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Die Dinge mit anderen Augen sehen

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Die Dinge mit anderen Augen sehen

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    Die Kulturreferentin: Waltraud Haas stellt allmonatlich ein Programm gleichermaßen für Bewohner und Gäste zusammen.
    Die Kulturreferentin: Waltraud Haas stellt allmonatlich ein Programm gleichermaßen für Bewohner und Gäste zusammen. Foto: Fotos: Laszlo Ruppert

    Waltraud Haas hat auf zwei DIN-A-4-Seiten zusammengestellt, was Kultur ihr bedeutet – als Mensch und als Kulturreferentin des Augustinums. 220 Menschen zwischen 60 und weit über 90 Jahren leben in dem Wohnstift, für sie und die Besucher von außen stellt Waltraud Haas allmonatlich ein Kulturprogramm zusammen – das Haus verfügt über einen Veranstaltungssaal mit Flügel, ideal für Kammermusik, Vorträge oder Lesungen. Und die finden hier häufig statt. Jedes Jahr gibt es ein Jahresthema, 2010 lautet es „Artgenossen“. Da geht es dann etwa um Biologie und Zoologie, mit passenden Musikprogrammen, Vorträgen zu Themen wie Biodiversität oder Bienen, einer Vogelstimmenwanderung oder kabarettistischen Beiträgen wie dem „BosArt-Trio“ mit „Brahms Tierleben“. „Die Großeltern-Generation macht sich viele Gedanken über den Zustand der Welt und darüber, wie ihre Enkel und Urenkel leben werden“, sagt Waltraud Haas.

    Kultur hilft, dem Leben Strukturen und Anregung zu geben. „Das Schlimmste ist, wenn die Menschen im Zimmer sitzen und Däumchen drehen.“ Waltraud Haas' zweiseitige Liste ist reichhaltig: Kultur als Nahrung für Seele, Geist und Körper. Eine Kultur des Genießens, der Begegnung und des Feierns. Eine Kultur, die Erinnerungen wachruft an Erlebtes und Erfahrenes. Die Auseinandersetzung fördert, Dinge mit anderen Augen sehen, Neues entdecken lässt.

    So grundsätzlich der Ansatz, so vielfältig und differenziert das Programm, das ausdrücklich auch Außenstehenden offensteht: Diavorträge oder Kaffeehausmusik mit Apfelstrudel sind eher niederschwellige Angebote, klassische Musik oder Bildbetrachtungen richten sich an die spezifischer Interessierten. Viele Bewohner haben Abonnements im Theater, erzählt Waltraud Haas. Und viele sind natürlich Stammgäste im Augustinus-Saal. Eine 101-Jährige, einst eine der ersten Frauen, die in Deutschland Abitur machten, hat ihren festen Platz in der ersten Reihe.

    Gerade die Musik beweist immer wieder ihre bereichernde Kraft, auch und gerade für Menschen, die eine demenzielle Erkrankung haben, hat Waltraud Haas beobachtet: „Musik schließt ungeheuer viel auf. Sie teilt Dinge mit, die man mit Sprache nicht so sagen könnte. Und es zeigt sich: Das gegenwärtige Erleben funktioniert.“

    Mitunter fallen gegenwärtiges Erleben und Lebenserinnerungen zusammen: Für die vier oder fünf alten Leipziger, die im Haus leben, ist ein Auftritt des Leipziger Gewandhaus-Quartetts eine direkte Brücke in ihre Vergangenheit. Ein Bewohner hat vor 70 Jahren als Gymnasiast im Gewandhaus die Karten abgerissen. „Da liegt ein ganzes Leben dazwischen. Er hat dann die DDR verlassen, und jetzt hört er das Quartett wieder – das macht irgendetwas für ihn rund“, sagt Waltraud Haas.

    Hin und wieder, das erlaubt und fördert die private Atmosphäre, kommt es zu inspirierenden Begegnungen zwischen Künstlern und Bewohnern. Nach seinem Chopin-Abend etwa saß Pervez Mody mit Konzertgästen beim Abendessen. Einer merkte an, er hätte als Zugabe so gern nochmal die 3. Etüde gehört. Da stand Mody auf und spielte das Stück für ihn am E-Piano. Irgendwann landete das Gespräch beim Thema Jazz, woraufhin ein Bewohner sich ans Piano setzte und „As Time Goes By“ spielte. „Das ist ein sehr lebendiger Austausch“, sagt Waltraud Haas, und fasst nochmal in einem Wort zusammen, was Kultur eben auch ist: ein Lebensmittel. Hier das Juli–Programm im Überblick:

    WM-Hits aus acht Jahrzehnten

    Do., 8. Juli, 19.30 Uhr Unter dem Titel „Achtelfinale“ spielt das Boulevard Ensemble mit Christine Beck (Gesang und Gitarre) und Jörg Schöner (Klavier und Gesang) Weltmeisterliche Hits aus acht Jahrzehnten. Wobei es ausdrücklich nicht um die jeweiligen WM-Songs geht, sondern um Hits, die in den Jahren der Fußballweltmeisterschaften die Menschen begeistert haben. Beck und Schöner beginnen den musikalisch-sportlichen Streifzug in den 1930er Jahren mit Titeln wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, spielen und dribbeln sich durch die 50er mit „Spiel noch einmal für mich Habanero“ und die 60er und 70er mit „Tränen lügen nicht“, um schließlich im Jahr 2010 mit „Pata-Pata“ anzukommen.

    Literatur im Gespräch

    Di.,13. Juli, 16.30 Uhr Marianne Jauernig-Revier spricht über „Herrn Kukas Empfehlungen“ von Radek Knapp. Kurz nach der Öffnung der Grenzen will der junge Pole Waldemar sein Glück im Westen versuchen. Herr Kuka, sein Warschauer Nachbar, rät ihm, nach Österreich zu gehen. Nur dumm, dass es dort ganz anders zugeht, als es Herr Kuka erzählt hat. Ein aberwitziger, hintergründiger Roman.

    Schemann-Klavierduo

    Do., 15. Juli, 19.30 Uhr Für die Gattung Klavierduo bedarf es einer besonderen Gleichschwingung, um die vierhändigen Geflechte synchron zu meistern. Susanne und Dinis Schemann sind privat ein Paar und auf der Bühne ebenso. Das renommierte Duo mit vier Händen spielt Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert, Claude Debussy und Johannes Brahms.

    Kunst und Cappuccino

    Di., 20. Juli, 15 Uhr Museum Georg Schäfer Birgit Höhl führt durch die Jubiläumsausstellung „Meisterwerke der Portraitkunst“. Anmeldung bis 19. Juli: Tel. (0 97 21) 72 42 13.

    PARKFEST

    Sa., 31. Juli, ab 14.30 Uhr, Park Seit 35 Jahren gibt es das Augustinum Schweinfurt. Aus diesem Anlass gibt es beim Parkfest fränkische Musik mit den „Grettschtern“, Vorführungen der Volkstanzgruppe aus Maßbach, Jonglage von „Firlefanz“ und allerlei Leckereien. Interessierte können bei Hausführungen das Wohnstift kennen lernen.

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