Der Betrieb der gemeindlichen Gefrieranlage wird zum Jahresende auch in Dingolshausen eingestellt. Damit wird auch die letzte derartige Anlage im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen Geschichte – eine Entwicklung, die wohl der gesellschaftlichen Entwicklung und dem strukturellen Wandel geschuldet ist.
Waren früher Hausschlachtungen noch gang und gäbe, so deckt sich heute wohl kaum jemand mehr mit einem Fleischvorrat ein, der über Monate die Versorgung sichert. Auch ein eigener Nutzgarten in der Dimension, dass die eingefrorenen Früchte und Gemüse den ganzen Winter über die Vitaminversorgung sichern, wird heutzutage immer seltener. Hinzu kommt, dass mittlerweile fast jeder moderne Haushalt eine Gefriertruhe sein eigen nennt.
Somit wurde auch in Dingolshausen die Nachfrage nach anzumietenden Gefrierfächern in dem kleinen Häuschen neben dem Feuerwehrhaus immer weniger. Die rückläufigen Nutzer mussten sich jedoch weiterhin die laufenden Kosten aufteilen. Mittlerweile sind weniger als ein Drittel der insgesamt 40 vorhandenen Fächer belegt und anstehende Reparaturen wurden immer dringender.
So hat die Gemeinde, die Träger dieser Einrichtung ist, aus Wirtschaftlichkeitsgründen deren Schließung beschlossen. Nahezu alle Nutzer haben der Stilllegung der Gemeinschaftsgefrieranlage schriftlich zugestimmt. Zum 2. Januar 2014 wird nun in dem kleinen Häuschen nach über 56 Jahren das Summen des Kühlaggregates verstummen.
790 D-Mark pro Fach
Damit geht, wie in so vielen anderen Ortschaften auch, ein Stückchen Dorfgeschichte verloren, die im Gemeindearchiv in mehreren Ordnern detailliert belegt ist. Das Gebäude der Gefrieranlage wurde im Frühjahr 1957 gebaut. Hierbei wurden auch 260 Stunden Eigenleistung eingebracht, die von der Gemeinschaft mit 1,30 D-Mark vergütet wurden. Für die Vorfinanzierung durch die örtliche Raiffeisenbank verbürgten sich damals fünf Mitglieder der sogenannten Tiefkühlgemeinschaft – auch Frostgemeinschaft genannt – sogar persönlich.
Die gewerbliche Gefrieranlage der Firma Frigidaire der Adam Opel AG wurde am 11. Juli 1957 in Betrieb genommen. Neben einer funktionstüchtigen Anlage durfte aber auch das Kreuz mit Wandvase und Blumen im Gefrierraum nicht fehlen, wie eine Rechnung der Firma Harter aus Gerolzhofen über 8,20 D-Mark belegt. Bereits bei der Inbetriebnahme sind alle 40 Kühlfächer – teilweise auch durch zwei Personen, die sich ein Fach teilten – vermietet, was drauf hindeutet, dass die Nachfrage eher noch größer als das Angebot war.
Die Anschaffungskosten je Fach betrugen 790 D-Mark. Der Mitgliedsbeitrag wurde in Form von Stromgeld (18 DM pro Jahr für ein Fach und 12 D-Mark pro Jahr für ein halbes Fach) und einer Gebühr für die Nutzung des Vorkühlraumes von 1 D-Mark pro Tag für Fachmieter und 2 D-Mark pro Tag für Nichtmitglieder erhoben. Die Reinigung des Häuschens wurde von den Mitgliedern abwechselnd übernommen.
Versicherte Waren
Zu Buche schlugen von Beginn an auch die notwendigen Kundendienstinspektionen mit Abtaudienst. Im Jahr 1978 wurde dieser Service von der Firma Manfred Rath aus Würzburg für 272 D-Mark angeboten, die zusätzliche Meisterstunde wurde mit 26 D-Mark berechnet. Bemerkenswert ist auch die Versicherungspolice aus dem Jahr 1969, mit der die technische Einrichtung gegen Feuer, Wasser und Einbruchdiebstahl mit 1000 D-Mark und die gefrorenen Waren mit 18 000 D-Mark versichert wurden.
Das Protokoll der Mitgliederversammlung aus dem Jahr 1974 zeigt erstmals schwerwiegendere Probleme aufgrund der schlechten Kühlleistung durch Leistungsminderung der Anlage auf. Es wurden Reparaturen notwendig und die Jahresgebühr musste auf 60 D-Mark angehoben werden. 1982 beschlossen die Mitglieder, die Abgabe wieder auf 40 D-Mark zu senken.
Das bewährte System der Frostgemeinschaft hielt sich über Jahrzehnte in nahezu unveränderter Weise, bis nun eben die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben war. Aktuell zahlen die Nutzer der Gefrieranlagen bereits 120 Euro pro Jahr, um die erheblich gestiegenen Energiekosten zu decken.
Feuerwehr zieht ein
Bürgermeister Lothar Zachmann freut sich darüber, dass sich bereits eine Umnutzung des Gefrierhäuschens abzeichnet. Die Freiwillige Feuerwehr kann das Gebäude gut als zusätzlichen Stauraum gebrauchen, zumal durch den Abriss des Hümmergebäudes Lagerflächen wegfallen.