Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Gerolzhofen
Icon Pfeil nach unten

Grettstadt: "Die Steigerwaldbahn ist kein Allheilmittel"

Grettstadt

"Die Steigerwaldbahn ist kein Allheilmittel"

    • |
    • |
    Volles Haus: Der Info-Abend der CSU in der Turnhalle in Grettstadt zu einer möglichen Wiederbelebung der alten Trasse der Steigerwaldbahn stieß auf großes Publikumsinteresse.
    Volles Haus: Der Info-Abend der CSU in der Turnhalle in Grettstadt zu einer möglichen Wiederbelebung der alten Trasse der Steigerwaldbahn stieß auf großes Publikumsinteresse. Foto: Klaus Vogt

    Die mögliche Reaktivierung der Steigerwaldbahn ist ein Thema, das interessiert und das polarisiert. Über 200 Personen folgten am Montagabend einer Einladung der CSU Schweinfurt-Kitzingen nach Grettstadt zu einem Informationsabend, der unter dem Motto stand "Wir präsentieren die Fakten". Die Veranstaltung, geöffnet auch für Nichtmitglieder, sollte zunächst im Gasthaus Straub stattfinden. Angesichts der Vielzahl von Anmeldungen musste dann aber kurzfristig in die örtliche Turnhalle umgezogen werden. 

    Der Abend verlief in sachlich-ruhiger Atmosphäre, ähnlich wie die Info-Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen, die vor einigen Wochen im Pfarrer-Hersam-Haus in Gerolzhofen stattgefunden hatte. Es ist eben doch ein Unterschied, ob man sich bei einer großen Veranstaltung mit seinem Namen vorstellt und dann seine Meinung kundtut, oder ob man in einem der Internet-Foren in der Anonymität eines frei erfundenen Nicknames Behauptungen aufstellt oder gar den Ruf anderer Leute diskreditiert. 

    Um Deeskalation bemüht

    Nüchtern, sachlich, vernünftig - dies waren Adjektive, die im Laufe des Abends mehrmals von den CSU-Rednern zu hören waren. Man war offenkundig bemüht, keine Emotionalität in der Diskussion aufkommen zu lassen. "Dies hier ist keine Veranstaltung gegen die Bahn, sondern wir wollen durch Informationen aus ersten Hand den Druck bei diesem Thema herausnehmen", sagte Staatssekretär Gerhard Eck zur Begrüßung. Auch dem Staatssekretär, dem bekanntermaßen nicht nur bei seinen frei gehaltenen Reden mitunter schon mal die Pferde durchgehen, war anzumerken, dass er bei seiner Wortwahl bewusst auf Deeskalation setzte.

    Alle Gemeinden längs der Eisenbahnlinie, außer Gerolzhofen, hätten Anträge auf Entwidmung der Strecke gestellt. Diese Entscheidungen von "demokratisch gewählten Gremien der ersten Ebene" könnten nicht einfach beiseite gewischt werden, sagte Eck. Die beantragte Entwidmung werde nur dann entsprechend den gesetzlichen Vorschriften von der zuständigen Regierung von Mittelfranken abgelehnt, wenn sich die beiden Landkreise Schweinfurt und Kitzingen eindeutig für den Erhalt der Strecke aussprechen würden. "Beide Kreistage haben bis jetzt aber nicht konkret beschlossen, dass sie gegen die Entwidmung sind", betonte Eck. Er habe inzwischen die Bezirksregierung in Ansbach gebeten, mit den beiden Landkreisen Kontakt aufzunehmen, um den momentanen Stillstand aufzubrechen. 

    "Ich kenne jeden Meter"

    Ein weiteres Problem bei der möglichen Reaktivierung sei der schlechte Zustand der Bahntrasse. "Ich bin die Strecke selbst komplett abgelaufen", gab der Staatssekretär bekannt, "ich kenne jeden Meter." Der Sanierungsbedarf sei enorm. "Und wer zahlt das?" Auch auf die Ideen des Verkehrsplaners Robert Wittek-Brix, der den Zugverkehr über Straßenbahnen in die Innenstädte von Schweinfurt und Kitzingen bringen will, ging Eck ("Ich komme aus der Baubranche") kurz ein. "Dies ist technisch sicherlich machbar, wenngleich sehr schwierig. Aber die Kosten wären enorm."

    Es sei das unbestrittene Ziel aller politisch Verantwortlichen, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu stärken und für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen, machte der Staatssekretär klar. Hier sollte Gas/Elektro/Wasserstoff zum Einsatz kommen, die Einheiten müssten kleiner und individueller werden. "Und wenn es wirtschaftlich darstellbar ist, dann auch mit einer Bahn."

    Fördergelder gerecht verteilen

    Die Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber sagte, man müsse den ÖPNV im gesamten Landkreis mit neuen Technologien und neuen Ansätzen klimafreundlich verbessern. Dafür stünden auch Bundesmittel zur Verfügung. "Die Bahn könnte dann ein Baustein von vielen sein." Allerdings müsse man die Fördergelder im Landkreis gerecht verteilen und nicht nur auf die sieben Kommunen entlang der Bahntrasse konzentrieren. Ihrer Meinung nach sei die Bahn hinsichtlich Abdeckung und Flexibilität aber "kein Allheilmittel, besonders nicht für den ländlichen Raum". Das geplante Mobilitätskonzept des Landkreises mit 13 neuen Buslinien im Stundentakt, Zubringerdiensten per Anrufsammeltaxi - dies alles zu fairen Tarifen  und digital buchbar - passe wohl besser zu den Erfordernissen des ländlichen Raums.

    In CO2-Fußabdrücken rechnen

    Barbara Becker, Landtagsabgeordnete für den Raum Gerolzhofen/Kitzingen, stellte fest, dass die bisherige "Vielstimmigkeit" ein Problem gewesen sei. "Alle haben zu wenig miteinander geredet." Deshalb freue sie sich, dass nun "ein wertschätzender Dialog stattfindet, bei dem das Argument vom Verstand geführt wird". Um die drei Ziele - Klima, Umweltschutz, Lebensqualität auf dem Land - zu erreichen, müsse der ÖPNV deutlich besser werden. "Die Bahn kann ein Mittel dazu sein." Allerdings müsse es Sinn machen. Bei der Frage, ob Bahn oder Bus die bessere Lösung sei, "müssen wir rechnen, sowohl in Euro als auch in CO2-Fußabdrücken." Auch Becker kritisierte - wie zuvor schon Gerhard Eck - die beiden Landkreise Schweinfurt und Kitzingen. Dort drücke man sich vor einer eindeutigen Entscheidung pro Bahn, und dies insbesondere in Kitzingen, wo man noch nicht einmal ein Mobilitätskonzept habe, sagte die Abgeordnete.

    Eher für Ballungszentren

    Aus München war Ministerialrat Stefan Schell angereist. Er ist im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr als Referatsleiter zuständig für die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs im Freistaat. Die Staatsregierung stehe möglichen Reaktivierungen von Eisenbahnlinie grundsätzlich sehr offen gegenüber, wo es sinnvoll und machbar sei. Auf dem flachen Land sei eine solche Reaktivierung allerdings für gewöhnlich schwieriger, denn die Bahn sei als ein Massentransportmittel doch eher für die Ballungszentren geeignet.   

    Die bauliche Wiederherstellung einer Bahntrasse durch ein interessiertes Verkehrsinfrastruktur-Unternehmen könne nicht durch den Freistaat gefördert werden, weil der Staat nur für den laufenden Betrieb zuständig sei. Das müsse die Firma selbst finanzieren. Das Unternehmen erhalte aber, wenn der Bahnbetrieb dann aufgenommen wird, vom Freistaat über das vertraglich fixierte Bestellentgelt Geldzahlungen, was letztlich auch einer Förderung gleichkomme, erläuterte Schell. Wenn die Bahntrasse sich allerdings in einem schlechten Zustand befindet, dann gebe es ein Problem: Das Verkehrsinfrastruktur-Unternehmen müsse bei hohen Sanierungskosten schauen, ob sich das Projekt überhaupt irgendwann mal rechnet. Und selbst die vom Freistaat für 15 Jahre zugesicherte Bestellgarantie reiche bei vielen Banken dann als handfeste Sicherheit bei einer Kreditvergabe an das Unternehmen nicht mehr aus.

    Beschlüsse reichen nicht aus

    Konkret auf die Steigerwaldbahn Bezug nehmend sagte der Ministerialrat, es gebe im Freistaat - auch wenn Bahnbefürworter dies gerne unter den Tisch fallen ließen - durchaus auch drei bis vier Bahn-Reaktivierungsprojekte in Bayern, die nicht erfolgreich seien. Das Problem: Die Landkreise dort hätten es versäumt, ihre Buslinien an die Bahn anzupassen. Dort komme es jetzt zu Parallelverkehren, die beiden Seiten nicht zuträglich seien. Deshalb lege der Freistaat nun großen Wert darauf, dass bereits vor einer Prüfung einer möglichen Bahn-Reaktivierung die betroffenen Landkreise dem Staat vertraglich zusichern, ihre Buslinien auf die Bahn abzustimmen. Neben dem "klaren Bekenntnis der Köperschaften auf kommunaler Ebene" fehle bei der Steigerwaldbahn aber auch diese Zusicherung der Landkreise. Die derzeitige Beschlusslage der Kreistage reiche nicht aus, machte Schell deutlich.

    Es schloss sich eine ausgiebige Diskussionsrunde an.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden