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Die große Freude an der Selbstdarstellung

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Die große Freude an der Selbstdarstellung

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    Obersturmführer Willy Sachs (rechts) bei der Eröffnung des Stadions in SS-Uniform zusammen mit Franz Ritter von Epp.
    Obersturmführer Willy Sachs (rechts) bei der Eröffnung des Stadions in SS-Uniform zusammen mit Franz Ritter von Epp. Foto: FOTO STADTARCHIV

    Der frühere Fernsehjournalist und Buchautor Wilfried Rott hat ein Buch über die Geschichte der Industriellenfamilie Sachs geschrieben. Er nennt es "eine Geschichte von Vätern und Söhnen" und trägt den Untertitel "Unternehmer, Playboys, Millionäre." Eine ausführliche Buchvorstellung steht im "Magazin" dieser Ausgabe.

    Frage: Wie kam es zur Idee, eine Sachs-Biografie zu schreiben?

    Wilfried Rott: Seit meinem Buch über die Geschichte der Playboys ist mir die Person Gunter Sachs präsent. Als im Zusammenhang mit der Flick-Collection in Berlin die Vergangenheit von Karl Friedrich Flick (Erbe eines im Dritten Reich maßgeblichen Industriellen) problematisiert wurde, fiel mir auf, dass eine solche Diskussion bei Gunter Sachs, einem Playboy-Kollegen von Flick, nicht stattfindet. Die Rolle von Gunter Sachs als Erbe eines ebenfalls in den Nationalsozialismus verstrickten Vaters wurde bisher kaum thematisiert, geschweige denn problematisiert. Als ich sah, dass die Beschäftigung in Schweinfurt mit der Familie Sachs in der Diskussion um den Namen des Willy-Sachs-Stadions stecken blieb und dabei auf sehr schwacher Quellenlage argumentiert wurde, war erst recht meine Neugier geweckt.

    Was interessiert Sie an den handelnden Personen?

    Rott: Interessant sind die starken, individuellen Charaktere der einzelnen Personen. Faszinierend ist aber auch, wie bestimmte Eigenheiten über Generationen hinweg in den unterschiedlichen Formen der jeweiligen Zeit sichtbar werden. Immer spielte die Freude an der Selbstdarstellung eine große Rolle, immer war ein starkes Ego im Spiel. Jeder Sachs ist aber auch eine ganz besondere Persönlichkeit: Ernst Sachs - der Handwerker, der es zum Millionär bringt. Willy Sachs - der Erbe, der zwischen der Leichtlebigkeit eines jungen Mannes aus wohlhabendem Haus und den Anforderungen als Firmenleiter hin und her schwankt. Faszinierend ist natürlich an ihm sein "vulkanisches Temperament", sein bedenkenloses Arrangement mit Leuten wie Himmler und Göring, sein Zwiespalt zwischen dem auftrumpfenden Wesen und einer tief sitzenden Unsicherheit. Verblüfft hat es mich natürlich, als ich sah, wie er die NS-Führer - gewiss auch durch seine Geldspenden - für seinen Kampf um die Söhne zu instrumentalisieren wußte. Schließlich fasziniert die Tragik seiner letzten Jahre, in denen er einerseits als Wirtschaftskapitän geehrt wird, aber zugleich um seine Reputation fürchten muss. Bei Gunter Sachs überrascht, wie sich ein junger Mann über Konventionen und Verpflichtungen hinwegsetzt, das ererbte Vermögen zu nutzen weiß - ohne es doch aufs Spiel zu setzen.

    Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet? Wie haben Sie recherchiert?

    Rott: Etwa eineinhalb Jahre, die von intensiven Archivrecherchen und vielen Gesprächen erfüllt waren. Auch wenn mich die Wege selbstverständlich in die für die Familie Sachs wichtige Schweiz geführt haben, ich auch in Oberaudorf recherchiert und vor allem in München, Berlin und Würzburg wichtige, bisher unbeachtete Akten studiert habe, so waren natürlich Schweinfurt und Mainberg zentrale Punkte. Neben schriftlichen Quellen waren hier vor allem die Gespräche mit Zeitzeugen von großem Interesse. Noch leben Menschen, die Willy Sachs gekannt haben, die Elinor von Opel oder Ernst Wilhelm Sachs und Lo Sachs erlebt haben.

    Sie schreiben, es konnte nicht mit der Unterstützung der Familie gerechnet werden. Gab es Kontakte? Wie haben sich die Familienmitglieder geäußert?

    Rott: Ich hatte ein fernmündliches Gespräch mit Gunter Sachs, in dem er seine Ablehnung äußerte und begründete. Er meinte, dass seine Familiengeschichte von keinem größeren Interesse sei. Mehr als ein paar Bilder vom Großvater als Radfahrer und vom Vater als Jäger seien nicht "drinnen". Das Interesse an "Sachs" konzentriere sich doch ganz auf seine Person. Sein Stiefbruder Peter Sachs entschied nach einem längeren Treffen, dass er nicht mitarbeiten wolle, weil er selbst über seinen Großvater Ernst Sachs forsche. Kontakte zu Lo Sachs kamen trotz intensiver Anfrage nicht zustande.

    Wie ist es möglich dennoch ein so umfangreiches Buch über die Familie Sachs zu schreiben?

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    Rott: Die Familie Sachs liebt von jeher die Öffentlichkeit, so dass jede Generation deutliche Spuren hinterlassen hat, darin sicher anders als etwas die vergleichbare Industriellenfamilie Schäfer in Schweinfurt. Wie mir ein Schweinfurter sagte: "Wo die Schäfers die Rolladen herunterlassen, da geschieht bei Sachs alles bei offenem Fenster." Immer wieder gab es darüber hinaus rechtliche Auseinandersetzungen rund um die Familie Sachs, beginnend etwa mit einem Ehrengerichtsverfahren gegen den Leutnant Willy Sachs, die in Form von Prozessakten dokumentiert sind. Es hat mich verwundert, dass diese Akten bisher gar nicht oder sehr unfachlich beachtet wurden. Eine große Hilfe waren gerade in Schweinfurt und Mainberg auskunftsfreudige Menschen, die gerne bereit waren, ihr bisher unabgefragtes Wissen in Sachen Sachs zu vermitteln.

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