Zielsetzung war es, verlassene und verwahrloste Mädchen pädagogisch zu betreuen, ihnen Erziehung und Bildung zu ermöglichen, in der Hoffnung, der aus mangelnder Versorgung entstehenden "sittlichen Verwahrlosung und Verelendung breiter Volksschichten" entgegenzuwirken - so ist es in der Dorfchronik von Dr. Ludwig Weth nachzulesen. Die Schulschwestern wurden neben ihren Aufgaben im Haus "Marienpflege" und der "Kleinkinderbewahranstalt" als ausgebildete Lehrer- und Erzieherinnen in der Schule und im Kindergarten beschäftigt.
Als 1970 das Jugendhilfezentrum Maria Schutz unter Trägerschaft des Caritasverbandes Stadt und Landkreis Schweinfurt eröffnet wurde, setzte man die Schulschwestern dort zur heimpädagogischen Betreuung der gemischten Gruppen ein. Drei der damaligen Schwestern - Linolda, Lucia und Maristella - sind heute noch in der Einrichtung aktiv. Die ersteren beiden leiten je eine Gruppe, die ehemalige Oberin und pensionierte Heimleiterin Linolda, die für ihr Engagement 1983 das Bundesverdienstkreuz erhielt, kümmert sich um anfallende Flick- und Näharbeiten. Zusätzlich verstärkt Schwester Irmenfrieda seit 1997 als "Mädchen für alles" und einzige Fränkin das urbayrische Team.
Interessant ist die Geschichte der vier Schulschwestern, die "ihr Leben den Kindern widmen wollten, die es nicht ganz so einfach haben". Ihren Lebensweg bezeichnen sie als Fügung. Schwester Maristella wurde inspiriert durch die Erzählungen einer afrikanischen Häuptlingstochter, die als Missionsschwester bei den Dominikanern tätig war. Die Schwestern Lucia, Linolda und Irmenfrieda bekamen durch Verwandte oder Ordenschwestern schon in ihrer Schulzeit Einblick ins klösterlichen Leben.
Doch war die Entscheidung fürs Kloster bei allen eine freie Entscheidung. Der Weg zur "ewigen Profess", der zeitlich unbegrenzten Bindung, ist lang und vollzieht sich in behutsamen Schritten. Von der Kandidatur über Postulat, Noviziat bis hin zur Erstprofess und der Gelübdeerneuerung gibt es jederzeit die Möglichkeit, den Orden zu verlassen. Während sich in ihrem Jahrgang 1938/39 laut Schwester Linolda über 90 Frauen der Ordensgemeinschaft anschließen wollten, sind es heute durchschnittlich vier Kandidatinnen. Als Ursache sehen die Schwestern die "Angst vor Bindung, vor der Übernahme von Verantwortung", die allgemeine soziale Einstellung. Der Trend zu kurzlebigen Beziehungen macht auch vor dem Klosterleben nicht Halt.
Ähnlicher Weg
Recht ähnlich ist der Weg der vier Schulschwestern. Während Lucia, Maristella und Linolda nach der Mittelschule (heutige Realschule) und dem Eintritt in den Orden in München den Beruf der Erzieherin lernten, ist Schwester Irmenfrieda Schneidermeisterin und Handarbeitslehrerin und wurde verstärkt als Fachlehrerin eingesetzt. Da der Orden viel Wert auf qualifizierte Fachkräfte legt, haben alle Schwestern zusätzliche Ausbildungen. Schwester Lucia im heil-, die anderen drei im heimpädagogischen Bereich.
Wenn auch das Leben in den verschiedensten Einrichtungen, in die man vom Mutterhaus in München aus geschickt wurde, nicht immer einfach war, sind alle mit ihrem eingeschlagenen Lebensweg zufrieden und bei der Arbeit immer noch - wie Schwester Maristella so treffend formuliert - "mit Freude und Gottes Hilfe" dabei. Ihr Leben hat sich, sagt Schwester Lucia, "aus vielen Mosaiksteinen" so zusammengefügt, wie es vorherbestimmt war. Der Glaube ist die Quelle der Kraft.
Die zusammen gewürfelte Gemeinschaft der Schulschwestern lebt durch eine ganz besondere Beziehung, aus der jede von ihnen Kraft schöpft; im Bewusstsein, dass man "einander gut" ist und den Kindern ein Vorbild als familiäre, respektvolle und stabile Gemeinschaft bietet. Im fränkischen Grafenrheinfeld sind sie heimisch geworden, beteiligen sich am dörflichen Leben und sind mit ihrer herzensguten Art überall beliebt. Auch wenn sie, wie die Schwestern aus dem tiefen Bayern schmunzelnd verraten, vor vielen Jahren erstmal kräftig geschluckt haben, als es sie jenseits der "Weißwurstgrenze" verschlagen hat.
Mit einem Rathausempfang der Gemeinde, einem Festakt des Caritasverbandes im Jugendhilfezentrum Maria Schutz am Samstag sowie einem Festgottesdienst, Festumzug und dem Parkfest am Sonntag wird das Jubiläum gefeiert.
Nähere Informationen über die
Arbeit der Armen Schulschwestern
unter www.schulschwestern.de.