Im Jahr 1710 kam ein Johann Valentin Pressler mit seinen fünf Kindern auf einem Auswandererschiff in der Neuen Welt an. Sein Enkel Andreas, geboren 1733, änderte den Namen Pressler in Presley, vermutlich, weil das amerikanischer klang. Aber erst sein Urururururururenkel, ein gewisser Elvis Aron, geboren 1935, sollte es zu Weltruhm bringen.
1930 wurde in Schweinfurt Erich Pressler geboren. Erich Pressler und Elvis Presley sind einander nie begegnet. Das wäre dann doch ein zu großer Zufall gewesen. Dennoch verbindet sie möglicherweise eine gemeinsame Abstammung: besagter Johann Valentin Pressler stammte aus dem südpfälzischen Städtchen Niederhochstadt, eine Entdeckung, die für einiges Aufsehen sorgte, als zwei Ahnenforscher sie Ende der 1990er-Jahre publik machten. Auch in dieser Zeitung gab es damals die Schlagzeile „Elvis Presleys pfälzische Wurzeln“.
Erich Pressler, der heute in Bergrheinfeld lebt, bezeichnet sich selbst als alten Schweinfurter. Sein Großvater Valentin war allerdings ebenfalls ein Einwanderer, wenn er auch keine ganz so große Strecke zurücklegte: Der Schneider aus Niederhochstadt hatte sich als einziges Kind der Familie 1890 auf Wanderschaft begeben und war schließlich in Schweinfurt gelandet. Erich Pressler ist im Besitz der Urkunde, auf der Valentin 1896 die bayerische Staatsbürgerschaft zuerkannt wurde. In der Langen Zehntstraße besaß der Schneidermeister, der 1963 starb, ein vierstöckiges Haus, das im Zweiten Weltkrieg, wie die ganze Häuserzeile, zerstört wurde.
Ob Erich und Elvis tatsächlich denselben Urahn haben, ist nicht belegt. Bis heute ist der Name Pressler der häufigste in der Gemeinde Hochstadt, zu der die Ortsteile Niederhochstadt und Oberhochstadt 1969 zusammengefasst wurden. Es gibt Presslers, es gibt Preßlers, und es gibt sogar Bresslers – eine unfreiwillige Namensänderung, die vermutlich auf einen Standesbeamten zurückgeht, der allzu sehr im pfälzischen Dialekt dachte. Ein für Franken durchaus nachvollziehbarer Vorfall. Wenn man zudem in Betracht zieht, dass es im 18. und 19. Jahrhundert üblich war, pro Generation viele Kinder in die Welt zu setzen, erklärt sich die Unübersichtlichkeit der Verwandtschaftsverhältnisse noch zusätzlich.
„Es gibt mehrere Pressler-Clans“, sagt Erich Pressler, „die Familie ist weitläufig verzweigt und verstreut. Wie das dann also verstrickt war. . .“ Erich Pressler selbst wurde sich seiner Hochstädter Wurzeln erst 1990 so richtig bewusst, als er von einem Cousin auf das große Familientreffen „400 Jahre Pressler“ eingeladen wurde, zu dem 250 Leute kamen. Man feierte damals in der Turnhalle. Seither ist die Verbindung zur Familie wieder enger geworden: Einmal im Jahr besuchen Erich Pressler und seine Frau Edelgard wenn möglich den Stammort.
Dass Elvis von einem Pressler aus Niederhochstadt abstammt, ist also unbestritten. Fragt sich nur, von welchem der vielen Zweige. „In der Familie hat man schon immer gesagt, dass er aus unserem Clan stammt“, sagt Erich Pressler. Ein Indiz dafür könnten die Gepflogenheiten der Vornamengebung in beiden Zweigen der Presslers sein: Es tauchen auffällig viele Johanns, Adams und Valentins auf. Der 84-jährige Erich Pressler war in seiner Jugend ein erfolgreicher Leichtathlet. Passionierter Sportler ist er bis heute. Bis 1992 war er Industriekaufmann bei Kugelfischer. Über die Jahre hat er einen stattlichen Stapel an Dokumenten und Zeitungsartikeln zusammengetragen, die sich mit Elvis Presleys deutschen Wurzeln befassen. In der Bauernstube im Hause der Presslers hängen ein Bild des King of Rock'n'Roll und Autonummernschilder verschiedener US-Bundesstaaten mit den Großbuchstaben ELVIS. Was wohl eher der familiären Verbindung geschuldet ist, als besonderer Bewunderung für die Musik des King: „Obwohl, die Musik von Elvis Presley kann man hören, die von heute kann man nicht hören.“
Dass Johnny Cash einmal in Schweinfurt war, ist bekannt. Sein Auftritt im Dezember 1959 ist dokumentiert, es gibt ein Foto. Dass Elvis während seiner Militärzeit einmal hier war, war hingegen bislang nicht belegt, obwohl sich über die Jahrzehnte hartnäckig Gerüchte hielten, er sei zwar nicht aufgetreten, habe aber immerhin einmal einen der Ami-Clubs in der Stadt besucht.
Als im Zuge der Vorbereitungen auf die Ausstellung „Schweinfurt und seine Amerikaner“ (24. Juli bis 20. September in der Glashalle am Konferenzzentrum Schweinfurt) im Tagblatt über diesen Aspekt berichtet wurde, meldete sich prompt Gunter Nienstedt, ehemaliger Mitarbeiter des Tagblatts, mit dem – mutmaßlichen – Beweis zumindest einer Stippvisite von Elvis Presley in der Region: Er brachte ein Foto, das den uniformierten Elvis mit Pelzmütze neben einem Jeep zeigt.
Es stammt aus dem Archiv von Johannes C. Rust, inzwischen gestorbener Redakteur der Volkszeitung, der es vor etlichen Jahren Nienstedt schenkte – als Gegenleistung für aus den USA mitgebrachte Bierdeckel für Rusts Sammlung. Rust habe ihm damals erzählt, so Nienstedt, dass das Foto in den Conn Barracks entstanden sei, während eines Zwischenstopps auf der Fahrt von Grafenwöhr nach Friedberg, wo Elvis stationiert war. Die Datierung „1963“ auf der Rückseite kann allerdings nicht stimmen: Elvis war nur von März 1958 bis März 1960 als Soldat in Deutschland.
Erich Pressler jedenfalls hat von dem Besuch nichts mitbekommen, ebenso wenig wie sein Vater und seine Schwester, die damals beide für die US-Garnison arbeiteten. Zumindest in Erichs Fall sei das nicht verwunderlich, sagt seine Frau: „Damals hat meinen Mann doch außer Sport noch nichts interessiert.“
Die Ausstellung „Schweinfurt und seine Amerikaner“ ist von 24. Juli bis 20. September im Konferenzzentrum Schweinfurt zu sehen.