Am 1. Juli 1988 ist der heutige Georg-Wichtermann-Platz, damals noch Postplatz, mit einem großen Fest eingeweiht worden. Geplant haben ihn die renommierten Architekten Karl Kagerer und Kurt Ackermann. Zwei Jahre hatten der Bau der Tiefgarage und die Umgestaltung gedauert. Den Grundstein dafür legte viele Jahre davor ein junger Sozi. Im März 1973 präsentierte ein gewisser Peter Hofmann namens der Jusos einen Plan mit den Jahre später realisierten Vorschlägen: Die noch überschaubare Fußgängerzone ausbauen, Autos weg vom Postplatz, dafür einen Ort der Begegnung, Kommunikation und Erholung schaffen.
Von „Neuer Markt“ über „An der Fleischbank“ und „Postplatz“ zum „Georg-Wichtermann-Platz“
Nach dem Stadtverderben 1553/54 wurden die Brot- und Fleischstände der Innungen vom Marktplatz umgesiedelt. Der Platz bekam zeitweilig den Namen „Neuer Markt“. Die Bäcker lösten ihre Verkaufsstände bald auf, die Metzger aber errichteten 1804 ein Gebäude als Fleischbank, was dem Platz den Namen „An der Fleischbank“ bescherte.
Nachdem eine Regierungskommission den Platz als Standort für eine „Postanstalt“ ausgesucht hatte, entstand dort 1893 das neue Postgebäude. Der Platz hieß fortan Postplatz. 1963 wurde die Post-Zentrale an der Zehntstraße gebaut, die alte Post 1966 abgebrochen. Der Platz wurde für viele Jahre zum Parkplatz für zirka 80 Blechkarossen.
Die Jungosozialisten opponierten gegen die Parkhaus-Pläne
Anfang der 1970er beschloss der Stadtrat dann den Bau eines Parkhauses. Hofmann, heute Stadtrat, damals neu in der SPD und frisch gebackener Juso-Vorsitzender, erinnert sich an den Aufschrei und die heißen Diskussionen in der damals starken Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten. Der SPD-Nachwuchs wollte das Projekt verhindern. Hofmann ließ einen Plan erstellen, wie der Platz als „Fußgängerplatz“ aussehen könnte, ohne Autos also.
„Es war ganz schön aufregend, den Schweinfurter Stadtgrößen OB Georg Wichtermann und Bürgermeister Kurt Petzold gegenüber zu sitzen,“ erinnert sich Hofmann. Zweiter Juso-Sprecher war damals übrigens Herbert Wiener, auch heute noch Stadtrat. Man sei damals „sehr freundlich und offen angehört worden“ beim ersten Versuch „politischer Überzeugungsarbeit“. Hofmann schmunzelt dabei und präsentiert die alten Pläne und Zeitungsausschnitte.
15 Jahre nach der Hofmann-Idee verschwanden die Autos dann doch
Angedacht war statt der Autos ein „Westentaschenpark mit 16 Bäumen, Wasserbecken, Sitzgelegenheiten, ein Mini-Theatron als Bühne für Musik- und/oder Theatergruppen und Terrassencafés. Aus heutige Sicht kann man sagen: Die Jusos hatten Weitblick und Mut, weil das Auto das Nonplusultra war.
Deshalb auch sei der Juso-Plan anfangs auf wenig Gegenliebe gestoßen. Argumentation war: die Schweinfurter wollen hier Parkplätze. Hofmann erinnert, dass er die Möglichkeit Tiefgarage ins Spiel brachte. Das sei aber als zu teuer eingestuft worden. Die Resonanz auf die Umgestaltungsideen sei bei Presse und Bevölkerung aber „äußerst positiv“ gewesen. In der Stadtratssitzung Mitte 1973 wurde dann der Beschluss, ein Parkhaus zu bauen, aufgehoben – mit nur einer Gegenstimme. „Mein erstes kommunalpolitisches Engagement war gleich erfolgreich“, blickt Hofman zurück.
Es sollten zwar noch weitere Auto-Jahre auf dem Postplatz ins Land gehen. Im April 1986 begann die Umgestaltung. 1998 war der Platz autofreie, wenngleich noch viel Unruhe folgen sollte. Die SPD hatte 2005 durchgesetzt, dass der Platz nach dem 1997 verstorbenen Georg Wichtermann benannt wird, der als Oberbürgermeister von 1956 bis 1974 sehr erfolgreich regiert hatte.
Viel Streit in den Jahren danach: Wegen des Namens und wegen der Gestaltung
Eine andere Jugendorganisation, die Jungen Union, wollte das 2005 verhindern. Federführende Akteure waren damals die Stadträte Rüdiger Köhler und Oliver Schulte. Wichtermann sei zweifellos eine wichtige Persönlichkeit, es trügen aber schon eine städtische Sporthalle und das Verwaltungsgebäude der heutigen SWG seinen Namen, weshalb eine Umbenennung des Platzes auch wegen der Kosten für damals ebenfalls protestierende Anlieger nicht nachvollziehbar sei, argumentierten sie. Es blieb aber beim Wichtermann-Platz.
Für Kopfschütteln sorgte später eine als Schildbürgerstreich bezeichnete Doppelbeschilderung: Ein Jahr hieß der Platz zum Gewöhnen und Ummelden Post- und Georg-Wichtermann-Platz. Es sollte nicht der letzte Sturm bleiben, der über den Platz fegte: Weil der Belag bei solchem angeblich zu viel Staub aufwirbelt, machte sich erneut Köhler die Forderung einiger Anlieger zu eigen, und forderte einen Pflasterbelag. Nach Protesten behielt der Platz aber auch sein mediterranes Flair. Die regelmäßige Bewässerung der Decke beendete diese Diskussion.
Fazit: Kommunalpoltiisches Engagement ermöglicht Mitgestalten
Peter Hofmann, ein klein bisschen der Urheber des Platzes, ist froh, dass es den „sehr frequentierten Platz“ in der jetzigen Form gibt. Sein Erfolg von 1973 habe ihn animiert, sich weiter zu engagieren. 1976 wurde er erstmals in den Stadtrat gewählt. Sein Fazit: „Jeder, der sich engagieren will, kann mitgestalten. Vielleicht macht das Mut, sich in das kommunalpolitische Geschehen einzubringen“, sagt Hofmann.