Sie sind mikroskopisch klein und werden mit feinsten Wassertröpfchen unter der Dusche eingeatmet: Legionellen. Die stabförmigen Bakterien können zu lebensbedrohenden Krankheiten führen. Etwa 4500 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an einer solchen Infektion. Kein Wunder also, dass der Gesetzgeber die Regelungen für Legionellen-Tests in Warmwasserboilern verschärft hat. Doch in der Praxis läuft noch nicht alles rund.
Von der neuen Regelung angesprochen fühlen müssen sich alle Vermieter von Gebäuden mit mindestens drei Wohnungen, wenn dort ein Warmwasserspeicher von mindestens 400 Litern vorhanden ist, beziehungsweise die Warmwasserleitungen zwischen Boiler und Wasserhahn ein Volumen von mehr als drei Litern haben. Das heißt im Umkehrschluss: Für Gebäude mit nur zwei Mietwohnungen braucht es keinen Legionellen-Test, auch wenn ein Boiler mit 800 Litern in Betrieb ist.
Die Eigentümer oder Eigentümergemeinschaften der entsprechenden Mietshäuser müssen sich melden, und zwar beim Gesundheitsamt in Schweinfurt. Die Novellierung der Trinkwasserverordnung ist seit 1. November 2011 in Kraft, binnen eines Jahres, also spätestens bis zum 30. Oktober 2012 müssen in den Mietwohnungen die entsprechenden Wasserproben gezogen sein. Sonst droht ein Bußgeld.
600 Häuser gemeldet
Zeit für eine Halbzeitbilanz: „Bislang sind uns etwa 600 Häuser gemeldet worden“, sagt Dr. Werner Arnholdt, Leiter des Gesundheitsamtes am Landratsamt in Schweinfurt, zuständig für Stadt und Landkreis. Das sind nicht besonders viele, wenn man bedenkt, dass es nach einer Erhebung des Statistischen Landesamts etwa 5400 derartige Mietobjekte gibt, laut Arnholdt etwa 2900 in der Stadt und 2500 im Landkreis. Doch wo genau die Häuser stehen und wem sie gehören, und ob sie auch mit einem 400-Liter-Boiler ausgerüstet sind, weiß das Gesundheitsamt nicht. Deshalb dürfte es auch schwierig werden, gegen säumige Vermieter ein Bußgeld zu verhängen. Das Amt erfährt ein Versäumnis nur durch nachfragende Mieter oder wenn die Legionärskrankheit auftritt. Denn die Krankheit ist meldepflichtig.
Die Vermieter von großen Gebäudeeinheiten können sich auf der Internetseite des Landratsamtes ein Formblatt herunterladen und sich so beim Gesundheitsamt melden. Von dort erhalten sie eine Vorgangsnummer und den Verweis auf eine Laborliste, in der auf über 40 Seiten alle zugelassenen Untersuchungslabors in Bayern aufgelistet sind. Der Vermieter muss dann selbst eines dieser Labors mit der Untersuchung des Warmwassers beauftragen – und die Rechnung bezahlen.
Die Wasserentnahme erfolgt durch Mitarbeiter des beauftragten Prüflabors. Dabei muss das Wasser an drei festgelegten Entnahmestellen abgefüllt werden: am Boilereingang, am Boilerausgang und an der entlegensten Stelle der Wasserleitung im Haus. Für die zwei Entnahmestellen am Boiler wird der Einbau spezieller Entnahmehähne empfohlen, die den Vorteil haben, dass sie nicht verkalken, auch wenn sie nur einmal im Jahr geöffnet werden. Die billigsten Entnahmehähne kosten um die 100 Euro das Stück. Hinzu kommen die Kosten für den Installateur.
Duschverbot möglich
Das Untersuchungsergebnis des Labors wird dem Gesundheitsamt übermittelt. Bei einer Konzentration von unter 100 Legionellen pro 100 Milliliter ist alles im grünen Bereich. Bei einem Wert zwischen 100 und 1000 werde das Gesundheitsamt eine zweite Kontrolle anordnen, sagt Arnholdt. Zwischen 1000 und 10 000 Legionellen in der Probe werde bis zur Beseitigung des Problems vom Gesundheitsamt gar eine Nutzungseinschränkung erlassen, meist ist dies ein Duschverbot. Bei einer Quote von über 10 000 Legionellen müsse das Wasserleitungsnetz im Haus von einer Fachfirma saniert werden, sagt Arnholdt.
Um das Ausbreiten von Legionellen im Leitungssystem zu verhindern, wird eine Wassertemperatur von mindestens 55 Grad empfohlen und das Wasser sollte nicht allzu lange in der Leitung stehen. Einmal in der Woche (was bei modernen Heizanlagen im Computer programmierbar ist) sollte das Wasser auf 70 Grad hochgeheizt werden. Wer hier Energie sparen will, der sollte wissen, dass sich Legionellen schon bei nur 45 Grad wie in einem Brutschrank vermehren.
Unter den ersten dem Gesundheitsamt vorliegenden Untersuchungsergebnissen gab es bereits einige positive Befunde, sprich es wurden Legionellen im Trinkwasser entdeckt. Werner Arnholdt: „Wir gehen von einer Beanstandungsquote von etwa 20 Prozent aus.“
Legionellen
Diese gefährlichen Bakterien entwickeln sich unter anderem in Wasserleitungen, bevorzugt Warmwasserleitungen. Sie werden vor allem durch das Einatmen feinster Flüssigkeitstropfen in Duschen und Whirlpools übertragen. Große Warmwasseranlagen sollen mindestens einmal am Tag auf 70 Grad hochgeheizt werden, da Legionellen bei 60 Grad absterben.
Verschiedene Hochrechnungen gehen von bundesweit 15 000 bis 35 000 Erkrankungen pro Jahr aus. Bis zu 15 Prozent der betroffenen Personen sterben daran. Einer Studie zufolge findet man Legionellen in zehn Prozent der Privathaushalte in bedenklichem Ausmaß.
Symptome: An der durch Legionellen ausgelösten Legionärskrankheit erkrankt aber nicht jeder. Anfällig sind vor allem Senioren und kranke Menschen, deren Immunsystem schon geschwächt ist. Die harmlose Variante der Krankheit verläuft grippeähnlich. In schwereren Fällen kommt es zum Pontiac-Fieber und zu einer Lungenentzündung, Sauerstoffmangel in Gewebe und Zellen sowie Bewusstlosigkeit. Wenn Legionellen die Ursache sind, kann man das im Harn nachweisen.
Bei einer Konzentration von über 100 Legionellen pro 100 Milliliter Wasser, muss der Vermieter handeln. Eine Konzentration über 1000 gilt als hohe und über 10 000 als extrem hohe Belastung. Der Vermieter muss das örtliche Gesundheitsamt und seine Mieter über das Ergebnis der Wasseruntersuchung informieren und für Abhilfe sorgen.
Bis Oktober 2011 mussten nur Betreiber etwa von Schwimmbädern, Schulen und Krankenhäusern Legionellen-Tests vornehmen. Seitdem stehen auch gewerbliche Vermieter in der Pflicht. Beim Gesundheitsamt melden muss sich: 1. Wer eine Warmwasseranlage mit mehr als 400 Litern Volumen hat, oder 2. wer Warmwasserleitungen hat mit mehr als drei Litern Inhalt zwischen dem Großboiler und Wasserhahn. Vermieter müssen die Legionellen-Tests selbst in Auftrag geben. Tun sie dies nicht bis zum 31. Oktober, droht ein Bußgeld. Wer im Eigenheim wohnt, muss keine Tests vornehmen lassen.
Tipp zur Vermeidung von Legionellen: Heizungen immer wieder hochdrehen und Warmwasserleitungen regelmäßig durchspülen – besonders solche, die lange Zeit nicht genutzt wurden.