Wo kommt das Wasser her und wo staut es sich? Angeschoben von der Gemeinde-Allianz MainSteigerwald und unter fachlicher Mitarbeit des Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen haben sich die Gemeinden Volkach, Gerolzhofen, Sulzheim, Frankenwinheim, Lülsfeld, Oberschwarzach, Dingolshausen, Michelau und Kolitzheim in Sachen Hochwasserschutz zusammengeschlossen. Die Gemeinde Michelau mit Bürgermeister Siegfried Ständecke an der Spitze hat die Trägerschaft übernommen. Derzeit finden in der Region Untersuchungen statt, um herauszufinden, wie die große Flut, das so genannte Jahrhunderthochwasser, möglichst glimpflich ablaufen kann.
„HQ 100 frei“
Ziel ist es, an den Gewässern bauliche Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um die Gefahr von Überflutungen – nicht zuletzt auch ausgelöst durch den Klimawandel – in den Gemarkungen der Mitgliedsgemeinden zu reduzieren. „Gemeinsam soll es gelingen, besonders die Gebiete mit Wohnbebauung vor dem so Jahrhunderthochwasser zu schützen“, sagt Lothar Zachmann, der Bürgermeister von Dingolshausen und Vorsitzende der Allianz MainSteigerwald. Das Ziel lautet „HQ 100 frei“. Dies bedeute aber nicht, dass die Überschwemmungsgefahr dann generell und komplett ausgeschlossen sei. Letztlich ließen sich Naturereignisse, die von vielen Faktoren abhängig seien, nicht komplett vermeiden.
Das Hochwasserprojekt gliedert sich in zwei verschiedenen Phasen. Momentan befindet man sich noch in Phase eins. Das Fachbüro „ISB Ingenieure“ aus Laudenbach ist gerade dabei, die Gewässersituation zwischen Steigerwald und Main im Detail zu erfassen. Projektleiter Mario Pani ist in diesen Wochen in der Flur unterwegs, um den Volkachbach und weitere kleinere Bäche und Zuläufe unter die Lupe zu nehmen. Die von ihm festgestellten kritischen Bereiche, also Engstellen, wo es regelmäßig zu einer Stauung des abfließenden Wassers kommt, werden von ihm in Flurkarten eingetragen, mit GPS verortet und fotografisch festgehalten. Um Einblicke in schwer zugängliche Bereiche zu bekommen, setzt Pani für Luftaufnahmen auch eine Drohne ein. Falls das Fluggerät mal über bewohntes Gebiet fliegen muss, werden die Anwohner vorab darüber informiert.
Grundlagen für die Ausschreibung
Gleichzeitig sammelt Pani derzeit in Ortsgesprächen mit den Bürgermeistern und lokalen Fachleuten konkrete Vorschläge, wie und wo man beispielsweise Rückhaltebecken und Stauräume schaffen kann. Die so ermittelten Daten werden als Grundlage in die Ausschreibungsunterlagen einfließen, die bis Anfang 2019 der Allianz-Versammlung vorliegen sollen. Mit dieser von ISB und Mario Pani formulierten Ausschreibung wird dann ein Planungsbüro gesucht, das in der Phase 2 mit einer 3-D-Berechnung in die konkrete Planung und gemeinsam mit den Gemeinden in die Umsetzung des Hochwasserschutzes einsteigen wird.
Mit der Gemeinde Dingolshausen hat sich Mario Pani bereits abgestimmt. Die Brücke über die Volkach am östlichen Ortsrand mit ihren zwei kleinen Bögen ist bei Hochwasser die kritischste Engstelle. Beim letzten massiven Hochwasser führte der Rückstau dazu, dass das Wasser sich seinen Weg in die Dingolshäuser Hauptstraße suchte und viele Keller und Erdgeschosse vollliefen. Für Bürgermeister Zachmann ist klar, dass man spätestens in der Planungsphase 2 sich deswegen mit dem Staatlichen Straßenbauamt zusammensetzen muss, um eine Lösung zu finden, machte er bei einer Besprechung mit Pani und der Allianzmanagerin Carina Hein deutlich.
Rückhaltebereich am Bach
Ideal wäre es aber, wenn der erste Schwall des Hochwassers schon vor dieser Engstelle abgebremst würde. Lothar Zachmann hat deshalb dem Projektleiter die Idee eines großen Rückhaltebereichs zwischen Michelau und Dingolshausen etwa auf Höhe der Volkachmühle unterbreitet. Die Topografie dort sei ideal für ein Absperrbauwerk, das im Falle von Hochwasser nur so viel Wasser durchlasse, dass es für den Bach noch verträglich sei, den Rest aber erst einmal aufstaue. Zugleich müsse man auch daran denken, dass man mit dem Aufstauen von Wasser dann auch eine Option bekomme, um bei längerer Trockenheit Sonderkulturen bewässern zu können.
Solche möglichen Absperrbauwerke müssen draußen in der freien Natur optisch keineswegs auffallen, erklärt Projektleiter Pani. Ein drei Meter hoher „Damm“, der das Hochwasser zurückhalte, sei letztlich nicht mehr als ein sanfter Hügel, der sich langsam auf eine Länge von 30 Metern aufbaue. Eingebaute Rohre sorgen für eine geregelte Wasserabgabe.
Wasser aus dem Staatswald
Auch mit dem Michelauer Bürgermeister Siegfried Ständecke haben sich Mario Pani und Carina Hein bereits getroffen. Ständecke, der das Hochwasserprojekt für seine Gemeinde wichtiger einstufe als das parallel laufende Bewässerungskonzept der Allianz, habe betont, dass bei Starkregen das meiste Wasser aus den höher gelegenen Staatswaldgebieten komme, berichtet Hein. Noch direkt in den Waldungen könnte man mit relativ geringem Aufwand effektive Rückhaltemöglichkeiten schaffen, meint Ständecke.
Leider geschehe dies aber nicht. Es sei bedauerlich, so Carina Hein, dass die Bayerischen Staatsforsten sich nicht dem Hochwasserprojekt der Gemeindeallianz angeschlossen haben. „Wir haben offiziell angefragt und eine Absage erhalten.“ Und so habe man jetzt die ungute Situation, dass man erst auf Michelauer Gemeindegebiet mit Schutzmaßnahmen gegen die Flut beginnen könne, bedauert auch Bürgermeister Ständecke.
Gerechte Finanzierung?
Bleibt noch die Frage der Finanzierung. Unabhängig von der hohen staatlichen Förderung können auf die Gemeinden hohe Ausgaben zukommen, je nachdem, welche der empfohlenen Schutzprojekte auf ihrer Gemarkung dann in die Tat umgesetzt werden. Grundsätzlich muss jede teilnehmende Gemeinde die Baumaßnahmen, die in ihrem Bereich zum Schutz der eigenen Bewohner erfolgen, auch selbst finanzieren. Denn die Allianz MainSteigerwald kann nicht als Bauherrin auftreten und ist auch nicht förderfähig.
Ungeachtet des Appells des Dingolshäuser Bürgermeisters Lothar Zachmann, die am Hochwasserschutz teilnehmenden Kommunen sollten sich solidarisch untereinander zeigen, könnte aber die Gefahr bestehen, dass die Gemeinden am Unterlauf der Gewässer kaum noch Notwendigkeiten für eigene teuere Schutzmaßnahmen sehen, wenn die Kommunen am Oberlauf ihre Hausaufgaben schon erfüllt und so bereits für eine deutliche Entspannung der Hochwassersituation gesorgt haben. Oder anders ausgedrückt: Gemeinden am Unterlauf würden in den Genuss des Hochwasserschutzes kommen, ohne sich selbst finanziell daran beteiligt zu haben.
Zweckverband wäre eine Lösung
Dieses Szenario will auch Lothar Zachmann nicht ganz von der Hand weisen. Als eine mögliche gerechte Lösung mit einer solidarischen Kostenbeteiligung aller Teilnehmer erachtet er die Bildung eines Zweckverbands. Diesem Zweckverband würden alle Gemeinden angehören, der Verband würde als Bauherr aller Hochwasserschutz-Projekte auftreten und könnte auch Empfänger der staatlichen Zuschüsse sein. Intern würden sich die Kommunen nach einem festzulegenden Verteilerschlüssel an der Finanzierung des Zweckverbands beteiligen. „Es macht aber letztlich erst Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, wenn in der Phase 2 die konkreten Vorschläge für Baumaßnahmen auf dem Tisch liegen“, macht Zachmann deutlich.