Schweinfurt Seit Juli hat die Stadt eine neue Gleichstellungsbeauftragte. Heide Wunder ist gebürtige Schweinfurterin, verheiratet, hat einen vierjährigen Sohn. Die Diplom-Pädagogin war vorher zwei Jahre in der Stabsstelle für Beschäftigung und Grundsicherung. Die 40-Jährige hat die Stelle von Maria Albert-Wirsching übernommen, die jetzt das Jugendamt leitet. „Und große Fußstapfen hinterlässt“, wie Heide Wunder am Ende des Gesprächs betont. Sie will mit einigen neuen Akzenten eigene Spuren setzen.
frage: Was sagen Sie, wenn man Sie als Frauenbeauftragte anspricht, wie es früher hieß?
Heide Wunder: Ich bin keine Frauen- sondern die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schweinfurt und sowohl für Frauen als auch Männer zuständig, auch wenn sich meistens Frauen an mich wenden.
Was können Sie für Frauen und Männer tun?
Wunder: Meine Hauptaufgabe ist, die vorhandene Diskriminierung von Frauen abzubauen und das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Gebiet der Stadt Schweinfurt zu fördern. Außerdem bin ich Ansprechpartnerin für Bürgerinnen und Bürger, die ein Problem haben. Meist sind es allerdings Frauen, die wissen wollen, an wen sie sich wenden können. Sei es, weil sie Gewalt in ihrer Partnerschaft erfahren, in finanziellen Nöten stecken, oder ähnliches.
Was ist mit dem klassischen Fall, dass eine Frau weniger verdient als ein Mann mit gleicher Qualifikation?
Wunder: Den Fall hatte ich bisher noch nicht, aber es gibt diese Fälle zuhauf. Laut Statistik verdienen 23 Prozent aller Frauen auch heute noch weniger als Männer mit vergleichbarer Qualifikation.
Verspüren Sie nicht manchmal Wut darüber, dass es immer noch nötig ist, für die Gleichstellung von Mann und Frau einzutreten?
wunder: Wut nicht. Aber eines ist klar: Die Stelle hier ist wichtig und wird nach wie vor gebraucht. Vieles ist noch nicht so selbstverständlich, wie es sein sollte. Es ist ein gesellschaftliches Problem, dass sich immer noch viele Frauen vorwiegend für die Familie zuständig fühlen und ihre Berufstätigkeit zurückstellen.
Da ist es wohl sinnvoll, schon junge Frauen und Mädchen zu erreichen. Wie können Sie die bei der Berufswahl unterstützen?
Wunder: Ich möchte hier den Girls' Day nennen, der bundesweit läuft und an dem sich auch die Stadt Schweinfurt beteiligt und die naturwissenschaftlich/technischen Schnuppertage für Mädchen mit Köpfen, die in den Herbstferien vom 29. bis 31. Oktober stattfinden – in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule und der Schaeffler KG. Hier werden Mädchen motiviert, etwas Neues auszuprobieren und in Berufsfelder zu schnuppern, auf die sie vielleicht alleine nicht kommen würden. Das ist notwendig, wie unsere Erfahrungen zeigen, weil sich viele Mädchen nach wie vor für die klassischen Frauenberufe interessieren. Und auch vielfach nicht in einen Bereich streben, in dem sie Karriere machen können.
Noch drastischer ist es beispielsweise bei den Türken, die oft keine türkischen Frauen heiraten, die in Deutschland aufgewachsen sind, sondern Bräute aus der Heimat, die hier völlig fremd sind und kein Deutsch können. Können Sie diese Frauen irgendwie erreichen?
wunder: Wichtig ist für alle ausländischen Frauen, die hier leben wollen, dass sie deutsch sprechen lernen. Ich habe das bei meiner Arbeit in der Stabsstelle oft miterlebt, dass Frauen sagen: „Mein Mann arbeitet, mir reicht es, zu Hause zu bleiben und beim Türken um die Ecke einzukaufen.“ Das ist eine große Crux, die sich Frauen selbst auferlegen. Frauen sollten die Sprache so sprechen, dass sie sich hier gut integrieren können, nicht zuletzt der Kinder wegen.
Kommen Sie an diese Frauen heran oder läuft das eher über die Integrationsbeauftragte Funda Ersindigil?
Wunder: Vieles läuft über Frau Ersindigil, sie ist die klassische Ansprechperson, spricht ja auch türkisch. Ich werde aber Verbindung aufnehmen mit dem Interkulturellen Begegnungszentrum, um über meine Arbeit zu informieren und eine Zusammenarbeit anzubieten. Noch konnte ich mich nicht überall vorstellen. Da bin ich noch dabei.
Gibt es Schwerpunkte, die Sie künftig setzen wollen?
wunder: Ich plane derzeit die Frauenwochen 2008 und möchte eine neue Reihe starten unter dem Thema „Interessante Frauen erzählen aus ihrem Leben“. Fürs nächste Jahr habe ich eine sehr interessante Frau aus Bonn ausgewählt. Außerdem möchte ich die Arbeit im Frauenplenum forcieren. Das Frauenplenum trifft sich vier- bis fünfmal im Jahr. Es ist ein offenes Forum mit Frauen aus den unterschiedlichsten Gremien, das frauenspezifische Zielsetzungen verfolgt. Der dritte Akzent sind meine Buchempfehlungen. Ich lese sehr gerne und stelle künftig im Schaufenster unseres Büros immer ein interessantes Buch vor. Derzeit das Sachbuch von Claudia Luz „Die Hälfte der Familie für die Männer, die Hälfte der Berufswelt für die Frauen“.
Das Büro der Gleichstellungsbeauftragten (Rathaus-Arkaden) ist montags, dienstags und mittwochs von 8 bis 12 Uhr, donnerstags von 8.30 bis 16.30 Uhr besetzt, TEL (09 72 1) 51 613.