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EBRACH: Die neuen Mönche im alten Kloster

EBRACH

Die neuen Mönche im alten Kloster

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    Im Kaisersaal in Ebrach wurde mit einem Festakt das Jubiläumsjahr „60 Jahre Jugendvollzug in der Justizvollzugsanstalt Ebrach (1958 - 2018)“ durch Bayerns Justizminister Winfried Bausback (2. von links) und JVA-Leiter Gerhard Weigand (rechts) offiziell eröffnet. Unter den Festgästen befanden sich auch Weigands Vorgängerin Renate Schöfer-Sigl und sein Vor-Vorgänger Hans Welzel (links).
    Im Kaisersaal in Ebrach wurde mit einem Festakt das Jubiläumsjahr „60 Jahre Jugendvollzug in der Justizvollzugsanstalt Ebrach (1958 - 2018)“ durch Bayerns Justizminister Winfried Bausback (2. von links) und JVA-Leiter Gerhard Weigand (rechts) offiziell eröffnet. Unter den Festgästen befanden sich auch Weigands Vorgängerin Renate Schöfer-Sigl und sein Vor-Vorgänger Hans Welzel (links). Foto: Foto: Norbert Vollmann

    Ein Satz, zwei Begriffe und ein Musikstück blieben besonders vom Festakt zur Eröffnung des Jubiläumsjahres „60 Jahre Jugendvollzug in der Justizvollzugsanstalt Ebrach“ hängen. Der Satz stammte von Bayerns Justizminister Winfried Bausback: „Jeder Einzelne, der sein Leben nach der Haft ohne Straftaten bewältigt, ist ein Gewinn für uns alle.“ Die Begriffe betrafen „Ebrachs neue Mönche“ sowie die „abgefahrenen Omas und die harten Jungs“. Beim Musiktitel handelte es sich um „One Moment in Time“.

    Erziehung und Strafe kein Gegensatz

    Am 1. April 1958 war die JVA Ebrach in eine Jugendstrafanstalt umgewandelt worden. Heute handelt es sich um das größte der drei Jugendgefängnisse im Freistaat für junge männliche Straftäter. Der Justizminister betonte in seiner Rede: „Im Jugendvollzug haben sowohl Erziehung als auch Strafe ihren Platz. Sie bilden keine Gegensätze. Jugendvollzug ist und bleibt damit untrennbarer Bestandteil der staatlichen Strafrechtspflege. Er leistet einen unverzichtbaren Beitrag für die innere Sicherheit unseres Landes.“

    Ebrach habe in den sechs Jahrzehnten viele Akzente für einen modernen Jugendvollzug gesetzt, so der Festredner im Beisein von Kabinettskollegin Melanie Huml und Landtagsvizepräsidentin Inge Aures, die zugleich als stellvertretende Vorsitzende dem Anstaltsbeirat in Ebrach angehört.

    Die neuen Ansätze zur Optimierung der Erziehungsarbeit und zur Weiterentwicklung des Jugendvollzugs reichten laut Bausback von Schule, Ausbildung, Wohngruppenvollzug und festen Betreuungsteams über den arbeitstherapeutischen Betrieb, die sozialtherapeutische Abteilung für junge Gewalttäter, sportpädagogische Maßnahmen und soziale Trainingskurse bis hin zum Konzept zur Drogenprävention.

    JVA Ebrach genießt hohe Anerkennung

    „Die breite Palette an Maßnahmen, die wir den Jugendlichen in Ebrach bieten, schafft beste Voraussetzungen für ein eigenverantwortliches und straffreies Leben in Freiheit. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass die Anstalt weit über die Grenzen Bayerns hinaus hohe Anerkennung genießt“, so Bayerns Justizminister.

    Während der Erwachsenenvollzug zur Resozialisierung dienen soll, stehe beim Strafvollzug für jugendliche und heranwachsende Gefangene die Erziehung im Mittelpunkt. Dieser Erziehungsauftrag werde in Ebrach mit viel Engagement und Verantwortungsbewusstsein erfüllt. Hierzu würden junge Straftäter während der Haft pädagogisch gefördert und in Reaktion auf die bisherigen Fehlentwicklungen in ihrer Persönlichkeitsbildung sowie in ihrem Sozialverhalten auf dem Weg zu einem straffreien Leben unterstützt und begleitet.

    Behandlung als Person und nicht als Fall

    Winfried Bauback unterstrich: „60 Jahre Jugendstrafvollzug in Ebrach, das heißt 60 Jahre vorbildlicher Einsatz mit Herz und Verstand für das Unternehmen Erziehung bei vielen tausend Jugendlichen.“ Von jeher würden die jungen Straffälligen als Person angenommen und nicht als „Fall“ behandelt, ihnen Zuwendung und ehrliches Interesse entgegengebracht, aber auch, wenn es nötig sei, von ihnen Leistung eingefordert und ihnen Grenzen aufgezeigt. Der Minister sprach von einem „unverzichtbaren Beitrag für die Zukunft des Bayerischen Justizvollzugs, für die Zukunft vieler junger Menschen und für die Zukunft unserer Gesellschaft.“

    Mühevolle Kleinarbeit

    Bausback machte zugleich deutlich: „Es ist mühevolle Kleinarbeit auf einem Weg, der häufig viele Schwierigkeiten, Enttäuschungen und Rückschläge mit sich bringt.“ Bausbacks Dank galt umso mehr allen ehemaligen und aktiven Mitarbeitern für ihr Engagement.

    Andererseits scheine sich der hohe persönliche Einsatz sowie auch der finanzielle Aufwand des Freistaats Bayern durchaus auszuzahlen, wenn man sich die seit 2013 wissenschaftlich näher untersuchte Wiederinhaftierungsquote anschaue. Der „Drehtür-Effekt“ sei deutlich niedriger als lange aus der subjektiven Wahrnehmung heraus angenommen. 75 Prozent der Häftlinge in Ebrach kämpfen sich demnach dauerhaft in die Gesellschaft zurück.

    Die „echten Helden“

    Eingangs hatte JVA-Leiter Gerhard Weigand die Festgäste aus Politik, Kirche, Gesellschaft und die Vertreter von Justiz, Polizei sowie Behörden, Institutionen und örtlichen Kooperationspartnern begrüßt, die alle eng mit der JVA zusammenarbeiten. Dazu die „echten Helden“, wie er sie nannte, vom Gefangenenhilfsverein „Schritt für Schritt“ oder von der bayerischen Sportjugend, die regelmäßig mehrere Stunden hinter Gittern mit den Gefangenen verbringen. Unter den Festgästen befanden sich auch Weigands unmittelbare Vorgänger Renate Schöfer-Sigl und Hans Welzel.

    Ebrachs „neue Mönche“

    Weigand erinnerte an einen Festschrift-Beitrag des früheren JVA-Leiters Herbert Kronzucker, den er unter den Titel „Ebrach und seine neuen Mönche“ gestellt hatte. Darin kamen auch die lange herrschenden unzumutbaren Zustände in den großen Schlafsälen zur Sprache, ehe es später zur Behebung des Problems durch bauliche Maßnahmen kam.

    Weitere Grußworte nach der Festansprache von Justizminister Bausback sprachen der Landrat des Landkreises Bamberg, Johann Kalb, und Ebrachs Bürgermeister Max-Dieter Schneider. Beide würdigten die JVA als wichtigen Arbeitgeber und deren Beitrag zur Erhaltung und Pflege der wertvollen historischen Gebäudesubstanz.

    Trauungen und Konzerte im Kaisersaal

    Es sei nicht selbstverständlich, dass innerhalb eines Gefängnisses im Kaisersaal Trauungen und Konzerte des Ebracher Musiksommers stattfinden können und auch Räume für das Museum der Geschichte Ebrachs zur Verfügung gestellt werden, so Ebrachs Bürgermeister.

    Pralle Festschrift zum Vollzugsjubiläum

    Die Festschrift mit dem Titel „Vollzug im Wandel“ und 48 Beiträgen von 47 Autoren stellte Anstaltslehrer Jörg Hinney vor. Darin kommen sie vor, die „abgefahrenen Omas und die harten Jungs“. Gemeint sind damit die Damen von „Schritt für Schritt“ und die von ihnen ehrenamtlich betreuten jungen Gefangenen.

    Für die Umrahmung des Festaktes sorgte die von Otto Weidner geleitete Polizeibläsergruppe aus Bamberg mit verschiedenen Instrumentalstücken. Besonders beeindruckend: Whitney Houstons Olympia-Hymne „One Moment in Time“. Ein Moment auch zum Innehalten. Denn in der Tat ist es oft nur ein Moment, der junge Menschen auf die schiefe Bahn geraten lässt und der für sie im Knast beim Absitzen der Strafe zur gefühlten Ewigkeit werden kann.

    Freude über Öko-Zertifizierung

    Einher ging der Festakt mit der Zertifizierung der ökologischen Arbeitsweise in der Gärtnerei und dem Landwirtschaftsbetrieb der JVA Ebrach zum 1. April 2018. Dazu überreichte Minister Bausback die entsprechende Urkunde. Vorausgegangen war eine zweijährige Umstellungsphase auf den ökologischen Landbau.

    167 Jahre Strafvollzug in Ebrach Das Besondere am Strafvollzug in Ebrach ist, dass er in einem ehemaligen Kloster und damit in historischer Umgebung stattfindet. Im Zuge der Säkularisation 1803 war die vorherige Zisterzienserabtei in den Besitz des Freistaats übergegangen. Nachdem sich kein Käufer fand, wurden die alten Gemäuer ab 1851 für den Strafvollzug genutzt. Als Zwangsarbeitsanstalt, Zuchthaus, Vorbestraftenanstalt und Erstbestraftenanstalt. Zum 1. April 1958 erfolgte die Umwandlung in die heutige Jugendstrafanstalt für junge männliche Straftäter. In Ebrach werden somit seit 167 Jahren Freiheitsstrafen abgesessen. Von den drei Jugendgefängnissen in Bayern für die verschiedenen Altersgruppen junger männlicher Straftäter ist Ebrach heute das größte. Zwischen 21 und 24 Jahren liegt das Durchschnittsalter der im Schnitt hier zwischen 280 und 290 untergebrachten Gefangenen. Die JVA Ebrach ist aber auch für männliche Gefangene ab 17 Jahren zuständig, die aufgrund ihrer Vorgeschichte oder der Schwere ihrer Tat eine längere Jugendstrafe verbüßen. In Ebrach landen in der Regel die ganz schweren jungen Jungs, vom Mörder und U-Bahn-Totschläger über den Drogendealer bis hin zum Vergewaltiger. (novo)

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