Auf eine „dramatische Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit“ in der Region Main-Rhön, hat der DGB Schweinfurt am Freitag aufmerksam gemacht. Der DGB habe sich, so Regionschef Frank Firsching, bisher auf die Ausbildungssituation konzentriert. Wegen der laut Jugendsekretärin Ulrike Eifler „bedrohlichen Zahlen“ stelle man jetzt dieses Thema in den Fokus. Das auch, weil die Agentur für Arbeit im aktuellen Arbeitsmarktbericht die „massive Steigerung“ nicht erwähne. Firsching: „Das stimmt nachdenklich.“
„Die Krise ist nun bei den jungen Arbeitnehmern angekommen“, sagte Eifler. Im August 2008 waren 1509 junge Menschen unter 25 Jahren im Agenturbezirk arbeitslos gemeldet, ein Jahr später sind es 1877. Im Juli 2009 waren es 1465, eine Steigerung zum Vormonat um 24,4 Prozent.
Dass Schweinfurt derzeit ausnahmsweise unter dem Bayernschnitt liege, begründete Firsching mit dem Übernahmetarifvertrag der IG Metall für Azubis, der ein Hochschießen wie andernorts noch verhindere. Der kontinuierliche Anstieg hier sei aber „alarmierend“.
Einstellung nur befristet
Ein Grund sei, dass viele junge Beschäftigte nach ihrem Abschluss entweder nicht übernommen oder nur befristet eingestellt würden, so Eifler. Das erklärt, warum vor allem die 20- bis 24-Jährigen arbeitslos werden. Das sind in Schweinfurt zur Zeit 1447 Jugendliche, vor einem Jahr waren es 1056. Nach Berechnungen des Arbeitsmarktinstituts IAB wird jeder fünfte westdeutsche Auszubildende nach dem Abschluss arbeitslos. Gleichzeitig verschärfe sich die Lage gering Qualifizierter. Bundesweit hat jeder vierte Arbeitslose unter 25 Jahren in Hartz IV keinen Schul-, jeder zweite keinen Berufsabschluss. In Schweinfurt sind das in der ersten Gruppe 110, in der zweiten 235 Jugendliche.
Drittens: Immer weniger junge Menschen werden nach der Berufsausbildung unbefristet übernommen. Folge: Berufseinsteiger würden zunehmend in prekäre, unsichere Beschäftigungen gedrängt. Mehr als ein Drittel der unter 25-Jährigen arbeitet befristet, geringfügig oder als Leiharbeitnehmer. „Sie haben damit ein erhöhtes Risiko, arbeitslos zu werden.“
Dazu komme die sinkende Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen. Im August suchten in Schweinfurt noch 608 Bewerber einen Ausbildungsplatz. Firsching befürchtet, dass sich die Situation verschärft und der auch von Arbeitsmarktexperten erwartete Anstieg der Arbeitslosigkeit vor allem junge Menschen trifft.
Verfestigung der Jugendarmut
Familien- und Lebensplanung seien unter diesen Umständen nicht möglich, sagte Firsching, Eifler warnte vor einer Verfestigung von Jugendarmut. Sie kritisierte die Selektion und Ausgrenzung im Bildungssystem, die dazu führe, dass jedes Jahr zehn Prozent aller Abgänger die Schule ohne Abschluss verließen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien miserabel.
Das Problem ernsthaft zu lösen, erfordere mehr als einige kleine Maßnahmen. Nötig sei ein Gesamtpaket, bestehend aus guter Bildung, Ausbildung und Arbeit. Eifler wie Firsching forderten Chancengleichheit für alle Jugendlichen, unter anderem durch längeres gemeinsames Lernen in einer Ganztagsschule statt frühzeitiger Ausgrenzung und Selektion. Betriebe, die nicht ausbildeten, müssten zahlen. Solange das Ausbildungsangebot die Nachfrage nicht abdecke, müssten überbetriebliche Ausbildungszentren für ausreichenden Ersatz sorgen.
Schließlich forderten die DGB-Vertreter eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung. Mit gutem Beispiel sollten dabei die Gebietskörperschaften vorangehen und alle ausgelernten Jugendlichen unbefristet übernehmen. Weil Arbeit wieder sicherer werden müsse, verlangt der DGB eine Abkehr von einer Politik, die den Arbeitsmarkt „massiv dereguliert“ habe. Forderung: Beschäftigungsverhältnisse mit existenzsichernder Entlohnung, unbefristete Jobs, Mindestlohn und keine Leiharbeit.