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SCHWEINFURT: Das Miteinander der Menschen

SCHWEINFURT

Das Miteinander der Menschen

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    Die handschriftliche Übersetzung Friedrich Rückerts der Ersten Sure „Die Eröffnende“.
    Die handschriftliche Übersetzung Friedrich Rückerts der Ersten Sure „Die Eröffnende“. Foto: Foto: Stadtarchiv Schweinfurt

    Im Stadtarchiv Schweinfurt werden zahlreiche Handschriften des Dichters und Orientalisten Friedrich Rückert (1788-1866) verwahrt, darunter auch seine Übersetzungen aus dem Koran. Rückert begann sich in seiner Coburger Zeit um 1823 mit dem Koran zu beschäftigen, eine vollständige Übersetzung plante er zunächst jedoch nicht.

    Im Stadtarchiv befinden sich verschiedene Manuskriptkonvolute Rückerts zum Koran mit insgesamt einigen hundert Seiten Übersetzungsproben vor allem aus den Jahren um 1823 und 1839, die Rückert zur Veröffentlichung vorgesehen hatte.

    Übersetzungen des Koran in andere Sprachen gelten vielen Muslimen als Verfälschung, denn der Koran wurde dem Propheten Mohammed (ca. 570-632) als „Wort Gottes“ auf Arabisch offenbart und daher ist die Sprache des Korans Arabisch. Nach islamischer Überlieferung hat Mohammed im neunten Monat des islamischen Kalenders, dem Monat „Ramadan“, die ersten Offenbarungen empfangen.

    Diese wurden später unter dem Kalifen Uthman (574-656) kanonisch im heiligen Buch der Muslime – dem Koran – festgehalten. „Koran“ (arab. Qur´an) bedeutet so viel wie „Vortrag“ oder „Lesung“ und die auswendige mündliche Weitergabe des Koran hatte lange Zeit Vorrang vor einer Verschriftlichung.

    Zweisprachige Verbreitungen für nichtarabische Muslime

    Eine gedruckte Ausgabe des Koran in arabischer Sprache erschien zuerst in Europa, und zwar 1537/38 in Venedig. Eine weitere Ausgabe in arabischer Sprache, besorgt durch Abraham Hinckelmann (1652-1695), erschien 1694 in Hamburg. Heute gilt die 1923 von der Azhar Universität in Kairo herausgegebene Fassung als Standardausgabe des Koran.

    Zum besseren Verständnis für nichtarabische Muslime fanden ab dem 9. Jahrhundert zweisprachige sog. „Interlinearversionen“ Verbreitung, in denen zwischen den Zeilen des arabischen Originaltextes die Bedeutung der Wörter in der anderen Sprache geschrieben wurde. Gleichwohl wurden im Westen Übersetzungen des Korans angefertigt: Petrus Venerabilis (1092-1156) ließ 1142/43 eine lateinische Übersetzung in Toledo (Spanien) anfertigen. Diese bildete die Grundlage für weitere Übersetzungen in europäische Sprachen: 1547 wurde der Koran in die italienische, 1616 in die deutsche (Nürnberg: Halbmayer, 1616) und 1641 in die holländische Sprache übersetzt. Eine direkte Übersetzung aus dem Arabischen erschien zuerst 1647 in Paris. In Deutschland legte David Friederich Megerlin (1699-1778) „Die türkische Bibel“ (Frankfurt, 1772) vor.

    Friedrich Rückert übersetzte erste Koranverse für seine Übertragung von Teilen aus dem persischen „Alexander-Roman“ (pers. „Iskander-name“) des Dichters Nezami (auch Nizami, um 1141-1209). Als Quellen nutzte er eine lateinische Übersetzung aus dem Jahr 1698 von Ludovico Marracci (1612-1700) sowie die bereits erwähnte arabische Ausgabe von Abraham Hinckelmann von 1694.

    An seinen Freund Gustav Schwab (1792-1850) schrieb er im Februar 1823: „Das Persische ist mir schon gar geläufig, aber es ist auch so leicht. Das Arabische habe ich noch nicht völlig unterjocht; diesen Winter hab‘ ich den Koran gründlichst durchstudirt. Als poet. Abfälle davon sind mehrere übersetzte Stücke entstanden, in der poet. Prosa, gereimt und assonirend, wie das Original.“

    Keine Veröffentlichung zu Lebzeiten von Friedrich Rückert

    Der Koran ist nicht nur das heilige Buch der Muslime, sondern zeichnet sich auch durch einen eigenen sprachlichen Stil aus. Die einzelnen Suren sind in Reimprosa (arab. Sadsch‘) gehalten, d. h. mehrere Verszeilen enden in einem bestimmten Reim. Rückert näherte sich mit seinen Übersetzungen der Suren so weit wie möglich an Metrum und Reimschema dem Original an.

    Trotz intensiver Beschäftigung mit dem Koran und wiederholten Versuchen, das Projekt in Druck zu befördern, kam es zu Rückerts Lebzeiten nie zu einer Veröffentlichung seiner „Koranproben“. Erst zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 1888 wurde von dem Orientalisten August Müller (1842-1892) eine Drucklegung des umfangreichsten – und heute im Stadtarchiv Schweinfurt verwahrten – Manuskriptes besorgt. Allerdings enthielt diese Ausgabe eine Reihe von Fehllesungen, die erst 1995 für eine Neuausgabe des Ergon Verlag von dem Orientalisten Hartmut Bobzin (*1946) bereinigt wurden.

    Auch in der aktuellen politischen Diskussion in Deutschland kann eine Rückbesinnung auf Friedrich Rückert und sein Verständnis der „Weltversöhnung“, die er auch durch seine Rezeption des Koran zu erreichen suchte, helfen, das heute so wichtige Miteinander zwischen den Menschen zu befördern.

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