Im Jahre 1771 beginnt die Liste der bekannten Vorbesitzer. Das Haus selbst ist um 1725 erbaut worden, der Keller darunter stammt gar aus dem 16. Jahrhundert. Das haben die Untersuchungen ergeben, die immer dann gemacht werden, wenn die Stadt Schweinfurt ein Objekt im Rahmen der Altstadtsanierung kauft.
Handwerker lebten hier, Büttner, ein Knopfmachermeister, Schneider, Schuhmacher, Maurer. Der erste Gastwirt in den Jahren 1795 bis 97: Johann Adam Philip Stößel, der sich auch als Künstler und Maler bezeichnete. Im Jahre 1904 taucht das Schweinfurter Brauhaus erstmals als Besitzer auf, der Name "Gemütlichkeit" erstmals 1913. Bis zum Zweiten Weltkrieg sind selten mehr als vier Bewohner aufgeführt, Anfang der 50er - die Stadt war zerstört - wurde es eng: Bis zu zehn Personen teilten sich die drei Geschosse, vermutlich auch den Raum der Gaststätte, die erst 1955 wieder genannt ist.
Lange galt die "Gemütlichkeit" als sichere Adresse für gutbürgerliche Küche, doch irgendwann nach einem Betreiberwechsel ließ die Qualität nach. Das Essen stand wohl nicht mehr im Vordergund, von leichtbekleideten Damen erzählten Nachbarn, Menschen, die Geld gleich bündelweise 'raus und 'reintrugen wurden gesehen, Geldwäsche, munkelte man. Im ersten Stock sollen sogar Hammel gehalten worden sein, und die Zahl von zwölf Personen, die 1996 unter der Adresse gemeldet waren, mag eine Verwahrlosung des Gebäudes auch begünstigt haben. 1998 schließlich machte die Gewerbeaufsicht die Küche der Gaststätte zu.
"Das war hier nicht mehr die erste Adresse", formuliert Karin Fuchs von der Sanierungsstelle. Schon seit 1994 wollte die Stadt das Haus zur Sanierung kaufen, 1999 schließlich wurde man mit dem Besitzer, einer Immobiliengesellschaft, handelseinig. Es folgten die ersten Untersuchungen, die Jahresringuntersuchung ergab, dass das älteste verbaute Holz von 1725 stammt, doch von alter Ausstattung war so gut wie nichts mehr übrig. Der Zustand des Hauses war schlecht, einige Mansardbalken waren kaputt, die Decken über Erdgeschoss und erstem Stock trugen nicht mehr. Mit Stückwerk und schlechten Materialien hatten sich die Bewohner über die Jahrzehnte geholfen. Jetzt musste eine große Lösung her, wobei das Haus nur unter Ensembleschutz steht, das heißt, es muss sich in sein historisches Umfeld einfügen. Im Inneren hat der Besitzer - denkmalpflegerisch gesehen - freie Hand.
Ein Nachbesitzer war bald gefunden. Der Finanzfachwirt Bernd Wagner hatte damals sein Büro schräg gegenüber, und "nach einigen Litern Tee, die wir mit Frau Fuchs getrunken haben", herrschte Einigkeit über das Sanierungskonzept: Aus der Bruchbude sollte wieder ein ansehnliches Stadthaus werden, unter Erhaltung des historischen Äußeren, aber mit zeitgemäßem Inneren. 2002 also kaufte Wagners Frau Iris das Haus - nachdem der Stadtrat das Konzept abgesegnet hatte. Derzeit ist die Sanierung in vollem Gange.
"Es sah schlimm aus hier drin", erzählt Bernd Wagner beim Ortstermin zusammen mit Karin Fuchs und Architekt Klaus Eiring. Das Erdgeschoss ist längst leer geräumt, aber Reste der alten braunen Kacheln an den Wänden lassen die dunkle und stickige Atmosphäre der Gaststätte erahnen.
"Zuerst wollten wir das Haus völlig entkernen", erzählt Eiring. Aber ohne die maroden Zwischendecken wären möglicherweise die Außenwände eingebrochen. Also ersetzte man die Decken segmentweise, Stück für Stück, Meter für Meter. Außerdem ließ der Architekt im ersten und zweiten Stock eine zweite Schale aus Ziegeln innen entlang der Außenmauern errichten, die das von Jahrhunderten deformierte Fachwerk stützt und teilweise begradigt. Voll des Lobs für die Zusammenarbeit mit der Sanierungsstelle sind sowohl Wagner als auch Eiring, die durchblicken lassen, dass der Umgang nicht mit allen Behörden immer so unproblematisch sei.
Auf einer Grundfläche von etwa 80 Quadratmetern entstehen Räume für ein Ladenlokal im Erdgeschoss und zwei Dreizimmerwohnungen, die vermietet werden sollen. Der - aus der Städtebauförderung bezuschusste - Abbruch der völlig verwahrlosten Rückgebäude hat Raum geschaffen für eine Erweiterung des Hauses nach hinten, in der das Treppenhaus und die Küchen unterkommen - was wiederum erlaubt, die Fläche des Vorderhauses optimal zu nutzen. Da Eiring sich für einen stützenfreien neuen Dachstuhl entschieden hat, der nach außen weitgehend die Anmutung seines historischen Vorgängers beibehält, ist auch die obere Wohnung frei von tragenden Innenwänden. Die Unterteilung der Räume wird in Trockenbauweise erfolgen, ohne statische Zwänge. Architekt Klaus Eiring hat die Zimmer bereits geplant, sollte sich aber bereits jetzt ein Mieter finden, der andere Vorstellungen hat, so könnten diese noch umgesetzt werden, betont Bernd Wagner.
Für das Erdgeschoss können sich Wagner und sein Schwiegervater Manfred Völkl, der mit seiner Frau Eleonore eine der Wohnungen übernehmen wird, ein Tagescafé vorstellen. Ihre Frauen sind allerdings dagegen. Ob es im Zürch also wieder eine Gaststätte "Gemütlichkeit" geben wird, ist noch offen.