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Der und das Mensch

Gerolzhofen

Der und das Mensch

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    Es gibt Geschenke, die einen die Jahre über begleiten können. Wohl dem, der als Halb- oder Nicht-Franke im vergangenen Jahr ein Werk von über 600 Seiten erhielt, das den merkwürdigen Titel trägt „Handwörterbuch von Bayerisch-Franken“. Was bitte ist „Bayerisch-Franken?“ Dieses Gebilde hat die Bayerische Akademie der Wissenschaften konstruiert, der dieser Schmöker zu verdanken ist. Davon abgesehen – hat man sich erst mal durch die Liste der Abkürzungen durchgehangelt („ugs. = umgangssprachlich“), dann blättert man durch eine vergnügliche Fundgrube für alle, die Franken verstehen wollen. Denn dieser wendige und widersprüchliche Menschenschlag erschließt sich am ehesten über seine Mundart. Und diese zeichnet sich aus, durch eine überraschende Begriffsvielfalt eines einzelnen Wortes.

    Mädlesschmecker

    So ist eine Dausch entweder ein Mutterschwein oder eine dicke Frau, die auch „sexuell aktiv“ sein kann. Ein Zinken ist ein „zahnähnlicher Teil der Gabel“, aber auch „ein Fettauge auf der gekochten Milch“ und in ganz Franken eine „auffallend unschöne, meist ungewöhnlich große Nase“. Ein Frauenversteher wird im Fränkischen charmant mit „Mädlesschmecker“ umschrieben.

    Unsere Region pflegt die so genannten „unterostfränkischen Dialekte“, tummelt sich aber sprachlich auch im „Würzburger Übergangsstreifen“. Neben lokalen Besonderheiten ist darauf zu achten, dass die fränkische Zunge sich harten Konsonanten hartnäckig verweigert, so dass „d = t“ und „p = b“ gilt. Nehmen wir den Eintrag „Lumpes“. Er bedeutet im Gesamtfränkischen so viel wie „einer, der sich mit kleinen Rechtsverdrehungen durchs Leben bringt“, im Hassfurtischen auch „Lumpensammler“. In Mainstockheim ist es darüber hinaus noch eine liebevolle Anrede für ein Haustier: „Ja, da is ja mei Lumbes.“

    Pumpern und bumbern

    „Pumpern“ wird mit „bumbern“ widergegeben, was in ganz Franken „heftig klopfen“ heißt, während es in Gnodstadt (Lkr. Kitzingen) auch noch – mit Verlaub – „furzen“ bedeuten kann. Eine „Gliggn“ ist eine „Sippschaft, Bande“ und steht unter Clique. Einen der längsten Einträge hat „Nase“. Sie ist im Fränkischen nicht nur ein Geruchsorgan, sondern drückt Neugier aus oder Hochmut („Sei Nasn stäat hoach“), ist eine Umschreibung für Betroffenheit („Des it'n gewalti nei dr Nos'n gestieg'n“), gibt eine Richtung an („Dr Nasn nach“) und kann einen Tropfen herabgelaufener Farbe bezeichnen.

    So ald wird ka Sau

    Man „macht ke Mäus“ (man erzählt nichts Falsches), wenn man feststellt, dass der Franke Kraftausdrücke liebt, denen der Dialekt jedoch die Derbheit nimmt. Über fünf Seiten ziehen sich die Belege für das Wort „Sau, Säulein“ hin. Die Bedeutungen reichen unter anderen von Hausschwein bis Mensch („So ald wird ka Sau“), Dummkopf („bleda Sau“) bis zur As im deutschen Kartenspiel. „Lusche“ ist nicht nur eine Zuchtsau, eine alte, nicht mehr leistungsfähige Kuh, eine nichtzählende Karte, eine Fehlschuss, sondern auch eine Hure.

    Ausschweifende Personen

    Das Wort „Luder“ bezeichnet zunächst das Fleisch von gefallenem Vieh, dann aber auch „ausschweifende Person“, eine freche Person („a verdachdis Ludr, dia mog keener“, heißt es etwa in Neuses am Sand), ein uneheliches Kind oder auch einen Mann, der sein ganzes Geld vertrinkt.

    Für den echten Franken existiert sowohl „der Mensch“ als auch „das Mensch“. Er oder es ist laut Wörterbuch nicht nur ein Lebewesen, sondern als Neutrum (in der Mehrzahl: „die Menscher“) allgemein ein abwertender Begriff für ein weibliches Wesen, das gelegentlich sogar „hurenartig“ sein kann. („Des Mensch verdreht den ganzen Mannsbildern den Kopf“). Mensch kann aber laut Handwörterbuch einfach „Jemand“ bedeuten, im Sinne von „da soll sich ein Mensch auskennen“. Das gilt auch den facettenreichen Franken im Allgemeinen. Aber warum hat man den Begriff „Franke“ bzw. „Frangge“ in dem Wälzer von „Bayerisch-Franken“ ausgespart?

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