Mit der klassischen Wäscherei, die den Ursprung des traditionsreichen Familienunternehmens bildet, hat die Firma heute kaum noch etwas zu tun. Sie hat sich auf Berufskleidung und deren Vermietung spezialisiert. Sie wird sortiert, gereinigt, ausgebessert, gebügelt, verpackt und wieder ausgeliefert. Und wenn das Namensschild des Trägers verloren gegangen ist, sucht eine Mitarbeiterin das Ersatzstück aus einer Mappe und näht es wieder auf.
„Das ist das Herzstück“, deutet Mitgesellschafterin Daniela Richter-Kolbe auf das Lager. 25 Meter breit, vier Etagen hoch. Dort sind Arbeitsjacken im BayWa-Grün, Blaumänner mit dem Mercedes-Stern, weiße Kittel mit dem Edeka-Emblem und graue Latzhosen mit rotem Coca-Cola-Schriftzug gestapelt. In allen erdenklichen Größen. Namhafte Kunden aus der Region stehen in der Richterschen Kartei: FAG-Aircraft, Meßmer, Schäflein und so weiter.
Richter hat sich mit zwölf weiteren Mittelstandsunternehmen zwischen Kiel und Rosenheim zum Verbund „Deutsches Berufskleider-Leasing“ (DBL) zusammengeschlossen. Vergangene Woche war Gochsheim Gastgeber der Jahrespressekonferenz, in der die DBL zwei Dutzend Fachjournalisten aus der gesamten Republik von wachsenden Bilanzen berichtet hat.
198 Millionen Euro machen die 13 DBL-Firmen derzeit Umsatz, Richter hat einen Anteil von 5,7 Millionen. Das gesamte Volumen der professionellen Textilreinigung in Deutschland taxiert DBL-Geschäftsführer Dirk Hischemöller (Lüneburg) auf 3,5 Milliarden Euro, ein Drittel davon macht das Textil-Leasing aus. „Immer mehr Branchen erkennen, wie wichtig der Bereich Berufskleidung ist“, sagt Hischemöller.
Hintergrund sind die umfangreichen Normen und Vorschriften, die den Umgang mit Arbeitskleidung kompliziert machen. Dabei geht es um den Schutz der Beschäftigten und auch der Produkte. Bei der Herstellung von Lebensmitteln sind beispielsweise Kittel mit Außentaschen verboten: Es könnten Gegenstände in die Ware fallen. Sicherheitsanzüge mit Reflektoren dürfen nicht in üblichen Haushalts-Waschmaschinen gereinigt werden, weil die Leuchtstreifen an Wirksamkeit verlieren können.
„Das Leasing wächst“, sagt Hischemöller zufrieden und sein Kollege Andreas W. Merk ist optimistisch, trotz Wirtschaftskrise die Umsatzzahlen zu halten. Denn Berufskleidung ist immer mehr auch eine Frage des Firmen-Images. Monteure mit einheitlicher Kleidung und ordentlichem Aussehen seien für die Außenwirkung bedeutsam. Da macht auch Daniela Richter-Kolbe keine Ausnahme: Sie trägt im eigenen Betrieb die gleiche karierte Richter-Bluse wie die Wäscherinnen.
Dass sich 13 Firmen zur DBL zusammengefunden haben, kann deren Vorsitzender Geschäftsführer Louis Serrado nur Positives abgewinnen: gemeinsames Marketing, gemeinsamer Einkauf, gemeinsamer Informationsaustausch. Und die Akquise von Großkunden. So ist das Rote Kreuz bayernweit exklusiv bei DBL-Firmen unter Vertrag.
Auch beim Gochsheimer Betrieb Richter. Der vermietet daneben hauptsächlich ans Handwerk, an Lebensmittel- und Pharmaproduzenten. Und so ganz nebenbei ist er auch Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region. Wenn bei einem Kunden ein Mitarbeiter eingestellt oder gekündigt wird, klingelt sofort bei Richter das Telefon, um die Bekleidung zu ordern oder abzubestellen. „Bis jetzt haben wir noch keine Auswirkungen festgestellt“, sagt Daniela Richter-Kolbe angesichts der Wirtschaftskrise, rechnet aber mit einem zeitverzögerten Effekt im Herbst.
Für ihr Unternehmen sieht sie positiv in die Zukunft: In den Hallen ist noch viel Platz. In den nächsten fünf Jahren soll dort eine große Waschstraße entstehen, um noch mehr Kleidungsstücke verarbeiten zu können. „Ich bin stolz auf das, was wir in den vergangenen 20 Jahren geschafft haben.“