Genau 60 Jahre rollten die Züge zwischen Rottershausen nach Stadtlauringen. In Betrieb genommen wurde die Strecke am 1. August 1900, bevor sie vor 50 Jahren wieder stillgelegt wurde. Die Erinnerungen an den sechs Jahrzehnte dauernden Betrieb auf den Schienen sollen beim Pfarrfest am kommenden Sonntag in Rothhausen wieder aufleben. An diesem Tag wird das dortige Bahnhäuschen geöffnet und eine Ausstellung mit vielen Bildern, Diashow und Modelleisenbahn soll die Bürger über die ehemalige Bahnverbindung informieren.
Bernhard Schmidt aus Stadtlauringen hat sich besonders intensiv mit dem Thema befasst. Er hat bereits vor zehn Jahren ein Modell der Schienenführung des Stadtlauringer Bahnhofs erstellt. Er wird nun auch die Informationen über die Bahnverbindung übernehmen. Der 62-Jährige sammelt seit Jahren alle Informationen über die Ortsgeschichte von Stadtlauringen – und dazu gehört natürlich auch die Geschichte über die Bahnstrecke und den Bahnhof Stadtlauringen.
Bei seinen Recherchen wurde Schmidt von vielen Stadtlauringern unterstützt, mit Bildern und Infos vom Bau über den Betrieb bis hin zur Stilllegung der Bahnstrecke, die damals von Rottershausen über Rannungen, Poppenlauer, Maßbach, Rothhausen bis nach Stadtlauringen führte.
Seit seiner Kindheit befasst sich Schmidt mit Modelleisenbahnen und hat nicht nur den Stadtlauringer Bahnhof nachgebaut, sondern besitzt neben vielen anderen auch die Modelle der Züge, die auf dieser Strecke fuhren. Es waren allesamt Dampflokomotiven und die hatten früher mit der knapp 17 Kilometer langen Strecke ganz schön zu kämpfen, erzählt Schmidt. Denn auf dem Weg von Rottershausen nach Stadtlauringen mussten sie einige starke Steigungen und enge Kurven bewältigen. Die Strecke bei Poppenlauer beispielsweise stieg auf 34 Meter um einen Meter an – sehr steil für eine Eisenbahn.
Die Züge seien „Lauermärt“ genannt worden, erzählt Schmidt. „Lauer, weil sie die Lauer entlang fuhren“, sagt er. Warum man sie „Märt“, was für Martin steht, nannte, habe er noch nicht herausfinden können, erklärt Schmidt weiter. Und es gab noch einen anderen Spezialnamen. „Bei einem der Züge war immer etwas kaputt, weswegen es auf der Strecke gebockt hat“, sagt Schmidt und schmunzelt: „Deswegen nannte man es nur Bockerlä.“
Schmidt hat viele Informationen über den Bahnhof und die Züge gesammelt. So kann er zum Beispiel auch sagen, dass ein Arbeiter beim Bau der Strecke im Jahr 1899 in der Stunde 25 Pfennig Lohn bekommen hat. Eine Maß Bier kostete damals übrigens acht Pfennig, sagt Schmidt.
Bis zu viermal täglich fuhren die Personenzüge. Hinzu kamen die Gütertransporte. Von den Bürgern wurden die Personenzüge rege genutzt, weiß Schmidt. Denn für manche waren sie die einzige Verbindung zur Außenwelt. Irgendwann habe sich die Bahnstrecke aber nicht mehr rentiert, weil die Leute auf den Bus mit direktem Weg nach Schweinfurt umstiegen. So wurde die Bahnverbindung 1960 eingestellt.
An diesem Sonntag sollen die Erinnerungen, an „Lauermärt“ und „Bockerlä“ am Rothhausener Bahnhäuschen wieder aufleben. Im Ort stellte im Übrigen über Jahrzehnte die bekannte Firma Pola Eisenbahn-Modelle her: Es hatte unter anderem Bausätze jener Rothhausener Haltestelle und des BayWa-Lagerhauses in Stadtlauringen im Programm.