Grüne Themen gibt es in der Gemeinde Grafenrheinfeld reichlich. Nicht nur der Rückbau des Kernkraftwerks auch der Mainausbau mit seinem Abtransport des Aushubs durch den Ort, sowie der drohende Sand- und Kiesabbau auf über 80 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche beschäftigte und beschäftigt die Bürger. Dazu kommt der zurückliegende Bürgermeisterwahlkampf, in dem sich eine neue Gruppe von Unterstützern für Kandidatin Ursula Weidinger gebildet hatte.
Das ist der Stoff aus dem nun eine weitere Ortsgruppe der Partei Bündnis 90/ Grüne entstand. "Wir haben den Schwung nach der Bürgermeisterwahl aufgegriffen", erklärt deren frisch gewählter Sprecher Herbert Schug. Nach der für ihre Kandidatin verlorenen Wahl dachten sich viele "das kann doch nicht alles gewesen sein", erzählte Schug. In diesem Wahlkampf sei etwas aufgegangen, "was wir jetzt hegen und pflegen müssen". Sprecherin Sabine Braun dachte zurück, durch den Mainausbau sei sie das erste Mal politisch aktiv geworden, dann hätte sie Ursula Weidinger im Wahlkampf unterstützt, dass alles hätte nicht nur Spaß gemacht, sondern eine Energie freigesetzt, die belebend und erfrischend war. "Ich freue mich, dass heute Neues entstanden ist", betonte sie, der Ortsverband einer Partei nämlich die "ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei" sei.
Grafenrheinfeld ist bereits der vierte Ortsverband der Bündnisgrünen, der im Landkreis neu gegründet wurde. Von den zirka 30 Anwesenden traten acht spontan der Partei bei, was deren Ortsmitgliederzahl nahezu verdreifachte. Ein Spiegel der bayernweiten Entwicklung, in der die Zahl der Bündnisgrünen in einem Jahr von 10 000 auf 15 000 Mitglieder anstieg. Neben der Erzieherin Braun (47) und dem Krankenpfleger Schug (58) gehören die Journalistin Daniela Schneider (53) als Schriftführerin und der Techniker Daniel Schoppelrey (40), der sich um die Finanzen kümmern wird, der Vorstandschaft an.
Dass er als Landtagsabgeordneter einmal an einer Gründungsversammlung der Grünen in Grafenrheinfeld teilnehmen werde, "hätte ich nie gedacht", erklärte Paul Knoblach, Ökolandwirt aus dem benachbarten Garstadt.
Special guest des Abends war die neue grüne Landesvorsitzende Eva Lettenbauer. Sie appellierte an die wachsende Verantwortung der Grünen, die das anhaltende Umfragehoch mit sich bringe. Um die grünen Klimaziele zu erreichen, müsse der Slogan "global denken, lokal handeln" mit Leben gefüllt werden. 30 Prozent Ökoanbau, ein Ziel grüner Politik sei nur zu erreichen, wenn der Markt für die Produkte auch vor Ort zu finden sei.
An konkreten Beispielen für die "Energiewende vor Ort" nannte sie die Photovoltaik, die Windkraft, für die es trotz der "unsäglichen 10H-Regel" Realisierungsmöglichkeiten gebe und einen ÖPNV im Stundentakt. Ebenso sprach sie eine Wiedereröffnung der Steigerwald Bahn an, stillliegende Bahnlinien könnten bayernweit reaktiviert werden, so die Landesvorsitzende.
Ein Bürgermeister, "der so grün für sich geworben habe", meinte Kreissprecher Johannes Weiß mit Blick auf Christian Keller, müsse jetzt mit einem grünen Ortsverband rechnen. Dessen erstes Ziel ist die Beteiligung an der Kommunalwahl im März 2020 mit einer eigenen Liste. Am 27. November findet die erste öffentliche Mitgliederversammlung, um 19.30 Uhr, in der Alten Amtsvogtei statt.