Im Beisein eines Großaufgebots an lokaler Prominenz wurde am Mittwochnachmittag hoch oben am Handthaler Stollberg der neue „terroir f-Punkt“ seiner Bestimmung übergeben. An diesem „magischen Ort des Frankenweins“ wurde der bestehende Treppenaufstieg von den Weinbergen hoch zur Ruine in einen „Weinweg der Erkenntnis“ umgebaut.
Insgesamt sollen zwölf Plätze mit dem sperrigen Namen „terroir f“ überall in Weinfranken entstehen. Doch die Umsetzung gestaltet sich schwierig. Seit vier Jahren versucht man nun schon, dieses vom Fränkischen Weinbauverband, der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, der Fränkisches Weinland Tourismus GmbH und vom Tourismusverband Franken entworfene Konzept an den Mann zu bringen – doch vielerorts gibt es erheblichen Widerstand.
Dies liegt nicht nur an der Bezeichnung „terroir f“, mit dem die breite Bevölkerung überhaupt nichts anfangen kann, sondern auch an den Entwürfen und den damit verbundenen hohen Kosten, wie die verschiedenen „magischen Orte“ gestaltet werden sollen. Vor Handthal sind deshalb bislang nur bei Iphofen, Sommerhausen und an der Vogelsburg solche „terroir f-Punkte“ entstanden.
Ursprünglich größere Pläne
Auch der jetzt am Stollberg entstandene „Weinweg der Erkenntnis“ ist nur eine Mini-Version ursprünglich hochfliegender Pläne. Denn eigentlich sollte oben in der Nähe der Burgruine von einem Pavillon aus ein sechs Meter langer und 1,5 Meter breiter, über dem Hang schwebender Steg gebaut werden. Ein „Skywalk“. Und vor einem riesigen Spiegel an der Außenwand des Pavillons hätte man von einem Thron aus einen Blick ins fränkische Land werfen können. Diese Pläne waren wegen der hohen Kosten und des erheblichen Widerstands der Bevölkerung im Jahr 2013 wieder fallen gelassen worden. „Es waren nicht alle Beteiligten unter einen Hut zu bringen“, blickte Oberschwarzachs Bürgermeister Manfred Schötz in seiner Begrüßung zurück.
Hermann Kolesch, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim und einer der Väter der „terroir f-Punkte“, sagte in seinem Grußwort, er habe in den vergangenen Jahren die Streitkultur in den fränkischen Gemeinderäten durchaus kennenlernen dürfen. Es sei aber wichtig, dass jeder der Standorte gemeinsam mit den Menschen vor Ort entwickelt werde. In einer Zeit der Selfie-Schnappschüsse müsse man bei den Gästen auch neue Bilder einbringen. „Wir müssen dem Zeitgeist neue Bilder geben.“
Auch Arthur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbands, unterstrich die Wichtigkeit des Projekts. „Wir Einheimische kennen diese schönen Orte, die Gäste aber nicht.“ Deshalb müsse man die Fleckchen aufwerten, „die etwas aus den Augen geraten sind“.
Pfarrer Stefan Mai, der zusammen mit seinem evangelischen Amtsbruder Jörg Zehelein den neuen Weinweg segnete, nutzte seine kurze Ansprache, um den Verantwortlichen einige Kritik ins Stammbuch zu schreiben. Warum müsse man an der Stollburg von einem „magischen“ Ort sprechen? Warum brauche man ein französisches „Terroir“ mit einem geheimnisvollen „f“? „Wenn ich hier oben stehe und in unser schönes fränkisches Land schaue, da kommt mir kein Französisch in den Sinn und ich werde auch nicht magisch elektrisiert, ich werde schlicht und einfach andächtig“, sagte der Pfarrer.
Innenstaatssekretär Gerhard Eck, in der Programmfolge der nächste Redner nach Stefan Mai, dankte dem Pfarrer ausdrücklich für seine „wunderbare Ansprache“ und drückte damit zwischen den Zeilen ebenfalls Kritik an der Begrifflichkeit der gesamten Aktion aus. Er wehrte sich auch gegen die Behauptung Steinmanns, der Handthaler Stollberg sei in der Vergangenheit etwas aus dem Blickwinkel geraten. Die Menschen hier seien immer eng verbunden mit diesem wunderbaren Ort, „nun hat unsere Liebe nur ein neues Kleid bekommen“.
Die neue Fränkische Weinkönigin Christina Schneider berichtete in ihrer freigehaltenen, rhetorisch brillanten Rede von ihrem jüngsten Besuch auf Frankens höchstem Weinberg. Sie habe die Tiefe und Weite der Landschaft genossen, alle Sorgen und belastende Gedanken seien wie weggeblasen gewesen. Der neue „terroir f-Punkt“ sei eine weitere Perle am Schmuckstück Franken.
Die Marktgemeinde-Weinprinzessin Anne Ruppenstein stellte mit Zufriedenheit fest, dass Handthal sich nun einreihe in die Liste der bedeutendsten Weingebiete Frankens.
Thomas Sauerbrey, Inhaber des Handthaler Brunnenhofs, sprach in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Tourismus-Aktion-Teams Oberschwarzach (Tato). Das Team mit seinen rund 20 Mitgliedern habe das Projekt mit 10 000 Euro finanziell unterstützt und sei anteilsmäßig damit der größte Geldgeber. Tato habe in den vergangenen Jahren Geld angespart, das ursprünglich für einen Weinwanderweg eingeplant gewesen sei. Als aber die Idee eines „terroir f“-Projekts geboren wurde, habe man gerne das Geld dafür zur Verfügung gestellt.
Die stellvertretende Schweinfurter Landrätin Christine Bender bezeichnete den Stollberg als eines der schönsten Fleckchen im Landkreis, „wie geschaffen für einen magischen Ort“. Weitere Grußworte sprachen Marcel von den Benken (Staatlicher Hofkeller Würzburg) und Daniel Steuer (Bayerische Staatsforsten).
Für die musikalische Umrahmung sorgte die Steigerwaldkapelle aus Oberschwarzach.
ONLINE-TIPP
Mehr Bilder und ein kurzes Video von der Eröffnung des „terroir f-Punktes“ unter: www.mainpost.de/schweinfurt
Der neue „Weinweg der Erkenntnis“
Die Weinlage „Handthaler Stollberg“ unterhalb der bekannten Burgruine ist mit einer Höhe von rund 440 Meter über Meeresspiegel die höchste Weinlage in Franken.
Hier gibt es nun einen von zwölf geplanten terroir f-Punkten.
Als „Weinweg der Erkenntnis“ wird nun der sanierte Treppenaufgang hoch zur Ruine bezeichnet. Es wurde ein 190 Meter langer Handlauf aus Metall installiert, auf dem auf einer Folienbeschichtung die Weltgeschichte des Weinbaus mit wichtigen Jahreszahlen und Entwicklungsschritten nachzulesen ist. An einer Hörstation erfährt man geschichtliche Daten über die Stollburg. Die Gesamtkosten des Umbaus und der Installation betragen rund 55 000 Euro. Hierzu gibt es seitens der staatlichen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim 50 Prozent Zuschuss. Der Rest wird von Sponsoren aufgebracht.
Thomas Sauerbrey vom Tourismus-Aktion-Team Oberschwarzach (Tato) bedankte sich anlässlich der Eröffnung bei allen Unterstützern und Sponsoren. Es sind dies:
Tato, Gemeinde Oberschwarzach, Zweckverband Schweinfurt 360°, Tourist-Information Gerolzhofen, Region Main-Steigerwald, Weinbauverein Gerolzhofen, Sparkasse Schweinfurt, Weinkellerei und Edelobstbrennerei Rebhann aus Kammerforst, Weinbaubetrieb Ruppenstein aus Oberschwarzach, Weingut Forellenhof aus Handthal, Restaurant-Weinstube-Café Stollburg, Gasthof Forellenhof aus Handthal, Weingut Groha aus Oberschwarzach,
Weingut Behringer mit Restaurant und Vinothek in Abtswind, Weingut Winzermännle aus Handthal, Privatweingut Schmitt aus Bergtheim, Weingut Dieter Laufer aus Bimbach, Weinbaubetrieb Schanz aus Mutzenroth, Weinkellerei & Edelobstbrennerei Martin Fischer aus Wiesentheid, Handthaler Volkssänger, Otto Schwab als Privatmann und das Gasthaus Brunnenhof in Handthal. (kv)
Was ist das „terroir f“?
Bei „Terroir“ haben selbst Menschen mit humanistischer Bildung Schwierigkeiten, den Begriff auf Anhieb zu verstehen.
Es ist ein ursprünglich aus Frankreich stammender Begriff aus dem Agrarbereich, von dem es in der deutschen Sprache kein eindeutig passendes Wort als Übersetzung gibt. Laut dem Internetlexikon Wikipedia beschreibt „Terroir“ die naturgegebenen Faktoren eines bestimmten Stückes Land. Diese wiederum beeinflussen die Eigenschaften der dort angebauten Kulturpflanzen.
Der Begriff „Terroir“ hat in den letzten Jahren in der Fachsprache der Winzer immer größere Verbreitung gefunden. Viele Winzer vertreten inzwischen die Philosophie, dass man den Boden, auf dem ihr Wein wächst, auch herausschmecken soll. Der Begriff ist im Zusammenhang mit Wein jedoch nicht einheitlich und eindeutig definiert.
Neben der Zusammensetzung des Bodens im Weinberg bestimmen das „Terroir“ unter anderem auch das örtliche Kleinklima mit seinen Niederschlägen sowie den Nacht- und Tagestemperaturen, der Sonneneinstrahlung und den Sonnenstunden. Hinzu kommt die Topografie des Geländes samt Bodenfeuchtigkeit und Bodendurchlässigkeit. Bei „terroir f“ steht der Kleinbuchstabe „f“ für das fränkische Terroir.
Das Projekt ist eine Marketingkampagne des fränkischen Weinbaus, um der Weintourismus-Werbung einen neuen Schub zu verleihen. Die Marke entstand aus der gemeinsamen Arbeit des Fränkischen Weinbauverbandes e.V., der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, der Fränkischen Weinland Tourismus GmbH und des Tourismusverbands Franken.