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Schweinfurt: Die Schweinfurter Flugpioniere und die Grenzen des Himmels

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Die Schweinfurter Flugpioniere und die Grenzen des Himmels

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    Mit Schweinfurter Kugellagern: Wolfgang Rücknagel zeigt Christofer Dittmar (links) einen historischen Junckers-Sternmotor.
    Mit Schweinfurter Kugellagern: Wolfgang Rücknagel zeigt Christofer Dittmar (links) einen historischen Junckers-Sternmotor. Foto: Uwe Eichler

    Nur über den Wolken ist die Ruhe wirklich grenzenlos. Es muss ganz schön laut gewesen sein, an einer  Schweinfurter Kugellager-Maschine von anno dazumal. Wolfgang Rücknagel, vom "Arbeitskreis Industriekultur", demonstriert Ehrengast (und Pilot) Christofer Dittmar und Partnerin Petra unter anderem einen "Nieteinfädler" aus den 30-er Jahren, bei einer Führung durchs Kleine Industriemuseum.

    Technik aus der Herkunftsstadt interessiert den gelernten Rechtsanwalt und Unternehmensberater aus Mannheim: "Ich fühle mich Schweinfurt verbunden", sagt der Besucher, der einer Schweinfurt-Schonunger Fliegerdynastie entstammt: als Enkel von Edgar Dittmar (geboren 1908), dem älteren Bruder von Heini Dittmar (Jahrgang 1911). Beide Flugpioniere haben Luftfahrt-Geschichte geschrieben. Christofer Dittmar selbst hat, als Sohn von Volker Dittmar, noch in der Kerschensteiner-Schule die Schulbank gedrückt, später wohnte er in Würzburg.  Der Urgroßvater war Schweinfurter Zahnarzt, drei seiner Söhne betätigten sich als Flieger.

    Mit Modellfliegern fing alles an: Christofer Dittmar stammt aus einer Dynastie von Schweinfurter Flugzeugpionieren.
    Mit Modellfliegern fing alles an: Christofer Dittmar stammt aus einer Dynastie von Schweinfurter Flugzeugpionieren. Foto: Uwe Eichler

    Thomas Bauer spricht vom "Dittmar´schen Gen". Als AKI-Mitglied recherchiert er seit längerem über die Segelflieger-Legenden aus dem Maintal. Der Sport der "tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" war in den frühen Tagen oft noch ein Glückspiel. Bei Edgar im Wortsinn: Der Teenager gewann 1924, beim Bau des Flughafens Würzburgs, eine Motorflugausbildung, die zur Motivation der Helfer verlost worden war. Später zimmerte er sich in einer Schonunger Schreinerei seinen ersten eigenen Gleiter. Mit von der Partie war Rhön-Segelflieger Gottlob "Espe" Espenlaub. Fichtel & Sachs wurde Sponsor des Erfolgspiloten.

    Heini Dittmar baute sich ein Segel-Flugzeug

    An der Wasserkuppe baute sich der jüngere Bruder Heini sein erstes Segel-Flugzeug: die "Condor". Den Segelflugschein hatte er mit dem Preisgeld eines Modellflug-Wettbewerbs finanziert. Es folgten spektakuläre Langstrecken- und Höhenflugrekorde. Im Kriegsjahr 1941 durchbrach der (als unpolitisch und bodenständig geschilderte) Testpilot mit dem Raketenflugzeug Me-163 "Komet", Spitzname "Kraftei", dann die 1000 km/h-Grenze: das erste Anklopfen eines Menschen an die Schallmauer. 1960 kam Heini Dittmar bei einem tragischen Absturz nahe Mülheim an der Ruhr ums Leben. In Schweinfurt ist eine Straße nach ihm benannt. Edgar Dittmar lebte zuletzt in Forst und starb 1994.

    Nun wurde Christofer Dittmar ins Museum eingeladen, in Vorbereitung der Sonderausstellung "Schweinfurt und die Luft- und Raumfahrt" im Frühjahr 2020 (bei der er ebenfalls anwesend sein will). So richtig in die großen Fußstapfen seiner Vorfahren treten, oder besser gesagt in deren Luft-Wirbelschleppen fliegen wollte der Enkel nie. Zwischendurch hatten Opa und Großonkel, bei allem Draufgängertum, schon auch mit wirtschaftlichen Flauten zu kämpfen. "Wie wird man durch Fliegen zum Millionär?" scherzt der Besucher: "Indem man vorher Milliardär war."

    Fallschirmspringer mit mehreren Piloten-Lizenzen

    Nicht, dass der Träger des "Dittmar-Gens" keine Erfahrung mit Höhenluft hätte, als Hobby-Fallschirmspringer mit mehreren Piloten-Lizenzen. Los ging es auch bei ihm mit Modellflugzeugen. Schon mit 14 Jahren hat er beim Aero-Club Schweinfurt, bei Wolfgang Baier, den Segelflugschein absolviert. Das war 1980. Nun wird im Museum der "Flautenschieber" begutachtet, ein ausklappbarer Hilfspropeller für Segelflieger, an dem Baier getüftelt hat.

    Mehr Freiheit über den Wolken: Christofer Dittmar (links)  vor einem Hilfsmotor für Segelflieger.
    Mehr Freiheit über den Wolken: Christofer Dittmar (links) vor einem Hilfsmotor für Segelflieger. Foto: Uwe Eichler

    Apropos Modellflieger: Lässt sich die Aerodynamik der Minis wirklich 1:1 auf Großflugzeuge übertragen, wie beim "Flug des Phönix" (wo Hardy Krüger als Modellflugzeugbauer aus dem Wrack einer Bruchlandung einfach einen neuen Flieger improvisiert)?

    Naja, sagt Dittmar. Vor dem Computer-Zeitalter wurden Prototypen mühsam im Kleinformat getestet, mit "Maßstabs-Effekten": Die Kleinen fliegen bei gleicher Form gerne mal anders als die Großen. Der junge Heini Dittmar soll Konstrukteur Alexander Lippisch mit einem eigenwillig verbesserten Flugmodell beeindruckt haben, das wider Erwarten funktionierte.

    Lippisch war für den Testpiloten eine Art "Daniel Düsentrieb", der auch die Pläne zum Raketenflugzeug Me-163 lieferte. Die Ideen des Aerodynamikers gelten als zukunftsweisend, etwa seine Nurflügler-Modelle. In der Zivilluftfahrt könnten künftig hunderte Passagiere spritsparend in einem einzigen Riesenflügel Platz nehmen. "Die heutigen Flugplätze sind zu klein dafür", vermutet Christofer Dittmar und bremst allzu hochfliegende Erwartungen. Ein paar Grenzen gebe es in der modernen Fliegerei schon noch, trotz Bordrechner: "Der Teufel kann auch fliegen."

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