Was schert mich die Vergangenheit, sagt die Jugend. Was zählt, das ist nur das Hier und Heute. Erst im gesetzteren Alter – man ist so um die 30, im festgezurrten beruflichen Alltag eingebunden, man hat geheiratet und eine Familie gegründet – verstärkt sich ganz allmählich die Neigung, in Jugenderinnerungen zu schwelgen. Man denkt zurück an Zeiten, als man noch vermeintlich frei und ungebunden war. Als man sich eine durchgemachte Nacht einfach so aus den Kleidern schüttelte, ohne – wie heute – zwei Tage lang mit Kopfschmerztabletten gegensteuern zu müssen.
„Du bist ein echter Gerolzhöfer, wenn...“ heißt eine neue Gruppe im sozialen Netzwerk Facebook, in der gebürtige und zugezogene Gerolzhöfer ihre Erinnerungen an längst vergangene Zeiten austauschen. Selbst in die USA und andere Ecken des Planeten versprengte Gerolzhöferinnen und Gerolzhöfer beteiligen sich rege am Austausch. Das Internet macht hier seinem Namen als World-wide-web alle Ehre.
Gegründet hat die Gruppe der Redaktionsleiter der Main-Post in Gerolzhofen, Klaus Vogt. Er ist auch der Administrator dieser „abgeschlossenen Gruppe“. Abgeschlossen bedeutet, dass man sich erst anmelden muss, um in die Gruppe aufgenommen zu werden. Dies hat den Vorteil, dass Internetbenutzer, die andere beispielsweise mit unerwünschter Werbung („Spam“) bombardieren, von vorneherein ausgeschlossen sind, beziehungsweise dass diejenigen, die sich nicht an die Anstandsregeln halten, ganz schnell wieder aus der Gruppe fliegen können. Über 250 Mitglieder zählt inzwischen die Gruppe der GEO-Fans – und täglich werden es mehr.
Die Vielfalt der besprochenen Themen ist groß, täglich kommen neue Erinnerungen hinzu, die von anderen Kommentatoren gerne aufgegriffen und weitergesponnen werden. Passend zu den Themen steuert Klaus Vogt aus dem Fotoarchiv der Main-Post und aus dem Stadtarchiv – soweit möglich – historische Bilder bei. Auch andere User haben begonnen, Schnappschüsse aus der Stadt hochzuladen.
Zumeist dreht es sich um Themen, die noch in keiner Chronik verzeichnet sind, weil sie sich erst vor ein, zwei, drei Jahrzehnten zugetragen haben. Oder weil es sich um liebenswürdige Anekdoten abseits des Mainstreams handelt, die durch das Raster fallen und für zu leicht befunden werden, wenn es darum geht, festzulegen, was der Nachwelt überliefert werden soll.
Erinnern Sie sich zum Beispiel noch an die Minigolfanlage auf der Südseite des Wohnstifts Steigerwald? Die Anlage musste spätestens dann weichen, als der Erweiterungsbau entstand. Dort war in einem Gehege ein dreibeiniges Reh eingesperrt, das als Kitz offenbar in einen Kreiselmäher geraten war. „Susi“ soll das Tier geheißen haben – behaupten zumindest die Gerolzhofen-Fans in Facebook. Und ab und zu habe auch mal ein liebestoller Rehbock aus den weiten Fluren des Arlesgarten einen Abstecher zum Gehege am Wohnstift unternommen...
Lebhaft in Erinnerung geblieben ist auch Mauro, der liebenswürdige Italiener aus der Pizzeria im Kaiserhof. Seine Jongliererei mit dem vollen Tablett ist Kult – und die gelegentlichen Unfälle, wenn ein volles Weizenbierglas am Boden zerschellte. Regelrechte Jugendtreffs bei zivilen Preisen waren – ebenfalls in der Spitalstraße – die „Traube“ mit der Wirtin Ute und der „Kachelofen“ samt seinem Biergarten über den Arkaden mit Wirt Stefan Hauck.
Und es werden auch die skurrilen Geschichten ausgegraben. Beispielsweise vom „Rizzibibbi“, einem Artisten und Altmaterial-Sammler, der wohl Artur Dietrich Morelli hieß und in den Baracken hinter der Go-Kart-Bahn wohnte. Beim Weinfest und beim Schützenfest stieg er regelmäßig auf einen Tisch, steckte sich lange Zimmermannsnägel in die Nase und zwängte seinen schmächtigen Körper durch einen kleinen Ring. Dann sammelte er Geld ein.
Die in der Facebook-Gruppe zusammengetragenen Erinnerungen werden künftig auch in der Main-Post in loser Folge veröffentlicht.