„Nein, die Stadt verdient kein Geld an den Knöllchen, und sie verteilt auch keine Provisionen an den Außendienst des Verkehrsüberwachungsdienstes (VÜD).“ Mit diesen klaren Worten antwortet Frank Reppert, der Leiter des Ordnungsamtes bei der Stadt, auf die immer wieder zu hörenden Parolen von Autofahrern, denen die Kontrolleure des VÜD ein Dorn im Auge sind.
Hauptmotivation bei der städtischen Verkehrsüberwachung seien nicht die Einnahmen, sondern das Herstellen von Gerechtigkeit. In den Parkhäusern, die übrigens nicht vom VÜD kontrolliert werden, erledigen das die Zufahrtsschranken, auf den öffentlichen Parkflächen in der Stadt eben die sieben Frauen und vier Männer des VÜD, die sich die 7,4 Planstellen teilen.
„Qualität vor Quantität“
Einen finanziellen Anreiz gibt es für die Männer und Frauen in Uniform aber dann doch, gibt Reppert im Gespräch mit mainpost.de. offen zu: im Öffentlichen Dienst sind etwa 98 Prozent des Gehaltes fix, den Rest gibt es nur bei Erreichen eines Zieles, das jährlich neu mit dem Vorgesetzten besprochen wird. „Dabei geht es aber nicht darum, viele Verwarnungen auszustellen, sondern möglichst wenig Fehler zu machen“, sagt Reppert, „Qualität geht vor Quantität“.
38 000 Verwarnungen
Ein Blick auf die Zahlen untermauert die Aussagen des Ordnungsamtsleiters: 440 000 Euro an Ausgaben standen im vergangenen Jahr 410 000 Euro Einnahmen aus fast 38 000 Verwarnungen gegenüber.
Im Jahr 2012 war das Defizit noch höher, obwohl über 42 000 Verwarnungen unter die Scheibenwischer geklemmt worden waren. Damals galten aber auch noch niedrigere Verwarnungsgeldsätze.
Aktuell kostet Parken ohne Parkschein 10 Euro. Steht das Auto nach 30 Minuten immer noch wird es teurer: 15 bis 30 Euro (bei mehr als drei Stunden) sind dann fällig.
Bezahlen mit dem Handy
Mit dem SMS-Parken hat es die Stadt den Autofahrern im Jahr 2013 noch einfacher gemacht, ihre Parkgebühr zu entrichten. Wer kein Kleingeld hat greift einfach zum Handy. Die Anleitung steht auf den Parkautomaten.
Per SMS zahlt man seine Gebühr, kann sich vor Ablauf der Parkzeit erinnern lassen und sogar verlängern, wenn es im Wartezimmer mal länger dauert. Auch dabei darf allerdings die zulässige Höchstparkdauer (in der Innenstadt meist eine Stunde) nicht überschritten werden.
Wer längere Zeit in der Stadt verbringen möchte, dem empfiehlt der VÜD-Leiter Andreas Wohlmacher die Parkhäuser oder den Parkplatz zwischen Theater und Kunsthalle. Zwischen 1100 und 1500 SMS-Parkvorgänge monatlich wurden im Jahr 2013 registriert.
Zwei Drittel zahlen sofort
Fast zwei Drittel der Autobesitzer zahlten ihr Knöllchen im vergangenen Jahr gleich, die restlichen 14 000 bekamen eine Verwarngeldanhörung, schließlich war nicht auszuschließen, dass das Papierchen am Auto abgerissen oder weggeweht wurde.
Gut die Hälfte von ihnen zahlte innerhalb der gesetzten Frist, die anderen 6280 bekamen eine Verwarngelderinnerung.
Danach wird es teurer, da der VÜD die weitere Bearbeitung an die Zentrale Bußgeldstelle in Viechtach abgibt. Von dort bekamen im letzten Jahr 2970 Autofahrer Post, die ihr Knöllchen in Schweinfurt nicht bezahlt hatten. Darauf scheinen offensichtlich viele zu warten, bevor sie bezahlen - in der Hoffnung, dass sich die unangenehme Angelegenheit von selbst in Luft auflöst.
Nur so lässt sich zumindest erklären, warum nur ganze 24 Betroffene Einspruch eingelegt haben. Drei von ihnen bekamen Recht, für die anderen 21 wurden Bußgeldverfahren beim Amtsgericht Schweinfurt eingereicht, das immerhin noch achtmal im Sinne der Autofahrer entschied.
Wer sich ungerecht behandelt fühlt, kann sich direkt beim VÜD beschweren. Da die Verkehsüberwacher mit mobilen Geräten arbeiten, werden die zu einer Verwarnung gehörenden Informationen und gelegentlich auch Fotos meist sofort an den VÜD-Innendienst übertragen.
Die Ausbildung
Verkehrsüberwacher wird man übrigens nicht einfach so nebenher. Einer internen Ausbildung folgt der Besuch der Bayerischen Verwaltungsschule mit Prüfung und Zertifizierung. Geübt wird im Rahmen des Seminars auch der Umgang mit den „Kunden“, wie man die Parksünder dort nennt. Dass ein „Kunde“ sich mal im Ton vergreift, ist in Schweinfurt selten – auch weil die Verkehrsüberwacher die Autofahrer ja meist gar nicht treffen.
Beim fahrenden Verkehr, beispielsweise Radfahrer, sieht die Sache anders aus. Hier versucht man die Wogen nicht hoch schlagen zu lassen, kommt es aber zur Beleidigung scheuen sich die Frauen und Männer in Uniform auch nicht vor einer Anzeige.
Die Zahl der Verwarnungen von Radlern hat sich gegenüber dem Vorjahr auf 126 verdoppelt. Schwerpunkt hier waren gesperrte Bereiche (zum Beispiel der Weihnachtsmarkt, nur schieben erlaubt) und die Maxbrücke (falsche Richtung). Auch Autofahrer haben aber mit für Fußgänger reservierten Bereiche so ihre Probleme: das Durchfahren des Roßmarktes oder die Abkürzung über den Marktplatz sind Beispiele. 387 Verwarnungen wurden ausgesprochen.
Hotspot Innenstadt
Dass die meisten Knöllchen in Schweinfurt im Stadtzentrum geschrieben werden verwundert nicht. Dennoch gibt es Hotspots, also Straßen, in denen auffällig viele Verwarnungen ausgesprochen werden. Es sind dies die Zehntstraße (2877), die Johannisgasse (2034), die Schrammstraße (1974), Am Zeughaus (1927) und die Roßbrunnstraße (1340). Die Straßen und Plätze mit der höchsten Verwarnungsanzahl finden Sie auf unserer interaktiven Karte unten.
Nicht berücksichtigt sind dort die Verwarnungen, die von der Polizei ausgestellt werden, wie beispielsweise jüngst am Baggersee oder dem Silvana-Bad. Rund um die Zufahrt zum Baggersee an der Straße zwischen Gochsheim und Grafenrheinfeld gab es alleine am heißen Pfingstmontag 160 Knöllchen. Sieben Autos wurden gar abgeschleppt.
Schilderwald
Inwieweit eine unklare oder zumindest verwirrende Beschilderung zu Fehlern der Autofahrer beiträgt, kann nur erahnt werden. Thomas Hess, Sachgebietsleiter Verkehrswesen im Ordnungsamt, verweist auf den Verkehrssicherungsplan Bayern 2020, dessen Ziel klarere Markierungen und weniger Schilder seien. Regelmäßig schaue man sich Stadtteile an, überprüfe Unfallschwerpunkte und gehe auch Hinweisen von Anliegern nach.
Sie haben einen unklaren Schilderwald in Schweinfurt entdeckt? Senden Sie uns ein Foto per Mail an red.online@mainpost.de, Betreff: VÜD Schweinfurt. Wir gehen der Sache nach.
Die Straßen und Plätze mit der höchsten Verwarnungsanzahl:
Fotos: Horst Breunig (5), Anand Anders (3)