Es ist ein eiskalter Wintermorgen in diesem Januar. Tafel-Fahrzeuge aus dem gesamten nordbayerischen und südthüringischen Raum parken auf dem Hof bei Pabst Transporte rund um einen Kühllaster des Unternehmens. Ein Staplerfahrer entlädt palettenweise Joghurt-Kartons und verteilt sie unter den Anwesenden. Alles läuft ruhig und gesittet ab, denn hier hat ein Profi das Sagen: Gerhard Kirchner (74) war in seinem Berufsleben Logistikchef bei der Deutschen Star, jetzt ist er Leiter der Logistik bei den Tafeln in Nordbayern – und weit darüber hinaus.
„Unser weitest entfernter Abnehmer kommt aus Herzberg/Elster“, erzählt Kirchner. Der reist damit 360 Kilometer an, wenn es in Gochsheim etwas zu verteilen gibt. Und das ist durchaus häufiger der Fall – rund 2000 Paletten im Jahr werden auf den Speditionshöfen von Pabst und Logwin im Industriegebiet der Gemeinde für die Tafeln umgeschlagen. Nicht nur Joghurt natürlich, sondern auch Tiefkühl-Pizzen, Getränke, Schokolade, Gewürze und anderes mehr. „Das Problem ist nicht nur der Transport, sondern oftmals auch die Lagerung“, sagt Kirchner; er schätzt die unbürokratische Unterstützung durch die regionalen Spediteure, die – meist gegen Spendenquittung – dafür sorgen, dass die Kühlkette nicht unterbrochen und Trockenware nicht feucht wird.
„Pro Jahr verteilen wir Waren im Wert von mehr als eine Million Euro.“
Gerhard Kirchner, Logistikleiter Tafeln Nordbayern
An diesem Januartag werden 33 Paletten Joghurt der renommierten Naabtaler Milchwerke umgeschlagen; kein Problem bei Frost, wenn man einmal von den kalten Fingern der Helfer absieht. Aber im Sommer, so Gerhard Kirchner, „muss das Zeugs binnen einer Stunde verladen und wieder auf der Straße sein.“ Denn Joghurt hält nicht ewig und auch diese Lieferung laut Mindesthaltbarkeitsdatum nur bis Mitte Februar – bei entsprechender Kühlung, versteht sich. In Kirchners Wohnhaus in Zell (Gemeinde Üchtelhausen) laufen organisatorisch alle Fäden zusammen. Via PC und Telefon hält er Kontakt zu seinen Großspendern, gelegentlich besucht er sie auch persönlich.
Die Naabtaler Milchwerke, Wagner Pizza, Nestlé oder Fuchs Gewürze sind ständige Lieferanten für die Tafeln in Nordbayern. Und ein Getränkehändler, dessen Spenden zwar sehr gerne gesehen sind, aber auch Arbeit machen: „Man kann sich gar nicht vorstellen, was für einen Aufwand es bedeutet, die Pfandflaschen in der ganzen Region wieder einzusammeln und an den Lieferanten zurückzuführen“, sagt Gerhard Kirchner. Um ihn herum stehen Kleintransporter der Tafelläden aus Würzburg, Hof, Marktheidenfeld... Doch. Man kann es sich vorstellen.
Aus gelegentlichen Lieferdiensten nur für die Schweinfurter Tafel hat sich unter der Regie des Landkreisbürgers binnen zehn Jahren ein beeindruckender Umschlagplatz für Bedürftige im Umkreis von rund 150 Kilometern entwickelt. 20 Tafeln werden hier zentral mit überregionalen Spendengütern versorgt, „pro Jahr verteilen wir Waren im Wert von mehr als eine Million Euro“, sagt Kirchner. Für ihn ist das „schon fast ein Fulltime-Job“, seine Mithilfe im Schweinfurter Tafelladen hat er deshalb schon aufgegeben. Bundesweit gibt es übrigens 30 Logistik-Verbünde der Tafeln, das Schweinfurter Modell war eines der ersten seiner Art, angelehnt an ein frühes Projekt in Feucht zur ressourcenschonenden Verteilung von Lebensmittelgroßspenden. Über die „Nürnberger Land Tafel“ rechnet Gerhard Kirchner heute auch seine Transport- und Nebenkosten ab.
Es dauert keine Stunde, dann sind die Joghurt-Paletten an diesem Wintertag verteilt und schon wieder auf der Straße. Friedhelm Dapper nimmt als Letzter die Ration für Schweinfurt entgegen. „Ich kann warten, ich habe den kürzesten Weg“, sagt er. Auch Gerhard Kirchner kehrt nach Hause zurück, stärkt sich kurz und macht sich gleich wieder an die Arbeit – neue Spenden akquirieren.