Die Leerstandsquote in der Stadt gefällt keinem. Für Oberbürgermeister Sebastian Remelé war sie bisher – verglichen mit anderen Städten – nie „exorbitant hoch“. Besorgniserregend sei allerdings gewesen, als im Herbst auch 1 A-Lagen wie Spitalstraße und Keßlergasse betroffen waren. Dieses „neue Phänomen“ (Remelé) sorgte für eine Wiederbelebung des Arbeitskreises Innenstadt, dem Vertreter von Stadt, Eigentümer, Einzelhändler und Akteure der Werbegemeinschaft „Schweinfurt erleben“ angehören.
Die bei seitdem drei Klausuren erarbeiteten Ergebnisse präsentierte am Dienstag im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates „Schweinfurt erleben“-Vorsitzender Werner Christoffel. Die zehn (ersten) Projekte haben das Ziel, für mehr Attraktivität zu sorgen, die Aufenthaltsqualität zu steigern und damit die Zahl der Passanten und Besucher in der Kernstadt zu erhöhen. Im September sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden, sprich Beschlüsse im Stadtrat folgen. Deshalb gab es aktuell auch keine Angaben zu den Kosten.
1. City-Oscar: Jedes Jahr soll ein Preis für die schönste Gebäudeansicht vergeben werden, wobei auch die Dekoration eine Rolle spielt. Wer nur einen Plakatständer vor seine Ladentüre stellt, kriegt den City-Oscar sicher nicht.
2. Poller: An die schon großzügigen Lieferzeiten halten sich viele Anlieferer nicht mit der Folge, dass Lkw die Fußgängerzone auch zu Zeiten befahren, in denen sie dort nichts verloren haben. Testweise sollen versenkbare Poller das Einfahren außerhalb der Lieferzeiten in die Spital- und Lange Zehntstraße verhindern. Andere Städte wie Bamberg hätten damit gute Erfolge.
3. Ausbau W-LAN: Freie Hotspots sind eine Plattform, in der kostenfrei angebotene Wireless LAN-Verbindungen angeboten werden. Anlässlich der Landesausstellung Main und Meer wird das derzeit angeboten. W-LAN soll es aber immer geben. Laut Christoffel gibt es derzeit 274 Nutzer, Tendenz steigend.
4. Ausbau QR-Codes: Schweinfurt hat solche Codes an vielen Denkmälern schon angebracht. Der Besucher kann sie mit seinem Handy anklicken und erhält dann via Internetseite der Stadt die Informationen beispielsweise übers Rückert-Geburtshaus am Markt „geliefert“. Christoffel regt einen Ausbau an.
Markt-Konzerte am Sonntag?
5. Veranstaltungen: An den Sonntagen ist der Marktplatz oft menschenleer mit der Folge, dass einige Gastronomen nicht öffnen. Mit Veranstaltungen auch kleinerer Art soll dieser „Teufelskreis“ aufgebrochen werden. Christoffel regt weiter an, die Mainbühne zur festen Einrichtung zu machen und eine Veranstaltungs-App einzurichten, auf der alle Veranstaltungen eines Tages in Schweinfurt übersichtlich aufgeführt sind. Ziel: Leben in die Stadt bringen.
6. Zertifikat: Es bekommt der Einzelhändler, der besondere Leistungen erbringt, etwa bei der Öffnungszeit, beim Service oder der Dienstleistung.
7. Kommunikation: Diesen Punkt nannte Christoffel „den wichtigsten“. Die Palette der Möglichkeiten ist breit und geht vom Newsletter bis hin zur gezielten Werbung auch im weiteren Einzugsgebiet, um Kunden zu locken. Das Schöne auch breit gestreut „sichtbar machen“, sagte Christoffel.
8. City-Gribs: Gemeinsam mit der IHK oder anderen Einrichtungen soll mitten in der Stadt ein Gründer-, Innovations- und Beratungszentrum installiert werden.
9. Parken: An Parkplätzen sei die Stadt „sehr gut“ ausgestattet. Aber. Es mangelt an der Einheitlichkeit und technischen Ausstattung. Es gibt moderne, aber auch uralte Kassenautomaten. Die vom Einzelhandel ausgegebenen Parktickets funktionieren in der neuen Tiefgarage Kunsthalle nicht, ein Unding. Das Parkleitsystem ist nicht einheitlich. Digitalisiert müssten die freien Plätze angezeigt werden, was zusätzlich über eine App denkbar wäre.
10. Man-Power: Weil alle aktuellen und weiteren Vorschläge ehrenamtlich nicht umzusetzen sind, forderte Christoffel trotz zweier gescheiterter Versuche einen City-Manager.
Die Stadträte sprachen zusammengefasst von respektablen Ideen. Auf Fragen teilte Christoffel mit, dass sich Eigentümer bei den Mieten „bewegt haben“, dass man mit Filialisten im Gespräch sei und die Stadtgalerie im wiederbelebten Arbeitskreis mitwirke.
Auch Wohnen bringt Frequenz
Kritik setzte es in der Diskussion am nach wie vor fehlenden Bewusstsein einzelner Vermieter und Ladeninhaber, die City als „Gegengewicht zur Stadtgalerie“ stark zu machen. Genannt wurde mehrfach hier die frühere Markthalle, die Frequenzbringer war. Das Beispiel zeige aber auch, dass Stadt und Politik „die Hände gebunden sind“, sagte etwa CSU-Fraktionschef Stefan Funk.
OB Remelé erinnerte einmal mehr an die in etlichen Geschäftshäusern leerstehenden Obergeschosse. Dort könnten Wohnungen geschaffen werden, was auch Leben in die Stadt bringe. Und: „Auch die Kunden müssen ihren Beitrag leisten“, merkte der OB an. Ein Händler habe ihm berichtet, dass sich viele Kunden von ihm beraten ließen, dann aber Online bestellten.
Wirtschaftsförderer Hans Schnabel war die Diskussion zu düster. Laut Zentralitäts-Ziffer (sie beschreibt die Attraktivität eines Standortes als Einkaufsort) liege Schweinfurt in Bayern hinter Passau auf Platz zwei. Das Totenglöckchen läute also nicht, ein weiteres Stadtverderben gebe es auch nicht, die Ideen brächten Schweinfurt nur weiter voran.