Das Internet der Dinge, die zunehmende Vernetzung von immer mehr Bereichen, ist eines der meist diskutierten Themen der Zeit. In der Wirtschaft schlägt sich das im Bereich „Industrie 4.0“, der neuen technologischen Revolution, nieder, die gerade an einem Standort wie Schweinfurt nicht ohne Folgen bleiben wird. Bayernweit werden dabei laut einer Studie 420 000 Arbeitsplätze wegfallen, jedoch auch 360 000 neu geschaffen.
Auf Antrag der Stadträte Frank Firsching (Linke) und Georg Wiederer (FDP) hat es jetzt eine Sondersitzung des Stadtrates gegeben, die im ZF Forum stattfand, „weil es eminent wichtig ist, zu wissen, was hinter den Fabriktoren passiert“, wie es Oberbürgermeister Sebastian Remelé formulierte. Er weiß, dass die Digitalisierung längst stattfindet und die hiesige Industrie, „eine der Herzkammern Schweinfurts“, mitten drinsteckt. Für ihn liegt darin durchaus auch eine Chance.
Rundgang entfällt
In diesem Zusammenhang wäre es dann sicher nicht verkehrt gewesen, diesen Wandel, wie ursprünglich geplant, auch dort zu verfolgen, wo er bereits umgesetzt wird. Und da hätte es viel zu zeigen gegeben, wie Insider am Rande der Veranstaltung betonten. Aus Zeitgründen wurde der Rundgang durch die Produktion verschoben und so waren es Standortleiter Hans-Jürgen Schneider und der Technische Leiter Mario Lory, die das Thema in Vorträgen vorstellten.
Für ZF sei der Wandel permanent, vom Fahrrad über die Motoren bis zum Elektroantrieb heute, sagte Schneider. Dieser Wandel begleite das Unternehmen mit zunehmender Veränderungsgeschwindigkeit. „Die Entwicklung geht weiter, da werden wie nicht gefragt.“ Es sei eine große Herausforderung, den Standort gerade in unserem Hochlohnland zu sichern, Kostennachteile durch die Optimierung der Prozesse auszugleichen. So habe das Unternehmen heute schon mehr indirekte als direkte Mitarbeiter, also mehr Kräfte in der Entwicklung und Verwaltung im weitesten Sinne als in der Produktion.
Lebensqualität steigern
Roboter und Mensch arbeiten Hand in Hand. Das führt laut Lory zwar zu einer größeren Belastung der Mitarbeiter, die durch gute Qualifikation jedoch ausgeglichen werden könne. Unter dem Strich sieht er für die Mitarbeiter sogar eine gesteigerte Lebensqualität. Die Chancen seien höher als die Risiken.
Von der Stadt erwarten die beiden ZF-Manager Hilfe bei der Qualifizierung und Weiterbildung und eine Infrastruktur, die gut ausgebildete Leute anreizt, auch hier zu bleiben. Kein Verständnis haben sie dafür, dass rund 140 Auszubildende zum Mechatroniker nicht hier, sondern in Bad Neustadt zur Berufsschule gehen. Gleichzeitig mahnten sie ein innovationsfreudigeres Klima an. Bei „Jugend forscht“ beispielsweise räume seit Jahren der Untermain die Preise ab.
Eine stärkere Einbeziehung in die Standortpolitik der Stadt wünscht sich die IG Metall, betonte ihr Vertreter Thomas Habenicht. Die Gewerkschaft beteilige sich an der „Plattform Industrie 4.0“ und sehe ihren Schwerpunkt beim Thema Fortbildung. „Gesund, qualifiziert und selbstbestimmt“, sieht er die Arbeitsplätze der Zukunft.
Das Thema „Digitale Produktion“ spielt an der Fachhochschule eine wichtige Rolle, erläuterte deren Vizepräsident Jürgen Hartmann. Sechs Forschungsprofessoren arbeiten bei reduzierter Lehrtätigkeit in diesem Bereich. Dabei spielen das Verhältnis Mensch-Maschine, die Einbeziehung unterschiedlicher Altersgruppen, aber auch die Inklusion Benachteiligter eine wichtige Rolle.
Bau einer „I-Factory“
Mit dem Bau einer eigenen „I-Factory“ will die Stadt auf den Wandel reagieren. Dort sollen Wissenschaft und Wirtschaft in einem Netzwerk näher zueinandergeführt werden, um gemeinsam Lösungen auf die neuen Herausforderungen zu finden. In einem ersten Schritt werden rund zehn „Stakeholder“, unterschiedliche Beteiligte, zusammengeführt. Dazu gehören neben der Stadt, die drei Großunternehmen, Mittelständler, das GRIBS oder die IHK. Ein Planungsauftrag dazu geht an das Frauenhofer Institut IPA Stuttgart.
Antrag der SPD
Schon bei den Haushaltsberatungen im Herbst hatte die SPD-Fraktion in zehn Punkten Mobilitätskonzepte mit den Schwerpunkten Elektromobilität, nachhaltige Energieversorgung und Kommune als digitale Plattform gefordert. Dabei ging es unter anderem um die Einrichtung einer elektrisch betriebenen Buslinie, 150 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge oder die Ausstattung der Verwaltung mit E-Fahrzeugen. In einer umfangreichen Stellungnahme hatte Ordnungsreferent Jan von Lackum für eine Ablehnung plädiert, da ein Großteil der Forderungen derzeit nicht aktuell beziehungsweise sinnvoll realisierbar seien. Auf Anregung von Thomas End (SPD) und OB Remelé wurde der Antrag als Diskussionsmaterial an die Ausschüsse verwiesen.