Algen haben gemeinhin keinen besonders guten Ruf. Gerade in Süßwasser-Gewässern vermehren sie sich oft explosionsartig, wenn sie gelöste Nährstoffe finden und wenn es warm ist. Sie verfärben das Wasser, entziehen ihm den Sauerstoff und lassen See und Bach bisweilen gar umkippen. Doch aus der großen Familie der Algengewächse gibt es auch Arten, die genau das Gegenteil bewirken. Sie reinigen das Wasser, machen es kristallklar.
Eine solche Pflanze ist die Armleuchteralge (chara intermedia), die schon in etliche Quizsendungen gefragte Alge des Jahres. Es geht um eine Ur-Alge; ihr Alter wird auf mindestens 450 Millionen Jahre geschätzt und sie gilt als Verbindungsglied zwischen dem Mineral- und Pflanzenreich. Die Armleuchteralge wächst am Grund des Gewässers und bildet bis zu 70 Zentimeter lange, grünliche Fäden.
An ihren Stängeln haftet sich im Laufe der Zeit immer mehr Kalk an, den sie dem Wasser entziehen. Im Alter wirken die Armleuchteralgen wie versteinerte Relikte aus einer Urwelt. Weitere Grundbausteine der Pflanze sind Senföl und Schwefel, die reinigende Wirkung haben und sowohl gegen Bakterien als auch gegen Viren vorgehen.
Wissenschaftlicher Zugang
Seit elf Jahren begeistert sich die Münchner Homöopathin Heidi Brand für diese einfache Pflanze. Ihr Gerolzhöfer Kollege Norbert Groeger teilte diese Begeisterung bald. Wissenschaftlichen Zugang zu der Pflanze bekamen sie durch die Bekanntschaft mit einem Münchner Biologen, der die Alge an der TU München erforschte und seine Diplom- und Doktorarbeit über sie schrieb.
Während die Reinigungskraft der chara intermedia bei Biologen und Limnologen (Wissenschaftler, die sich mit dem Öko-System von Binnengewässern beschäftigen) schon längst ein Thema ist, befassten sich sowohl Schulmedizin als auch Homoöpathie bisher nicht mit der Alge.
„Wenn es eine Pflanze schafft, verschmutztes Wasser in einem See zu reinigen, kann sie das nicht auch im Menschen, der ja immerhin zu 70 Prozent aus Wasser besteht?“, fragten sich Heidi Brand und Norbert Groeger. Diese Fragestellung wurde zur Grundlage ihres Buchs „Chara intermedia – eine homöopathische Studie mit Fallbeispielen“, das zu Pfingsten 2012 erschienen ist.
Mit Hilfe eines Münchner Apothekers stellten Brand und Groeger ein Arzneimittel durch Verreibung der Alge zu verschieden starken Potenzen her. Das Mittel mit dem Namen Chara intermedia erprobten sie an zehn sogenannten Prüfern. Die bekamen es ohne zu wissen, was es ist und wie es wirken soll – eine Blindstudie also. Die Tester wollten herausfinden, welche Symptome es hervorruft. Ein Grundsatz der Homöopathie ist es ja bekanntlich, dass ein Mittel die Symptome, die es hervorruft, auch beseitigen kann.
Ergebnis: „Das Reinigungspotenzial der Alge zeigte sich auch beim Menschen, sowohl in körperlicher, aber auch und vor allem in seelischer Hinsicht“, berichtet Norbert Groeger. Alle zehn Testpersonen berichteten nach der Einnahme der Arznei von offenbar nicht bereinigten traumatischen Erlebnissen, die bisher wohl unbewusst in ihr Leben hineinwirkten und jetzt plötzlich nicht nur wieder bewusst, sondern auch verarbeitet und geklärt wurden. Hier befindet sich der Homöopath im Übergangsbereich zwischen Materiellem und Immateriellem, zweifellos dem Bereich, der die meisten Kritiker an der Homöopathie auf den Plan ruft.
„Jeder Mensch hat Verdrängtes, Unverarbeitetes“, sagt Norbert Groeger. Allerdings sei die Arznei kein Mittel, das man wie andere Algen-Präparate einfach so zur Nahrungsergänzung einnehmen soll. Ob die Anwendung der Substanz sinnvoll ist oder nicht, könne nur der Homöopath entscheiden. Er muss auch den Verlauf der Wirkung stetig kontrollieren. Angewendet werden kann die Arznei neben vielem anderen bei ADS, AHDS oder Arthrose.
Um die Glaubwürdigkeit der Testpersonen zu unterfüttern, haben die Autoren weitere Patienten behandelt, die ebenfalls von großen Erfolgen berichteten (Praxiserprobung). Im Buch sind sechs Betroffene mit schwerwiegenden Erkrankungen sowohl im physischen als auch im psychischen Bereich beschrieben.
Drei Jahre lang haben die Autoren, die auch vorher schon wissenschaftliche Beiträge publizierten, an dem Buch gearbeitet. Sie haben dabei mit zwei promovierten Biologen kooperiert, um ihre Erkenntnisse auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Zusammengekommen sind die beiden Autoren über den gegenseitigen Austausch aus der homöopathischen Praxis.
Durch einen Beitrag in der Zeitschrift „natur & heilen“ (rund 300 000 Leser) haben die Autoren bereits riesige Resonanz auf das Thema erhalten.
Alge vor großer Zukunft?
Nicht nur als Arznei, auch als Mittel zur Wasserreinigung könnte die Alge eine große Zukunft haben, hofft Groeger. Letzteres gerade angesichts des gewaltigen technischen und chemischen Aufwands, der nötig ist, um auch nur das Wasser für ein Schwimmbad aufzubereiten.
Heidi Brand/Norbert Groeger. Chara intermedia – die reinigende Kraft der Armleuchteralge. 176 Seiten, gebunden. Narayana-Verlag, Kandern. Preis: 19,80 Euro.