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Schweinfurt: Der Bund Naturschutz sorgt sich um das Stadtklima

Schweinfurt

Der Bund Naturschutz sorgt sich um das Stadtklima

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    Ein Beispiel eines steinernen Vorgartens in Schweinfurt.
    Ein Beispiel eines steinernen Vorgartens in Schweinfurt. Foto: Oliver Schikora

    Es gibt Momente im Leben von Richard Lindner, da könnte der Landschaftsarchitekt und Bund-Naturschutz-Mitglied in der Schweinfurter Kreisgruppe an seinen Mitmenschen verzweifeln. Ein Wintertag in Schweinfurt, eine Fahrt durchs Stadtgebiet. Der Bund Naturschutz hat eingeladen, auch als Reaktion darauf, dass die Stadtverwaltung nach dem Wegfall der Baumschutzverordnung im Sommer 2018 erklärte, aus ihrer Sicht gebe es im Moment keine übermäßigen Baumfällungen.

    Die Fahrt geht zu verschiedenen Punkten in der Stadt, zuerst in die Gartenstadt, hinter den Sportplätzen der Freien Turner. Da kann man wunderbar sehen, warum ein Naturschützer im Jahr 2019 kurz vor der Verzweiflung steht: Schotter im Vorgarten, versiegelte Flächen vor den Garagen, flächendeckend kein Grashalm, nichts. Einfach nur Steine, nicht mal eine Hecke. Lindner und BN-Kreisvorsitzender Edo Günther stehen vor dem Garten und schütteln nur leise seufzend den Kopf.

    Im Hitzesommer 2018 haben einige Platanen in Schweinfurt ihre Rinde fallen lassen.
    Im Hitzesommer 2018 haben einige Platanen in Schweinfurt ihre Rinde fallen lassen. Foto: Gerd Landgraf

    Dass kürzlich das Volksbegehren pro Artenschutz so erfolgreich war und der Umweltschutz so viele Menschen wie noch nie in der Geschichte des Freistaates zur Abstimmung brachte, ist die positive Seite der  Medaille. Vielen ist offenbar klar, dass die weltweit nachweisbare menschengemachte Klimaerwärmung uns auch vor Ort betrifft, dass sie die Artenvielfalt gefährdet und dass es kein besonders guter Plan wäre, wenn am Ende des Tages keine Bienen und andere Insekten zum Bestäuben mehr da sind.

    "Wir müssen viel mehr Bewusstsein schaffen, dass Bäume ein hohes Gut sind."

    BN-Vorstandsmitglied Richard Lindner 

    Die andere Seite der Medaille ist das konkrete Verhalten der Menschen in ihrem Umfeld. Schotterflächen in Vorgärten, um keine Arbeit mit dem Garten zu haben. Oder Mähroboter: Für den Gartenbesitzer bequem, aus ökologischer Sicht schlecht. Der Mähroboter unterscheidet nicht, ob er einen Grashalm kleinhäckselt oder einen Wurm oder einen Igel. "Wir sind Umwelt- und Klimaschützer, darum geht es uns", betont Edo Günther, und Richard Lindner fügt hinzu: "Es geht darum, die Menschen wach zu rütteln, zu sensibilisieren. Ein Baum ist in einer Stunde gefällt, er hat aber 30 Jahre gebraucht, bis man sagen konnte, das ist ein Baum." 

    Grundsätzlich für den Baumschutz sensibilisieren

    Günther und Lindner räumen auch mit einem Vorurteil auf, das Befürworter der Abschaffung der Baumschutzverordnung oft anbrachten: Natürlich geht es beim Thema Baumschutz nicht darum, grundsätzlich Baumfällungen zu verbieten. Bäume, die so groß vor Fenstern gewachsen sind, dass kein Licht mehr reinkommt oder deren Wurzeln Kanäle beschädigen, sollte man fällen dürfen. "Darum geht es uns nicht", so Lindner. Vielmehr um eine grundsätzliche Einstellung, die man auf der Fahrt durchs Stadtgebiet beobachten kann beim Blick auf das eine oder andere Grundstück: "Der Baum muss weg, weil er Dreck macht." Das sei absurd und kurzsichtig, betonen Lindner und Günther.

    Vor allem, wenn man sich an den heißen Sommer 2018 zurückerinnert und den Klimaexperten glaubt, die genau solche Sommer für die Zukunft vorhersagen. Städte wie Schweinfurt sind davon besonders in verdichteten Wohngebieten betroffen, die sich stärker aufheizen und viel mehr Grün bräuchten.

    Dieser Baum am Parkplatz eines Discounters nahe dem Rückert-Center war durch die Baumschutzverordnung geschützt, ist es nun nicht mehr. Aufgrund seiner Größe ist er aber wichtig für das städtische Klima.
    Dieser Baum am Parkplatz eines Discounters nahe dem Rückert-Center war durch die Baumschutzverordnung geschützt, ist es nun nicht mehr. Aufgrund seiner Größe ist er aber wichtig für das städtische Klima. Foto: Oliver Schikora

    Immer wieder wird darauf verwiesen, Schweinfurt habe doch 40 000 Bäume – darunter 25 000 im Besitz der Stadt – und deswegen könne es nicht so schlimm sein, wenn ein paar wegkämen. Lindner sieht das anders: "Der Wert eines Baumes wird viel zu wenig geschätzt." Für den Klimaschutz seien Bäume essenziell, ein Hektar Wald speichert über alle Altersklassen hinweg 13 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Eine ausgewachsene Buche produziert pro Tag Sauerstoff für 50 Menschen, Bäume filtern Staub, schlucken Lärm, spenden Schatten, befeuchten die Luft und sind mit ihren Kronen als Lebensraum für Insekten wichtig.

    Die Baumschutzverordnung hielten Lindner und Günther für gut, sie hatten den Stadtrats-Fraktionen auch einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Allein, sie fanden vor dem Bürgerentscheid im Januar 2018, der zwar pro Baumschutzverordnung ausfiel, aber wegen des nicht erreichten Quorums ungültig war, kein Gehör bei der CSU.

    Was gilt nun seit dem 1. Juli 2018? Das deutsche Naturschutzrecht. Das erlaubt zwischen 1. März und 30. September lediglich Pflegeschnitte, nur im Winterhalbjahr dürfen Bäume gefällt und Hecken stark zurückgeschnitten werden. Die Naturschützer bekommen immer wieder Hinweise, dass dies im Stadtgebiet geschieht, zum Beispiel vor Weihnachten auf dem Gelände der Gademannschen Villa. Doch genau quantifizieren können sie die Zahl der Fällungen noch nicht.

    Auch der Bund Naturschutz plädiert dafür, dass wenn ein Baum so viel Licht wegnimmt wie in diesem Beispiel eine Fällung möglich sein sollte.
    Auch der Bund Naturschutz plädiert dafür, dass wenn ein Baum so viel Licht wegnimmt wie in diesem Beispiel eine Fällung möglich sein sollte. Foto: Oliver Schikora

    Richard Lindner sieht das Argument der Stadt, die Bäume würden durch Bebauungspläne geschützt, skeptisch. Flächendeckend gebe es Bebauungspläne in Schweinfurt nämlich gar nicht. Erst vor wenigen Tagen zeigte sich im neuen Stadtteil Bellevue, dass der dortige neue Bebauungsplan auch keinen Schutz bietet: Einem Bauherren dreier Mehrfamilienhäuser wurde erlaubt, zwei bis zu 90 Jahre alten Pappeln zu fällen, weil deren Wurzeln zu nahe an der geplanten Tiefgarage wären. Für Richard Lindner ist eines ganz klar: "Wir müssen viel mehr Bewusstsein schaffen, dass Bäume ein hohes Gut sind." 

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