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Ein Leben zwischen zwei Welten

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Ein Leben zwischen zwei Welten

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    Da ist der 39-jährige Mahmut Gürpinar. Er besitzt seit etwa viereinhalb Jahren den Dönerladen "Haci Baba" in der Kesslergasse. Gürpinar kam vor zwölf Jahren nach Deutschland, weil seine Frau gerne hier leben wollte. Eigentlich ist er gelernter Bautechniker, später arbeitete er als Florist. Um jedoch auch in Deutschland weiter in diesem Beruf arbeiten zu können, hätte er eine deutsche Schule besuchen müssen. Doch er musste seine Familie ernähren - und eröffnete einen Dönerladen.

    Das Kapital dafür hatte er sich in der Türkei erarbeitet, zum Teil wurde er von seinem Schwiegervater unterstützt. Damals war ein Dönerladen noch eine gute Idee, inzwischen aber gebe es derart viele, dass sich die Türken damit "gegenseitig die Preise kaputt machen". Mit Döner für einen Euro sei kein Geld zu verdienen, klagt Gürpinar. Würde nicht an jeder Ecke ein neuer Döner-Imbiss eröffnen, könne er in seinem Laden jemanden einstellen. So aber müsse er allein arbeiten. Seine Familie sehe er kaum noch und stehe jeden Tag von 10 bis 20 Uhr im Laden.

    Richtig wohl fühlt sich Mahmut Gürpinar in Deutschland nicht. Der Großteil seiner Familie lebt noch in der Türkei. Er fühlt sich wie viele seiner in Deutschland lebenden Landsleute zwischen zwei Welten.

    Ein anderes Beispiel: Dilek Carus, 22 Jahre jung. Sie wurde in Schweinfurt geboren. Im Dezember 2004 übernahm sie den seit 1991 bestehenden Lebensmittelladen "Pascha-Feinkost" in der Zehntstraße. Schon Carus' Großvater lebte in Deutschland, als ihre Eltern beschlossen hierher zu ziehen. Dilek Carus ist gelernte Arzthelferin, hat in diesem Beruf aber keine Arbeit gefunden.

    Dilek Carus übernahm den Laden von einem Freund der Familie und mit ihm auch die überwiegend deutsche Kundschaft. Sie hat einen deutschen Pass, fühlt sich hier glücklich und zu Hause und hat viele deutsche Freunde. Manch einer sei auch schon mal etwas neidisch, dass sie als junge Frau schon einen eigenen Laden besitzt und betreibt.

    Beispiel Nummer 3: Suroor Yousif Shakor. Seit einem Jahr führt er in der Rückertstraße den "Star Friseur". Dort kann man sich Haare aus den Ohren brennen und die Augenbrauen mit Fäden zupfen lassen - wie im Urlaub in der Türkei. Suroor Yousif Shakor kam 25-jährig nach Deutschland. Sein Vater ist Iraker, seine Mutter Türkin. Er lebte in Istanbul und in Bagdad, hatte die Möglichkeit zu Verwandten nach Amerika zu gehen, doch er entschied sich für Deutschland.

    "Mir gefällt es hier", sagt Shakor. Zuerst eröffnete Shakor einen Friseursalon in Düsseldorf, Deutsch lernte er im Umgang mit den Kunden. Als er hörte, dass es in Schweinfurt noch keinen nach seinem Konzept geführten Laden gab, schaute er sich die Stadt an, sie gefiel ihm und er eröffnete einen Salon. Mittlerweile hat er sieben Angestellte, die genauso multikulturell sind wie Shakor: türkisch, amerikanisch, russisch, deutsch.

    Die Kundschaft besteht zu 80 Prozent aus Deutschen. Seinen Erfolg erklärt sich der Jungunternehmer in dem zur Straße hin offenen Aufbau seines Ladens und der anderen Technik. Schnitt und Farben seien anders als bei deutschen Friseuren. Seine Barbierkunst kommt hinzu: "Manche Leute kommen extra nur um sich den Bart machen zu lassen."

    Was halten sie von der heftig diskutierten Aufnahme der Türkei in die Europäische Union? Dilek Carus und Mahmut Gürpinar sehen darin Vor- wie Nachteile. Zum einen täte es der Türkei gut, noch mehr vom demokratischen, modernen Geist Europas mitzubekommen. Vorteilhaft wäre ein Beitritt auch für den Handel zwischen beiden Staaten. Carus und Gürpinar befürchten aber, dass dann viele Türken ihre Heimat verlassen, um in Deutschland oder anderen europäischen Ländern ihr Glück zu versuchen. Shakor ist der Beitritt eher unwichtig. Für ihn zählt allein, dass die Wirtschaft floriert.

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