Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Gerolzhofen
Icon Pfeil nach unten

GEROLZHOFEN: Die Zeit zwischen Hoffen und Bangen

GEROLZHOFEN

Die Zeit zwischen Hoffen und Bangen

    • |
    • |
    Das war einmal: Auch die Marktgemeinde Oberschwarzach gehörte bis 1972 zum Landkreis Gerolzhofen. Die Ortstafel ist eine Leihgabe des Oberschwarzachers Lorenz Ruppenstein für die Ausstellung zur Gebietsreform im Alten Rathaus (im Bild einer der beiden Museumsleiter, Bertram Schulz). Ruppenstein hatte die Tafel als Geschenk zum 60. Geburtstag von Mitarbeitern der ÜZ erhalten.
    Das war einmal: Auch die Marktgemeinde Oberschwarzach gehörte bis 1972 zum Landkreis Gerolzhofen. Die Ortstafel ist eine Leihgabe des Oberschwarzachers Lorenz Ruppenstein für die Ausstellung zur Gebietsreform im Alten Rathaus (im Bild einer der beiden Museumsleiter, Bertram Schulz). Ruppenstein hatte die Tafel als Geschenk zum 60. Geburtstag von Mitarbeitern der ÜZ erhalten. Foto: Foto: Norbert Finster

    „Es war bestimmt im Merk'schen Rat, dass GEO nicht zu bleiben hat“ – mit diesem markigen Spruch beschloss Ernst Kastner, der letzte Landrat des Landkreises Gerolzhofen, die letzte Kreistagssitzung am 23. Juni 1972. Acht Tage später war der Landkreis Gerolzhofen Geschichte.

    Bruno Merk (CSU), das ist der Name des bayerischen Innenministers (1966 bis 1977), der die Gebietsreform im Freistaat anstieß. Die Verwaltung sollte verschlankt und effektiver werden, kein Landkreis mehr unter 80 000 Einwohner haben. Durch die Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte – beschlossen am 15. Dezember 1971 – wurden aus 143 nur noch 71 neue Landkreise. Ein Ergebnis dieser zügig durchgeführten Reform war auch die Zerschlagung des Landkreises Gerolzhofen, der von der Fläche her vor der Reform mit 4839 Quadratkilometern einer der größeren unter den bisherigen bayerischen Landkreisen und gar der zweitgrößte in Unterfranken war.

    Aber der Kreis Gerolzhofen hatte mit seinen 77 Gemeinden zwischen Pusselsheim und Wüstenfelden sowie Untereisenheim und Wustviel nur rund 42 000 Einwohner. Auch das lag nur wenig unter dem Durchschnitt, denn 62 bayerische Landkreise hatten vor 1972 weniger als 40 000 Einwohner. Zum Vergleich die Nachbarn: Schweinfurt 71 650, Kitzingen 38 500, Haßfurt 46 600, Bamberg 92 000 und Scheinfeld 21 500.

    Was nur wenigen bekannt sein dürfte: Der ehemalige Landkreis Gerolzhofen ist vom Namen her ein Kind des Dritten Reichs. Mit dem 1. Januar 1939, also im Jahr des Kriegsausbruchs, wurden die alten Bezirksstädte in Kreisstädte und die Bezirksämter in Landkreise umbenannt. Bezirksstadt des gleichnamigen Bezirksamts war Gerolzhofen seit 1862 und entwickelte sich seither zu einer Behördenstadt der mittleren Verwaltungsstufe mit Finanzamt, Landratsamt, Amtsgericht mit Gefängnis, Landwirtschaftamt, Gesundheitsamt und Kreiskrankenhaus.

    1862 rückten die Landgerichte Gerolzhofen und Wiesentheid zum Bezirksamt Gerolzhofen zusammen. Dieses wurde zehn Jahre später um einige Gemeinden des aufgelösten Bezirksamts Volkach vergrößert. Damit waren die Grenzen des späteren Landkreises Gerolzhofen festgelegt, ein Gebilde, das von Anfang an nicht sehr homogen war.

    Aber die Kreisstadt hatte jetzt eine starke zentralörtliche Position. Zigtausende Menschen kamen in die Stadt, um ihre Behördengänge zu erledigen.

    Schon Ende der 60er Jahre war immer wieder von einer Landkreisreform in Bayern die Rede. Ministerpräsident Alfons Goppel kündigte die Reform bereits Anfang 1967 als eine der wichtigsten innenpolitischen Aufgaben der neuen Wahlperiode im Freistaat an. Anfang 1971 forcierte Innenminister Bruno Merk das Tempo.

    Von Beginn an stand der Landkreis Gerolzhofen zur Disposition. Gerolzhofens damaliger Bürgermeister Franz Kreppel alarmierte den Stadtrat erstmals am 18. Januar 1971. Er sorgte sich um die Weiterführung der endlich durchgesetzten Bauprojekte wie Realschule und Gymnasium sowie um den Ausbau des Kreiskrankenhauses, sollte Gerolzhofen einmal nicht mehr Kreisstadt sein.

    Landrat Ernst Kastner sicherte dem Bürgermeister der Kreisstadt zu, mit ihm zusammen jegliche gesetzlich zulässige Abwehrmaßnahme in die Wege zu leiten. Kreppel schlug eine Kooperation von Landkreisen bei wichtigen Gemeinschaftsaufgaben vor, anstatt sie zusammenzulegen. Er sah keinerlei Vorteile in einer Landkreisreform. Das Stadtoberhaupt versuchte auch, die unterfränkischen Landräte auf eine gemeinsame Linie gegen die Merk'schen Pläne zu bringen, hatte damit aber wenig Erfolg.

    Der Widerstand gegen die Gebietsreform konzentrierte sich auf Gerolzhofen selbst und das unmittelbare Umland. Der Grund: Der Landkreis war nie ein homogenes Gebilde, sondern hatte starke zentrifugale Kräfte in den Räumen Volkach und Wiesentheid. Das, aber auch flächendeckende Aktionen zum Erhalt des Landkreises werden Inhalt der nächsten Folge sein.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden