Zum 30. Mal jährt sich am 12. Dezember der erste und bislang einzige Mord in der Gerolzhöfer Nachkriegsgeschichte. Opfer an jenem Montag im Jahr 1983 kurz vor Weihnachten war der 83-jährige Anton Tippelt. Er musste wegen ganzer 30 Mark sterben. Der Mord schockt und lähmt die Stadt.
Eine Gerolzhöfer Ärztin, für die der rüstige Rentner regelmäßig Botengänge erledigte, hatte sich Sorgen gemacht, da sich der Mann nicht, wie verabredet, bei ihr meldete. Als sich die Polizeibeamten mit ihr am Dienstag, 13. Dezember 1983, Zugang zu seiner Dachwohnung im Anwesen Weiße-Turm-Straße 7 verschaffen, finden sie Anton Tippelt erstochen im Wohnzimmer liegen.
Noch am Tag vor seinem gewaltsamen Tod hatte der Rentner am Sonntag die Weihnachtsfeier des Arbeiterunterstützungsvereins (AUV) in dem nur wenige Meter von seiner Wohnung entfernt liegenden Gasthaus Tröster am Weißen Turm (jetzt Pizzeria „La Torre Bianca“) besucht.
Die Urteile
Der damals 22-jährige Täter wird im Juli 1984 von der Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt wegen Mordes in Tateinheit mit einem Verbrechen des Raubes rechtskräftig zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Ein 19-jähriger Mitangeklagter, der ebenfalls aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, erhält acht Jahre Jugendstrafe.
In der Urteilsbegründung ist von einem Mord zur Verdeckung einer Straftat die Rede. Für den Raub des Geldes – man fand nur drei Zehnmarkscheine in Tippelts Portemonnaie – sei der Gebrauch der Mordwaffen, zweier Küchenmesser, nicht erforderlich gewesen, da dem Opfer durch Faustschläge und Fußtritte vorher derart zugesetzt worden war, dass es bereits regungslos auf dem Rücken am Boden lag, wird erklärt. Den Tätern, so das Gericht, sei es vielmehr darum gegangen, den einzigen Zeugen der Tat zu beseitigen.
Die Strafkammer sieht es trotz widersprüchlicher Aussagen als erwiesen an, dass der 22-Jährige den tödlichen, vierten Stich ausgeführt hatte, an dem der bereits schwer verletzte alte Mann endgültig gestorben war.
Täter kehrt an Tatort zurück
Der Hauptangeklagte war später noch einmal gewaltsam in die Wohnung eingedrungen, um, ausgerüstet mit Gummihandschuhen, die hinterlassenen Spuren zu beseitigen. Das Messer, an dem sich seine Fingerabdrücke befanden, steckte allerdings so tief im Hals des Rentners, dass der Versuch scheiterte, es herauszuziehen.
Sofort, nachdem Anton Tippelt die Tür einen Spalt weit geöffnet hatte, sei der 19-Jährige massiv gegen ihn vorgegangen, so das Gericht. Der 22-Jährige habe derweil das Flurlicht ausgeschaltet, die Tür von innen abgeschlossen und damit begonnen, die Wohnung nach Beute zu durchsuchen.
Der Jüngere von beiden hatte den betagten Mann mit Fußtritten und Faustschlägen derart traktiert, dass er schließlich stöhnend und völlig handlungsunfähig auf dem Rücken am Boden lag.
Als beide wieder die Wohnung verlassen wollten, soll der Jüngere seinen Kompagnon darauf hingewiesen haben, dass sie das Opfer erkannt haben und Anzeige erstatten könnte. „Wir müssen den Opa kaltmachen“, soll der Ältere von beiden daraufhin gefordert haben.
Der 22-Jährige habe hierzu das Opfer auf den Boden gedrückt und festgehalten, während der 19-Jährige versuchte, den Mann mit einem herumliegenden Küchenmesser umzubringen, wobei allerdings das Messer abgebrochen war. Mit einem zweiten Messer versetzte der 19-Jährige dann dem Opfer drei Stiche in den Hals. Das Gericht war zu der Überzeugung gekommen, dass es jedoch sein älterer Komplize war, der den vierten und entscheidenden Stich ausführte.
Das Mordopfer stammte aus dem Sudetenland. Anton Tippelt war nach der Vertreibung 1956 mit seiner Frau Auguste von Untersambach nach Gerolzhofen in die Centstraße gezogen. Nachdem seine Frau 1965 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, lebte er allein in der Wohnung. 1975 zog der Rentner in den ersten Stock des Anwesens Schärf in der Entengasse.
Nur wenige Monate vor seinem Tod hatte er erst schwere Verbrennungen an Gesicht, Hals und Händen überlebt, als dort am 4. Mai 1983 in seiner Küche eine Propangasflasche explodierte. Durch die Wucht der Explosion stürzte die Ostseite des Gebäudes teilweise ein. Das unbewohnbar gewordene Haus wurde später im Rahmen der Altstadtsanierung abgebrochen.
Nach seiner Genesung und Entlassung aus dem Krankenhaus war Anton Tippelt schließlich auf der Suche nach einer neuen Wohnung in die Weiße-Turm-Straße gezogen, wo der als bescheiden, freundlich und hilfsbereit geltende Mitbürger am Montag, 12. Dezember 1983, umgebracht worden war.
Zuletzt hatte im vergangenen Jahrhundert der Mord an dem aus Bischwind stammenden Dienstmädchen Wilhelmina Schleiss das beschauliche Leben in der Kleinstadt Gerolzhofen erschüttert. Dieses Verbrechen lag allerdings schon fast 60 Jahre zurück.
Täter von 1925 wurde hingerichtet
In der Nacht zum 23. Februar 1925 hatte ein 20-Jähriger aus Gerolzhofen die 21-Jährige, die ein Kind von ihm erwartete, an der Volkachbrücke in der heutigen Kolpingstraße aufgelauert und nachdem der Versuch gescheitert war, sie zu erschießen, mit einem der dort herumliegenden, schweren Schleifsteine erschlagen. Der junge Mann war am 9. Mai 1925 vom Schwurgericht in Schweinfurt zum Tode verurteilt und schließlich am 4. September des gleichen Jahres hingerichtet worden.