. Breuer hat bewusst Arthur Honeggers Sinfonie gewählt, geschrieben im Kriegswinter 1941/42 wider die Obrigkeit und Gewalt.

    Zum Schluss wird's poetisch und versöhnlich. Breuer schließt den Kreis, den er in der ersten Szene begonnen hat, als Coco Chanel als elegante Frau Mannequins auftanzen lässt und der Stern am französischen Modehimmel ist. Da schon läuft das kleine Mädchen über die Bühne und sucht vergeblich nach „mon papa?“.

    Und am Ende, als Coco Chancel tot und im Modehimmel ist, da erfüllt ihr Breuer ihren größten Wunsch: Dass ihr Vater sie wieder aus dem Waisenhaus holt, in das er sie gebracht hatte. „Mon papa“ nimmt der kleinen Cocos Hand und geht mit ihr davon.

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