Am frühen Nachmittag hatte Heiko Kuschel noch via Twitter bestätigt, dass auch er sehr gespannt sei, was die für den Abend anberaumte „Zukunftskonferenz“ ergeben würde. Kuschel ist in Twitter und Facebook laufend unterwegs. Er nutzt die Sozialen Netzwerke, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die mit Kirche wenig Kontakt haben.
Kuschel ist Pfarrer, Leiter der evangelischen Citykirche, und Mitglied eines Dreierbündnisses, dem von katholischer Seite der Pastoralreferent Günter Schmitt (Citypastoral) und Robert Bundschuh für den GesprächsLaden in der Manggasse angehören.
Donnerstagabend im Katholischen Dekanatszentrum in der Schultesstraße. Knapp 40 Menschen (Schmitt nennt sie „kritische Freunde“), Haupt- und Ehrenamtliche im Kirchendienst, Vertreter von Wirtschaft und Politik, Medien- und Kulturschaffende sind der Einladung zur „Zukunftskonferenz“ gefolgt. Die mittlere Altersgruppe überwiegt.
Ein erster Schritt: Die Teilnehmer sollen durch räumliche Aufstellung ihre Nähe oder Ferne zur Kirche demonstrieren. Es wird eine recht lange Schlange, die sich durch das Oktogon zieht – ein Zeichen dafür, dass hier eine durchaus kontroverse Diskussion entstehen könnte?
Zunächst stehen die Aktivitäten der letzten beiden Jahre auf dem Prüfstand. Das, was die Verantwortlichen „niederschwellige Angebote für Menschen, die sich von ihren Kirchengemeinden nicht mehr angesprochen fühlen“ nennen. Ihnen ist man beim Mittelaltergottesdienst oder auf der ufra begegnet, hat mit ihnen die „Nacht der offenen Kirchen“, offene, experimentelle Gebets- und Gesprächskreise, Konzerte, Lesungen erlebt, hat ihnen bei der Bewältigung von Trauer geholfen, unkompliziert einen Ort geboten, wo jemand Zeit hatte, einfach zuzuhören, einen Schritt mitzugehen, Lebenshilfe zu leisten. Demnächst wird freitags ein Leiterwagen unterwegs sein. Auf dem Marktplatz, in der Fußgängerzone Station machen. Seine Begleiter suchen das Gespräch.
Kritik daran gibt es nicht. Kuschel, Schmitt und Bundschuh erhoffen sich Impulse, wie es weiter vorangehen könnte, bitten um Hinweise auf Lücken. Neun Gruppen bilden sich. Nicht festgeformt, sondern eineinhalb Stunden offen für wechselnde Zusammensetzungen. Diese kommen jedoch kaum zustande, zu intensiv sind die Gespräche.
Dabei geht es etwa um die Frage, ob die Kirche eine verständliche Sprache spricht, ob sie für Klarheit steht. Gelingt es ihr, die Bedürfnisse der Menschen und den Menschen selbst wahrzunehmen? Kirche soll sich einerseits mit dem Mysterium des Glaubens beschäftigen, aber auch Sprachlosigkeit aushalten. Gefordert werden authentische Personen. Wie kann ich Teilnehmer an stärke an den Angeboten der Cityseelsorge anbinden, wie wird sich ihr Verhältnis zu den Gemeinden entwicklen? Angesprochen werden die diakonischen Angebote und die Frage, ob sie nicht auch ein Weg sein können, Menschen an die Kirche an sich stärker zu binden.
Kuschel sagt am Schluss, dass ihm viele Dinge klarer geworden seien. „Meine Erwartungen wurden übertroffen.“ Pfarrer Christian von Rotenhan von St. Lukas ist positiv aufgefallen, dass das Wort Konfession an diesem Abend nicht einmal gefallen ist.