Die Herbertsmühle am Hörnaubach. Rein äußerlich ein Konglomerat von historisch und modern. Alte Bausubstanz, die bis ins 13. Jahrhundert zurückgeht, bis hin zu einem Siloturm aus dem 20. Jahrhundert. Für den ursprünglichen Zweck des Mahlens gebraucht wird beides nicht mehr. Denn nur die in die Silomauern eingearbeiteten Mühlsteine und die Lage am Bach deuten noch darauf hin, dass hier einmal eine wichtige Mühle stand.
„Man braucht keine kleine Mühlen mehr, die Menschen befinden sich in andern Welten“, schrieb Johann Herbert, Sohn der Besitzerin Christine Herbert, 1980 in einem melancholischen Gedicht über das Ende der Mühlen und der Dorfidylle. Der donnernde Starfighter am Himmel hat bereits „Bachstelze, Spatz und Meise“ am Bach vertrieben und übertönt das eintönige Mahllied. Als das Gedicht entstand, war dieses Mahllied auch in Brünnstadt für immer und ewig verstummt. Denn der letzte Müller, Albin Herbert, stellte den Betrieb der Mühle Ende der 70-er Jahre ein.
Gedichtschreiber Johann Herbert entstammt der Zeilitzheimer Familie, der die Brünnstädter Mühle seit 1889 gehört. Der letzte Müller verkaufte die Mühlentechnik allerdings ganz prosaisch nach Afrika. Auch das Kornsilo fand einen neuen Nutzer. Heute lebt mit Christine Herbert nur noch eine Bewohnerin in dem Komplex.
Legt man die erste urkundliche Erwähnung zugrunde, dann ist die Brünnstädter Mühle in diesem Jahr 550 Jahre alt. 1261 taucht sie zum ersten Mal in Quellen auf und wurde dabei als Vorwerk bezeichnet, das Müller gepachtet hatten. Anfangs zahlten die
Pächter in Naturalien, später in barer Münze. In dieser Zeit gehörte die Mühle dem Zisterzienserkloster Ebrach, das sie am künstlichen Bachlauf erbaut hatte. Der wurde von der Volkach abgeleitet, in die er kurz nach der Mühle wieder einmündet.
Mühlen hatten im ausgehenden Mittelalter eine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Deshalb lag auf ihnen der sogenannte Mühlenfrieden. Am Getreide und an der Einrichtung der Mühle begangene Diebstähle wurden mit besonders harten Strafen geahndet. Nur vermögende Leute oder eben Klöster konnten sich den teuren Mühlenbau leisten. Sie brachten damit die Menschen der Umgebung in eine gewisse Abhängigkeit. Der Mühlenzwang verpflichtete auch in Brünnstadt die Bauern der Umgebung zur Nutzung der heutigen Herbertsmühle.
Für das Ebracher Kloster war die Mühle ein einträgliches Geschäft. Im Urbar (Verzeichnis über Besitzrechte eines Grundherrn und Leistungen seiner Grunduntertanen) des Klosters von 1340 sind die Abgaben aus der Mühle besonders erwähnt. Hans Weiglein, Bürger der benachbarten Stiftsstadt Gerolzhofen, erwarb 1494 „die Mühle zu Brünnstadt samt all ihren rechten und Gewohnheiten vom Hochwürdigsten Herrn Abt zu Ebrach als Lehen“.
Ein anderer Müller war Hans Hummel, der sich 1563 wegen „gestohlener Gäul“ vor dem fürstbischöflichen Centrichter in Gerolzhofen verantworten musste. Pferdediebstahl zählte einst zu den Kapitalverbrechen, deswegen ließ ihn das Centgericht „in verhaft nehmen“.
1590 schien der Müller Andreas Jünger seinen Verpflichtungen beim Säubern des Wassergrabens nicht ordentlich nachzukommen. Nachdem er mehrmals vergeblich dazu aufgefordert worden war, erhielt er eine stattliche Geldstrafe. Bereits ab 1573 gab es eine Bach- und Mühlordnung für die Volkach und ihre Nebenläufe, die Fürstbischof Julius Echter erlassen hatte.
Bildstock erinnerte an Mönchstod
Bei Vermessungsarbeiten kam 1591 ein Mönch des Klosters Ebrach ums Leben. Daran erinnerte ein Bildstock gegenüber der Mühle an der Straße nach Herlheim. Zum Gedenken an diesen Tod entstand ein so genannter Gnadenstuhl, ein Holzrelief der Kreuzigung mit den Assistenzen Maria und Johannes, darüber Gottvater mit der Papstkrone. Bis 1974 stand dieses Kleinod ungesichert am Straßenrand. Dann wurde es gestohlen. Doch der offensichtliche reumütige Täter gab den Gnadenstuhl zurück. Der Landkreis Schweinfurt ließ das Kunstwerk restaurieren und überließ es 1993 als Dauerleihgabe dem Stadtmuseum Gerolzhofen.
Mit der Säkularisation und dem Ende der geistlichen Herrschaft 1803 ging die Mühle nach fast 500 Jahren in Klosterbesitz in private Hände über. Für die Zeit von 1803 bis 1889 ist wenig überliefert von dieser Mühle. Das Gemeindearchiv für Brünnstadt enthält allerdings einen Hinweis über einen Rechtsstreit der Gemeinde gegen einen Müller namens Valentin Weißensee aus Brünnstadt, der sich von 1848 bis 1857 hingezogen haben soll.
Heute liegt das Anwesen etwas verträumt zwischen mächtigen Pappeln, noch immer durchflossen vom Mühlbach, der sich aber seine Kraft sparen kann, weil er kein Mühlrad mehr antreiben muss. Ein liebevoll gestalteter Garten steigert das Idyll. Das alte Mühlenschild ist längst verwittert und kaum noch lesbar. Aber es hängt noch an seinem Platz.