„Heute kommen nur noch rund fünf Prozent der Kräuter aus der Gemeinde.“ Heinrich Klenk junior gibt Einblick in seinen Betrieb, der jährlich zwei bis drei Millionen Kilogramm verarbeitet. Der Rest der Kräuter, die hier verarbeitet werden, stammt aus der ganzen Welt: Sennesblätter, Ingwer und Ginseng aus Indien oder China, Salbei aus Albanien, Baldrian aus Polen. Brennnessel und Löwenzahnblüten werden in Rumänien oder Ungarn gesammelt. Aus Osteuropa kommt auch der Großteil der Pflanzen, zirka 70 Prozent.
Die Kräuter werden getrocknet bei der Firma angeliefert. Der Trockenboden des Betriebs unter dem Dach ist verwaist. Nur noch Bärwurz, den die Firma im Bayerischen Wald anbauen lässt, kommt in den Trockenschrank.
Wenn die Ware eingetroffen ist, beginnt die Arbeit von Apotheker Robert Parzinger und seinem Team. Seit 1976 unterliegt der kräuterverarbeitende Betrieb den selben Qualitätsstandards wie die großen Arzneimittelhersteller. Dabei wachsen die Anforderungen an Hygiene und Dokumentation ständig. „Wir produzieren bald mehr Papier als Kräuter“, meint Parzinger.
Gerald Binder leitet das Labor, hier werden die ankommenden Kräuter erst einmal auf ihre Identität hin geprüft: Ist der Fenchel wirklich Fenchel? Dann kommt die Qualität an die Reihe: Wie hoch ist der Anteil an ätherischen Ölen, wie hoch der Grad der Verunreinigung, was ist mit dem Trocknungsverlust. Sind die Kräuter gar von Schädlingen befallen, dann wird es kompliziert, berichtet Binder, eventuell muss begast werden, aber das ist nicht bei allen Kräutern möglich. Die angelieferten Materialien müssen bestimmten Standards entsprechen. Hagebuttenschalen zum Beispiel müssen einen bestimmten Anteil an Vitamin C ausweisen.
Erst wenn die Qualität stimmt, geht es an die Verarbeitung der „Drogen“. Insgesamt 700 stehen auf der Produktpalette des Betriebs. Davon werden 70 Prozent zu Arzneien, der Rest für den Lebensmittelbereich verarbeitet, hierher gehören bestimmte Früchtetees oder auch Glühweingewürz. 95 Prozent der Kräuter sind „ganz harmlos“ , so Panzinger, aber es gibt auch einen fünfprozentigen Anteil von Giftdrogen, die extra aufbewahrt und gesichert werden müssen, dazu zählen das Schöllkraut, die Rauwolffiawurzel, die Tollkirsche, Aloe und mehr.
Nach der ersten Prüfung werden die angelieferten Kräuter, Rinden und Wurzeln eingelagert, geschnitten und gesiebt, um Fremdstoffe zu entfernen, noch einmal geprüft und dann abgepackt.
Die 1923 gegründete Firma zählt zu den pharmazeutischen Betrieben und ist eine der zwei größten Lieferanten der mehr als 20 000 Apotheken in Deutschland. „Apotheken können von uns jede Droge haben, die sie wollen, egal wie exotisch“, betont Parzinger. Allerdings weist er auch auf die Schwierigkeiten bei kleineren Bestellungen hin: „Egal, ob ich zehn Kilogramm oder Tonnen einer Arznei verkaufe, der Kontrollaufwand ist derselbe.“
An den Apothekengroßhandel werden vor allem kleinere Gebinde geliefert. Das heißt, die Kräuter werden in der Firma in die typischen Teepäckchen verpackt, je nach Auftragsgröße per Hand oder mit der Maschine. Aber auch hier gibt es Einschränkungen, Salbeiblätter zum Beispiel sind für die maschinelle Abfüllung ungeeignet.
Spannend wird es im Lagerraum der Firma. Hier mischen sich die Gerüche. Da liegen bittere Orangenschalen aus Marokko, die vor allem für die Schnapsherstellung verwendet werden, neben Kakaobohnen, daneben Arzneien von Baldoblättern aus Chile oder Königskerzenblättern aus Deutschland.
Säcke von 50 bis 200 Kilogramm werden für die Pharmaziekunden aus aller Welt abgefüllt. Sie gehen nach Kanada, Amerika, Afrika und schließen so den Kreis: Kräuter aus aller Welt werden in Schwebheim verarbeitet und als Mischungen in Schnitt- und Pulverform wieder in alle Welt verschickt.