"Unsere Dorfsprechanlage geht wieder!": Das waren die ersten Worte, die aus den blechernen Lautsprecher quer durch das Dorf hallten. Viele Zeilitzheimer trauten ihren Ohren kaum. Nach drei Jahren Funkstille feiert die Dorfsprechanlage ihr Revival. Als einer der wenigen Orte bundesweit verfügt Zeilitzheim überhaupt noch über eine solche Anlage.
Peter Dietrich, der gemeinsam mit Markus Bettinger auf eigene Initiative viele Samstage unterwegs war, um die Ortssprechanlage wieder in Gang zu bringen, wartete erst noch das 13-Uhr-Läuten der evangelischen St. Sigismund Kirche ab, ehe er für diesen feierlichen Moment den Kassettenrekorder betätigte, um den Frankenliedmarsch abzuspielen. Innerhalb dieser 90 Sekunden Einleitungsmusik lugten bereits zahlreiche Menschen aus ihren Höfen, öffneten Fenster und sahen sich fast ungläubig um.

Nach dem obligatorischen Klingelton sprach Dietrich dann die Bevölkerung weiter an, dass ab sofort wieder Bekanntmachungen, Wünsche und Danksagungen an alle Zeilitzheimer ausgerufen werden können. Zwar seien noch einzelne Lautsprecher defekt, sagte er, diese würden aber in den nächsten Wochen ausgetauscht, so sein Versprechen. "Unsere erste Bekanntmachung widmen wir unserem langjährigen Ausrufer Roman Götz", sagte Peter Dietrich zum Abschluss stolz.
Schwere Schäden durch Gewitter
Seit einem heftigen Gewitter im Sommer 2017 war die ohnehin in die Jahre gekommene Anlage endgültig und flächendeckend nicht mehr funktionsfähig gewesen. An manchen Stellen im Dorf war aber bereits längere Zeit vorher aus verschiedenen Gründen das Ausrufen akustisch nicht mehr wahrnehmbar. Nachdem eine unkomplizierte Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Rufanlage auch für Fachleute auf den ersten Blick nicht auszumachen war, entschloss sich die Gemeinde den Betrieb einzustellen.
Bereits in der diesjährigen Bürgerversammlung im Februar hatte Peter Dietrich bei Bürgermeister Horst Herbert nachgefragt, wie es um die Chancen stehe, die Dorfsprechanlage bald wieder in Betrieb zu nehmen. Diesbezüglich wurde vom Gemeindeoberhaupt wie auch von mehreren Anwesenden bestätigt, dass die Wiederinbetriebnahme nicht so einfach möglich sei. Hier nochmal in eine alte Technik "viel Geld hineinzustecken", das würde sich nicht lohnen, so der damalige Tenor.

Peter Dietrich, der bei der Kommunalwahl als neues Gemeinderatsmitglied gewählt worden ist, beschloss in der Folge, sich der Sache selbst anzunehmen. Der Bankkaufmann ist aufgrund seiner besonderen Leidenschaft für die Musik auch im Bereich der Licht- und Tontechnik versiert. In Markus Bettinger, gelernter Elektriker und von Berufswegen inzwischen als Elektrotechniker in der Elektroplanung tätig, fand er sogleich einen absoluten Fachmann auf diesem Gebiet als Mitstreiter.
Rund 50 Lautsprecher
Zu Beginn stand eine Fehleranalyse an, um die defekten Stellen im System aufzudecken. Weiter waren sie eifrig im Ort unterwegs, um den Lautsprecherbestand zu erfassen und kartieren, die Übertragungslinien zu kontrollieren und neu anzuschließen. Ein neuer Verstärker mit mehr Leistung musste angeschafft werden. Die elektrischen Tonsignale werden in der 100-Volt-Technik über ein Leitungsnetz zu den mehr als 50 Lautsprechern übertragen. Diese Technik der elektroakustischen Anlage wird auch bei der Beschallung von Flughäfen und öffentlichen Gebäuden verwendet und sei insgesamt nach wie vor noch "aktuell", erläutert Markus Bettinger, vor allem im sicherheitsrelevanten Bereich würden diese Komponenten heute nach wie vor eingesetzt – natürlich in qualitativ verbesserter Form versteht sich.

Glücklicherweise bot eine Freiwillige Feuerwehr aus dem Großraum München alte, aber kompatible Lautsprecher aus ihren Beständen sehr günstig auf einem Internet-Kleinanzeigenportal an, sodass auch diese Ersatzteile erworben werden konnten. "So kommt Bayern auch bei einer Ortssprechanlage zusammen", betonte Peter Dietrich stolz. Auch ein gebrauchtes Mischpult wurde bereits bestellt, damit die alte Kassettenrekorder-Technik endlich abgelöst werden kann.
Nur 400 Euro ausgegeben
Weil beide Männer ihre unzähligen Stunden natürlich unentgeltlich und freiwillig leisteten und somit keine Kosten für Arbeitsstunden von Fachfirmen angefallen sind, konnte das Projekt alles in allem kostengünstig realisiert werden. Knapp 400 Euro, wie die beiden vorrechneten, hätten alle Beschaffungen in Summe bisher ausgemacht. Ein erschwinglicher Betrag, der sogar noch aus den angesparten Mitteln der "Dorfsprechanlagen-Kasse" beglichen werden konnte.
Seinen Ursprung hat das "Ausrufen" im früheren "Ausschellen". Hier war der Gemeindediener gewöhnlich auch als "Dorfausscheller" tätig und lief mit einer Glocke in der Hand läutend durchs Dorf und gab Nachrichten mündlich bekannt. Die Installation der Rufanlage war der nächste Schritt in der technischen Entwicklung in den 60-er Jahren. Im Ortskern führen die Leitungen zu den Lautsprechern oberirdisch an den Hauswänden und Dächern entlang. In weiterer Entfernung wurden sie erdverkabelt.

Inzwischen ist die Kommunikation natürlich vorwiegend im digitalen Bereich angesiedelt. Via Internetseiten, WhatsApp Gruppen oder Facebook Benachrichtigungen hat jeder individuell immer und überall die Möglichkeit, Meldungen abzurufen. "Gerade in den Zeiten von Corona ist es für unsere älteren Mitbürger ohne Social Media ein gutes und schnelles Informationsmittel", betonten die Initiatoren, die noch einen Flyer über das Ausrufen erstellen und an alle Haushalte verteilen wollen. Auch in Not- oder Krisenfällen bietet die Anlage die Möglichkeit zur Benachrichtigung der Bevölkerung.
Auch das Neubaugebiet anschließen
"Unser weiteres Ziel ist der Anschluss unseres Neubaugebietes an die Rufanlage", so Peter Dietrich. Hier werde aktuell noch an einem Konzept für eine kabellose Lösung gearbeitet. Zunächst aber wolle sich das Team auf den Austausch der noch defekten Lautsprecher konzentrieren, hieß es von den Organisatoren abschließend. Als Ausrufer stehen künftig ehrenamtlich Emil Krnatsch und Markus Bettinger zur Verfügung. Diesen sind die Bekanntmachungstexte zu übermitteln. Pro Ausrufen wird eine Gebühr in Höhe von fünf Euro fällig. Die Einnahmen, da sind sich alle Beteiligten einig, sollen wieder in die Instandsetzung der Anlage investiert werden. Das "Ende der Durchsage" sollte damit hoffentlich auf lange Zeit beendet sein.