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Euerbach: Die Taube als Mahnung zum Frieden

Euerbach

Die Taube als Mahnung zum Frieden

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    Den Kreislauf der Gewalt zu unterbrechen ist der Gedanke des Friedensmahnmals auf dem Alten Friedhof Euerbach, das aus zwei amerikanischen Panzerrädern gefertigt und vor fünf Jahren aufgestellt wurde. Seitdem wurden die Friedensgedanken vieler Euerbacher dort abgedruckt.
    Den Kreislauf der Gewalt zu unterbrechen ist der Gedanke des Friedensmahnmals auf dem Alten Friedhof Euerbach, das aus zwei amerikanischen Panzerrädern gefertigt und vor fünf Jahren aufgestellt wurde. Seitdem wurden die Friedensgedanken vieler Euerbacher dort abgedruckt. Foto: Silvia Eidel

    Den Kreislauf, das "Rad der Gewalt" zu stoppen, ist der Gedanke des ungewöhnlichen Friedensdenkmals auf dem Alten Friedhof in Euerbach. Gefertigt wurde es aus zwei Antriebsrädern eines amerikanischen Panzers, der vor 75 Jahren, am 9. April 1945, am Ortsrand abgeschossen worden war. Nach der Aufstellung des Mahnmals zum 70. Jahrestag des Kriegsendes in Euerbach haben inzwischen mehr als 70 Euerbacher ihre Friedensgedanken rund um das Mahnmal platziert.

    "Frieden ist für mich das Leben ohne Gewalt. Wenn Toleranz, Gerechtigkeit und Akzeptanz als Werte von allen Menschen gelebt werden." Dieser Satz ist neben vielen anderen auf Tafeln gedruckt, die, auf Sandsteinplatten befestigt, das Mahnmal mit der Friedenstaube umgeben. Auch ganz persönliche Einsichten wie "Frieden ist, mit sich und anderen im Reinen zu sein", sind da zu lesen. Oder: "Frieden ist für mich, Respekt gegenüber den Mitmenschen, Solidarität, Rücksicht".

    Was hier von Privatpersonen und Vereinen, von jungen und alten Einwohnern aufgeschrieben wurde, basierte auf einer Vision. "Wir hatten bei der Eröffnung des Mahnmals das ehrgeizige Ziel, 70 Gedanken von Euerbachern zum Thema Frieden zusammenzutragen", erinnert sich Johannes Krüger. Es wurden mehr, freut er sich, über 90, und alle sind auf den Schildern festgehalten.

    Der historisch versierte Euerbacher engagiert sich im Arbeitskreis "Unser Dorf hat Zukunft" und forcierte damals gemeinsam mit Bürgermeister Arthur Arnold das Projekt des Mahnmals. Denn die schlimmen Ereignisse zum Kriegsende beschäftigten noch viele ältere Bürger. Zudem gab es da noch die beiden Antriebsräder dieses amerikanischen Panzers. Der hatte nach seinem Abschuss noch lange nach Kriegsende ausgebrannt am Ortsausgang Richtung Sömmersdorf gestanden. Zwei Euerbacher hatten die Räder aufgehoben und stellten sie der Gemeinde zur Verfügung.

    Die Informationstafel erklärt die Geschehnisse beim Kriegsende vor 75 Jahren in Euerbach, unweit dieser Stelle, und beleuchtet die Intention des Mahnmals.
    Die Informationstafel erklärt die Geschehnisse beim Kriegsende vor 75 Jahren in Euerbach, unweit dieser Stelle, und beleuchtet die Intention des Mahnmals. Foto: Silvia Eidel

    Nach der Idee von Johannes Krüger und der Politikstudentin Claudia Fischer schuf Thomas Baum, kunsthandwerklich versierter Rathaus-Hausmeister, eine Verbindung, eine Achse zwischen beiden Rädern. Darauf setzte er eine metallene Friedenstaube, herausgebrannt aus Stahlblech, filigran und doch dominierend. Während sie auf der Achse steht, so die Interpretation, können sich die Panzerräder nicht drehen. Denn "Gewalt erzeugt wieder Gewalt", hatte Claudia Fischer bei der Eröffnung ein Plädoyer für die Unterbrechung dieses Kreislaufs gehalten.

    Amerikanische Panzer erreichten den Dorfrand

    Genau das war in Euerbach passiert. Unweit der Stelle des Friedensmahnmals hatten am 9. April 1945 von Westen her die ersten amerikanischen Panzer den Dorfrand von Euerbach erreicht. Ein Feldwebel der deutschen Luftwaffe, der in der Nachrichtenstellung "Wildschwein" bei Euerbach stationiert gewesen war, hatte schon im Vorfeld gedroht, den ersten Panzer abzuschießen. Einige Euerbacher Männer hatten noch versucht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, weil sie dann erst recht einen Beschuss des Dorfes fürchteten. Ihr Bemühen war vergeblich.

    Dieser Feldwebel soll unter dem Eindruck einer Todesnachricht aus seiner Heimatstadt im Rheinland gestanden haben. Frau und Kind sollen bei einem Luftangriff ums Leben gekommen sein. Mit einer Panzerfaust postierte sich der Schütze am Ortsausgang Richtung Sömmersdorf, schoss auf den ersten Panzer, der sofort Feuer fing, noch ein Stück weiter in einen Garten rollte und dort an einem dicken Baum ausbrannte. Offenbar konnte nur einer der amerikanischen Soldaten lebend das Fahrzeug verlassen.

    Amerikanische Infanteriesoldaten, die mit ans Dorf herangerückt waren, ergriffen den Schützen und übten sofort Vergeltung: Sie misshandelten ihn schwer, ließen ihn verletzt liegen und verhinderten, dass ihm jemand zu Hilfe kam. Am nächsten Morgen lag er tot am Straßenrand.

    Von Granatsplittern getroffen

    Weil die Amerikaner noch mehr Gegenwehr im Dorf vermuteten, zogen sie ihre Panzer zunächst zurück, und beschossen aus einiger Entfernung den Ort. Dabei kamen zwei junge Menschen ums Leben: Die 15-jährige Erika Spiegel, die gerade auf dem Weg zum schützenden Keller, war und der 24-jährige Alexander Ziegler wurden von Granatsplittern getroffen. Die amerikanischen Geschosse setzten auch fünf Scheunen in Brand und zerstörten etliche weitere Gebäude im Dorf.

    Gedanken zum Frieden, auf Tafeln am Friedensmahnmal des Alten Friedhofs Euerbach.
    Gedanken zum Frieden, auf Tafeln am Friedensmahnmal des Alten Friedhofs Euerbach. Foto: Silvia Eidel

    Bereits am 6. April war eine der beiden schweren Flak-Stellungen südlich des Orts beschossen worden, wobei Soldaten und Luftwaffenhelfer ums Leben kamen. Am Sonntag, 8. April, starb durch einen weiteren Angriff neben drei Soldaten auch der zehnjährige Oswald Weigand. Er hatte mit seinen Brüdern den Vater begleitet, der mit einem Kuhgespann Wasser zur Flak-Stellung gebracht hatte und dort mitten in einen Artillerie-Beschuss geraten war.

    Das Friedensmahnmal und seine Botschaft, das Rad der Gewalt zum Stoppen zu bringen, verweist noch auf eine andere Verbindung: Am selben Tag, als die Amerikaner vor 75 Jahren Euerbach eroberten, wurde der Pfarrer Dietrich Bonhoefer in Flossenbürg zum Tode verurteilt und hingerichtet, erinnert Johannes Krüger. Er hatte den Ausspruch geprägt, "dem Rad in die Speichen fallen".

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